Entscheidungsstichwort (Thema)

Zurückweisung des PKH-Antrages wegen nicht vollständiger Unterlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Zurückweisung des PKH-Antrages wegen nicht vollständiger Unterlagen steht einer Wiederholung nicht entgegen.

 

Verfahrensgang

AG Darmstadt (Beschluss vom 03.05.2004; Aktenzeichen 56 F 253/04)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben. Die abschließende Entscheidung wird gem. § 572 Abs. 3 ZPO dem AG übertragen, das die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat.

 

Gründe

Das gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige Rechtsmittel der Antragstellerin hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage, ob zurückweisende Prozesskostenhilfebeschlüsse in materieller Rechtskraft erwachsen können, hat der Senat nach Übertragung durch den Einzelrichter entschieden. Das erneute Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin vom 4.4.2004 ist nicht deswegen unzulässig, weil ihr früherer Prozesskostenhilfeantrag unanfechtbar zurückgewiesen worden ist.

Zwar ist anerkannt, dass auch in Beschlussform ergehende Entscheidungen entsprechend § 322 ZPO materielle Rechtskraft entfalten können (etwa Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., § 329 ZPO Rz. 21, m.w.N.). Dass dies auch für einen ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss gilt, wird jedoch auch nach der ZPO-Reform von der überwiegenden Meinung, der sich der Senat bereits angeschlossen hat (OLG Frankfurt, Beschl. v. 12.1.2004 - 6 WF 4/04), verneint (etwa Zöller/Philippi, 24. Aufl., § 127 ZPO Rz. 44; Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., § 127 ZPO Rz. 102; OLG Hamm v. 20.8.2003 - 11 WF 134/03, FamRZ 2004, 647 [648]). Die insoweit vom AG zitierte Entscheidung des OLG Oldenburg (OLG Oldenburg v. 4.4.2003 - 2 W 23/03, OLGReport Oldenburg 2003, 276 = MDR 2003, 1071 = FamRZ 2003, 1302) erachtet der Senat als in ihrer Begründung unzutreffend. Eine sachliche Außenwirkung des Inhalts, dass er die zukünftige Geltendmachung von Erstattungsansprüchen ggü. der Staatskasse (rechtskräftig) versagt, kann ein zurückweisender Prozesskostenhilfebeschluss schon deswegen nicht entfalten, weil die Rechtskraftwirkung gem. § 325 Abs. 1 ZPO nur zwischen den Parteien wirkt, die Staatskasse aber am Prozesskostenhilfeverfahren gar nicht beteiligt ist (Zöller/Philippi, 24. Aufl., § 118 ZPO Rz. 1).

Der Antragstellerin fehlt aber auch nicht das Rechtsschutzinteresse an einer erneuten Bescheidung ihres Prozesskostenhilfeantrages. Zwar ist das Rechtsschutzbedürfnis für einen erneuten Prozesskostenhilfeantrag streng zu prüfen und in der Regel zu verneinen, soweit keine neuen Tatsachen vorgetragen werden oder ersichtlich nur vorgeschützt sind (Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., § 127 ZPO Rz. 102). Nach dieser Maßgabe hat etwa das OLG Hamm das Rechtsschutzbedürfnis für die Wiederholung eines abgelehnten Bewilligungsantrages verneint, der allein dem Zweck dient, nach Ablauf der Beschwerdefrist bei unveränderten wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen die versäumte Vorlage eines ordnungsgemäß ausgefüllten und mit den notwendigen Belegen versehenen Vordrucks nach § 117 Abs. 4 ZPO zu ermöglichen, dessen Fehlen gerade der Grund für die Zurückweisung des ersten Prozesskostenhilfeantrages war (OLG Hamm v. 20.8.2003 - 11 WF 134/03, FamRZ 2004, 647 [648]). Diese Auffassung erachtet der Senat jedoch als zu weit gehend. Die Hürde des Rechtsschutzbedürfnisses soll rechtsmissbräuchlichen Prozesskostenhilfeanträgen vorbeugen und verhindern, dass der Antragsteller das Gericht mit immer neuen Prozesskostenhilfeanträgen im Laufe des Verfahrens zur Hauptsache zu fortgesetzter neuer Prüfung der Erfolgsaussicht und Bedürftigkeit zwingen kann (Baumbach/Hartmann, 62. Aufl., § 127 ZPO Rz. 102). Diese Gefahr besteht hier nicht. Die unanfechtbare Zurückweisung des ersten Prozesskostenhilfegesuchs der Antragstellerin ist deswegen erfolgt, weil sie sich - anwaltlich beraten - geweigert hat, den Vordruck nach § 117 Abs. 2 ZPO vollständig auszufüllen, weil sie der Meinung war, ihre Kostenarmut durch die Vorlage eines Sozialhilfebescheids bereits anderweitig hinreichend glaubhaft gemacht zu haben. In dieser Situation erscheint die Wiederholung ihres Prozesskostenhilfeantrages nunmehr - durch die Beschwerdeentscheidung des Senats vom 9.3.2004 belehrt - unter Wahrung der formalen Voraussetzungen nicht als rechtsmissbräuchlich, sondern als von Einsicht bestimmt.

Trotz der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens hat der Senat davon abgesehen, gem. § 574 ZPO die Rechtsbeschwerde zum BGH zuzulassen, weil es niemanden gibt, der das Rechtsmittel zulässig einlegen könnte. Die Antragstellerin ist durch diesen Beschluss nicht beschwert. Die Staatskasse könnte eine Beschwerde nur dadurch stützen, dass die Antragstellerin nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Dies kann sie hier deswegen nicht, weil der Senat der Antragstellerin die Prozesskostenhilfe nicht bewilligt, sondern lediglich den antragsabweisenden Beschluss des AG aufgeho...

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