Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Keine Grundbuchsperre durch Nacherbenvermerk
Leitsatz (amtlich)
1. Der im Grundbuch eingetragene Nacherbenvermerk bewirkt keine Grundbuchsperre, sondern eine grundbuchrechtliche Verfahrenserleichterung.
2. Das Grundbuchamt darf bei einem eine Grundschuld betreffenden Eintragungsantrag, wenn die Eintragung des Nacherbenvermerks vorliegt, in der Regel weder die Einwilligung des Nacherben verlangen, noch in die Prüfung eintreten, ob das Geschäft dem Nacherben nachteilig ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Beschränkung auf § 2113 Abs. 1 BGB oder § 2113 Abs. 2 BGB beruht, mithin ob der Vorerbe befreit oder nichtbefreit und ob die Verfügung entgeltlich oder unentgeltlich ist. Der Nacherbe ist in diesem Fall durch den unverändert eingetragenen Nacherbenvermerk geschützt.
Normenkette
GBO § 51; BGB § 2113 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Verfügung vom 15.07.2011) |
Tenor
Die angefochtene Zwischenverfügung wird aufgehoben.
Gründe
I. Im bezeichneten Grundbuch ist in Abt. I die Beteiligte zu 1. wie folgt eingetragen: "Bezüglich der Anteile Abt. I Nr ... x und ... y: Teilweise bisheriges Eigentum, im Übrigen: Erbschein vom ... 2006 (AG O1 ...); eingetragen am 23.5.2006." In Abt. II lfd. Nr ... des bezeichneten Grundbuchs ist folgendes eingetragen: "Nur lastend auf dem früheren Anteil Abt. I Nr ... x: 1A,..., (= die Beteiligte zu 1.) ist Vorerbin nach 2A, geb ...; Nacherben sind 3A, geboren ..., B, geb. A, geboren ..., und C, geb. A, geboren ...; die Nacherbfolge tritt ein beim Tod der Vorerbin; gemäß Erbschein vom ... 2006 (AG O1 ...) eingetragen am 23.5.2006." Am 15.7.2011 hat der Verfahrensbevollmächtigte seine Urkunde UR.-Nr .../2011 vom ... 2011 beim Grundbuchamt eingereicht. Ausweislich dieser Urkunde, auf deren Inhalt insgesamt Bezug genommen wird, hat die Beteiligte zu 1. zugunsten der Beteiligten zu 2. eine Grundschuld i.H.v. 55.400,- EUR nebst Zinsen auf dem bezeichneten Grundbesitz bewilligt und die Eintragung im Grundbuch in Abt. II und Abt. III jeweils rangbereit beantragt. Der Verfahrensbevollmächtigte hat unter Bezugnahme auf § 15 GBO beantragt, die Grundschuld auch im Namen der Gläubigerin im Grundbuch einzutragen. Durch die angefochtene Zwischenverfügung, auf die ansonsten verwiesen wird, hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt folgendes Hindernis festgestellt, zu dessen formgerechter Behebung sie eine Frist von einem Monat bestimmt hat: "Zur Belastung ist die Zustimmung der Nacherben in öffentlich beglaubigter Form nachzuweisen." Mit Schriftsatz vom 21.7.2011, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat der Verfahrensbevollmächtigte Einwendungen gegen die Zwischenverfügung erhoben und für den Fall, dass die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt nicht abhelfen sollte, "um möglichst umgehende Vorlage" gebeten. Die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt hat dies ausweislich ihres Beschlusses vom 21.7.2011, auf den letztendlich Bezug genommen wird, als Beschwerde ausgelegt. Ausweislich dieses Beschlusses hat sie die Beschwerde des Notars gegen die Zwischenverfügung aus deren Gründen nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Zu Recht hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt den bezeichneten Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten als Rechtsmittel ausgelegt, auch wenn dieser nicht ausdrücklich ein solches bezeichnet. Die insoweit allenfalls statthafte Beschwerde gem. § 71 Abs. 1 GBO, über die nach der hier erfolgten Nichtabhilfeentscheidung das OLG zu entscheiden hat, §§ 72, 75 GBO, ist zulässig. Bei - wie hier - fehlender Angabe, in wessen Namen Beschwerde eingelegt wird, sind als Beschwerdeführer, falls sich aus den Umständen nicht zweifelsfrei etwas anderes ergibt, alle Antragsberechtigten anzusehen (Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15 Rz. 20). Dies sind hier die oben aufgeführten Beteiligten.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg, weil die Zwischenverfügung keinen Bestand haben kann.
Gründe dafür, dass für die vorliegend beantragte Eintragung einer Grundschuld die Zustimmung der Nacherben verlangt werden könnten, sind nicht ersichtlich. Ausweislich des Nichtabhilfebeschlusses stützt die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt das aufgestellte Erfordernis ausschließlich auf die Anwendung des § 2113 BGB, weil es vorliegend um eine Verfügung im Sinne dieser Vorschrift gehe, die insoweit unwirksam sei, als durch sie das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt wird. Diese Erwägung rechtfertigt es jedoch noch nicht, für die begehrte Grundbucheintragung den Nachweis der Zustimmung der Nacherben zu verlangen.
Richtig ist es zwar, dass es sich bei der Belastung des Grundstücks mit einer Grundschuld um eine Verfügung i.S.d. § 2113 BGB handelt. Ebenfalls zutreffend hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt in ihrer Nichtabhilfeentscheidung vom 21.7.2011 aber auch darauf hingewiesen, dass das Grundstück in Abt. II (nur) hinsichtlich des früheren Miteigentumsanteils Abt. I Nr ... x mit einem Nacherbenvermerk belastet ist. Nach weitgehend einhelliger Recht...