Entscheidungsstichwort (Thema)
Modellbezeichnung im Bekleidungssektor als Herkunftshinweis im Sinne einer Zweitmarke ("MO")
Leitsatz (amtlich)
In dem Angebot "Balmain Herren T-Shirt / T-Shirt MO / UH11601" sieht der angesprochene Durchschnittsverbraucher in der Angabe "MO" einen Herkunftshinweis im Sinne einer Zweitmarke. Er geht davon aus, dass das Herstellerunternehmen die Bezeichnung "MO" als weitere Marke unter der Dachmarke "Balmain" einsetzt, um das konkrete T-Shirt-Modell der Herkunft nach zu kennzeichnen.
Normenkette
MarkenG § 14 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.06.2021; Aktenzeichen 2-3 O 235/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird es - im Wege der einstweiligen Verfügung, wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten - untersagt,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Antragstellerin T-Shirts mit dem Zeichen "MO" zu bewerben und/oder anzubieten, wenn dies geschieht, wie in der Anlage zum Eilantrag (Bl. 11 d.A.) wiedergegeben.
Die Kosten des Eilverfahrens beider Instanzen hat der Antragsgegner zu tragen.
Beschwerdewert: 120.000 EUR
Die zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Gründe
1. Der Antragstellerin steht gegen den Antragsgegner ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung des Zeichens "MO" aus §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG zu.
a) Es liegt ein Fall der Doppelidentität vor (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Der Antragsgegner hat ein identisches Zeichen für Bekleidung im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung der Antragstellerin benutzt.
b) Der Antragsgegner hat die Bezeichnung "MO" in dem im Tenor wiedergegebenen Internetangebot markenmäßig im Sinne einer Zweitmarke benutzt.
aa) Der Markeninhaber kann einer Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens auch im Fall der Doppelidentität nur widersprechen, wenn dadurch eine der Funktionen der Marke beeinträchtigt werden kann. Die Hauptfunktion der Marke wird beeinträchtigt, wenn die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- und Leistungsabsatzes zur Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen verwendet wird. Daran fehlt es vor allem dann, wenn das Zeichen nur als dekoratives Gestaltungsmittel oder in einem rein beschreibenden Sinn verwendet wird (BGH GRUR 2014, 1101 Rn. 23 - Gelbe Wörterbücher). Von einer kennzeichenmäßigen Verwendung ist auszugehen, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht (BGH GRUR 2015, 1201 Rn. 68 - Sparkassenrot/Santander; BGH GRUR 2019, 522 Rn. 25 - SAM). Ob dies der Fall ist, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Die Verkehrsauffassung wird durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt. Abzustellen ist außerdem auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor, insbesondere auf die Art und Weise, in der Kennzeichnungsmittel bei den betreffenden Waren üblicherweise verwendet werden.
bb) Im Bekleidungssektor gibt es verschiedene Kennzeichnungsgewohnheiten (BGH GRUR 2018, 932 Rn. 18 - darferdas?). Geht es um eine Modellbezeichnung in Verkaufsangeboten in Katalogen oder im Internet, kommt es auf die konkreten Umstände der Verwendung an. Dabei ist das Angebot in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen (BGH GRUR 2019, 1289 Rn. 33 - Damen Hose MO). Insbesondere ihre Hervorhebung oder blickfangmäßige Herausstellung kann für eine markenmäßige Verwendung sprechen (vgl. BGH GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure; BGH GRUR 2017, 520 Rn. 26 - MICRO COTTON). Erforderlich ist, dass der angesprochene Verkehr in der konkret in Rede stehenden Art der Verwendung einen Hinweis auf einen bestimmten Hersteller des in Rede stehenden Kleidungsstücks erblickt.
cc) In dem vorliegenden Angebot wird "MO" als Modellbezeichnung, nämlich als Bezeichnung des angebotenen T-Shirts aus dem Hause Balmain" verstanden.
In der Angebotsbezeichnung
"Balmain Herren T-Shirt / T-Shirt MO / UH11601"
wird die Angabe "MO" als Name des konkreten T-Shirts angesehen. Dies ergibt sich aus der gesamten Angebotsgestaltung. Neben dem abgebildeten T-Shirt befindet sich die zunächst die Bezeichnung "Balmain", die von dem Verkehr ohne weiteres als Bekleidungslabel und damit als Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Es folgt die Angabe "Herren T-Shirt" und sodann: "T-Shirt MO". Der Verkehr versteht bei dieser Art der Gestaltung die Angabe "MO" als Bezeichnung des konkret angebotenen T-Shirts, nicht etwa als beschreibenden Hinweis auf Produkteigenschaften. Ein Verständnis als beschreibende Angabe für eine Passform oder einen bestimmten Schnitt liegt fern.
dd) Die Modellbezeichnung "MO" wird...