Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 23.03.1995; Aktenzeichen 5 T 1379/94) |
AG Offenbach (Aktenzeichen 4 VI H 8/94) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die dem Beteiligten zu 2) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt 120.000 bis 130.000 DM.
Gründe
Die am 19.1.1994 verstorbene Erblasserin war seit dem 25.2.1950 in erster und einziger Ehe mit … verheiratet, der am 18.9.1957 vorverstorben ist. Aus dieser Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Aus der geschiedenen ersten Ehe ihres vorverstorbenen Ehemanns ist der am 7.12.1931 geborene … hervorgegangen.
Die Erblasserin und ihr Ehemann haben am 29.8.1950 zur Miederschrift des Notars … in … ein gemeinschaftliches Testament errichtet. In dessen Nr. 2 haben sie verfügt:
„Wir … setzen uns gegenseitig zu Erben ein in der Weise, daß der Überlebende von uns den zuerst Versterbenden beerben soll.
Nach dem Tod des zuletzt Lebenden sollen die aus unserer Ehe etwa noch hervorgehenden Kinder Erben werden und wenn keine Kinder mehr aus unserer Ehe entstehen, soll die gesetzliche Erbfolge eintreten.”
In der Nr. 3 des Testaments hat der Ehemann der Erblasserin mit deren Zustimmung seinen Sohn aus erster Ehe ausdrücklich enterbt und ihm den Pflichtteil wegen Führens eines ehrlosen Lebenswandels entzogen.
Am 6.5.1993 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie alle etwa bisher von ihr errichteten Verfügungen von Todes wegen widerrief und den Beteiligten zu 2), der als nichteheliches Kind ihres Vaters und der Schwester ihrer Mutter am 1.7.1949 geboren wurde, als Alleinerben einsetzte.
Den Antrag des Beteiligten zu 2) vom 5.7.1994, ihm auf Grund des Testaments vom 6.5.1993 einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben der Erblasserin ausweist, hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 31.10.1994 mit der Begründung zurückgewiesen, die Schlußerbeneinsetzung der gesetzlichen Erben des Längerlebenden im gemeinschaftlichen Testament vom 29.8.1950 sei wechselbezüglich mit der Einsetzung der Erblasserin durch ihren vorverstorbenen Ehemann, so daß die Erblasserin an das gemeinschaftliche Testament gebunden gewesen sei und dieses nicht wirksam habe widerrufen können. Gegen den amtsgerichtlichen Beschluß hat der Beteiligte zu 2) unter dem 18.11.1994 Beschwerde eingelegt, die das Amtsgericht, ohne ihr abzuhelfen, dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt hat. Die Beteiligte zu 3), die als Cousine der Erblasserin wie auch die Beteiligten zu 1), 4), 5) und 7) – sämtlich Cousins der Erblasserin – und 6) – Tante der Erblasserin – zu den gesetzlichen Erben der Erblasserin gehört, ist der Beschwerde entgegengetreten.
Das Landgericht hat durch Beschluß vom 23.3.1995 den Beschluß des Amtsgerichts vom 31.10.1994 aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, den Erbscheinsantrag des. Beteiligten zu 2) vom 5.7.1994 nicht aus den bisherigen Gründen zurückzuweisen. In den Gründen seiner Entscheidung hat es ausgeführt, entgegen der Auffassung des Nachlaßgerichts ergäben sich weder aus den gemeinschaftlichen Testament vom 29.8.1950 noch sonst Anhaltspunkte dafür, daß die Erbeinsetzung der Erblasserin durch ihren vorverstorbenen Ehemann wechselbezüglich sei mit der Anordnung des Eintritts der gesetzlichen Erbfolge nach dem Tod des Längerlebenden. Gegen den landgerichtlichen Beschluß richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 28.4.1995 eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1).
Die weitere Beschwerde ist nach den §§ 27, 29 FGG zulässig, aber nicht begründet.
Die Ansicht des Landgerichts, die in dem notariellen gemeinschaftlichen Testament vom 29.8.1950 enthaltene gegenseitige Erbeinsetzung der Testatoren sei nicht wechselbezüglich mit der Einsetzung der gesetzlichen Erben des Längerlebenden als Schlußerben, so daß die Erblasserin an die Schlußerbeneinsetzung nicht gebunden und ihr Recht zu ihrem Widerruf nach dem Tod ihres Ehemanns nicht erloschen war (§ 2271 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 BGB), hält der im Verfahren der weiterer. Beschwerde allein möglichen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 550 ZPO) stand.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß es sich bei dem Testament der Eheleute … vom 29.8.1950 um ein formgerecht errichtetes gemeinschaftliches öffentliches Testament (§§ 2231 Nr. 1, 2232 Satz 1, 2265 BGB) handelt.
Ein gemeinschaftliches Ehegattentestament kann sowohl wechselbezügliche als auch nichtwechselbezügliche Bestimmungen enthalten. Nach § 2270 Abs. 1 BGB sind die in einem gemeinschaftlichen Testament getroffenen Verfügungen wechselbezüglich, wenn anzunehmen ist, daß die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen getroffen worden wäre, oder anders ausgedrückt, wenn jede der beiden Verfügungen mit Rücksicht auf die andere getroffen ist und nach dem Willen der Erblasser mit ihr stehen und fallen soll (BayObLG NJW-RR 1991, 1288 und 1992, 1223; Palandt/Edenhofer BGB 56. ...