Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Urteil nach Kostenwiderspruch; Prüfungsumfang beschränkt sich auf Vorliegen eines Falls von § 93 ZPO
Leitsatz (amtlich)
1. Ein nach Kostenwiderspruch erlassenes Urteil ist der Sache nach ein Anerkenntnisurteil mit einer Kostenentscheidung, so dass das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gem. § 99 Abs. 2 ZPO gegeben ist.
2. Die Androhung gerichtlicher Schritte im Rahmen einer Abmahnung kann konkludent erfolgen.
3. Der Wortlaut des § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG ist unklar und deshalb auslegungsbedürftig; Maßstab ist, ob das in der Abmahnung gerügte Verhalten geeignet ist, den in der vorgeschlagenen Unterlassungserklärung geforderten Anspruch auszulösen. Dies kann im Hinblick auf eine aus dem konkret gerügten Verhalten resultierende Wiederholungs- oder aber der Begründung einer Erstbegehungsgefahr der Fall sein. Sofern die gerügte Rechtsverletzung den in der Unterlassungserklärung formulierten Anspruch deckt, besteht keine - allein klarstellende - Hinweispflicht nach § 97a Abs. 2 Nr. 4 UrhG.
Normenkette
UrhG § 97a Abs. 2 Nr. 4; ZPO §§ 93, 99 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 2-03 O 35/14) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu wertende Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Frankfurt/M. vom 21.5.2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Antragsgegnerin.
Gründe
I. Das als "Berufung" eingelegte Rechtsmittel der Antragsgegnerin ist als sofortige Beschwerde zu verstehen. Es richtet sich gegen einen auf einen Kostenwiderspruch hin ergangenes Urteil, bei dem es sich der Sache nach um ein Anerkenntnisurteil mit einer Kostenentscheidung handelt, gegen die gem. § 99 Abs. 2 ZPO das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist (OLG Frankfurt, Beschl. v. 28.10.2010 - 6 W 64/10 zitiert nach Juris). Nach ganz herrschender Meinung ist ein solches Urteil demnach nicht mit der Berufung, sondern allein mit der sofortigen Beschwerde anzugreifen (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 99 Rz. 17; KG Beschl. v. 8.3.2011 - 5 U 155/10 zitiert nach Juris; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1535; OLG Frankfurt NJW-RR 2012, 1018).
Da mit dem eingelegten Rechtsmittel die Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO gewahrt worden ist, kann das Rechtsmittel als zulässige sofortige Beschwerde behandelt werden (vgl. auch OLG Frankfurt NJW-RR 2012, 1018).
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat zu Recht der Antragsgegnerin gem. § 91 ZPO die Kosten auferlegt und die Voraussetzungen des § 93 ZPO als nicht erfüllt angesehen.
1. Der allein auf die Kosten beschränkte Widerspruch der Antragsgegnerin rechtfertigt nicht die Anwendung der kostenrechtlich die Antragsgegnerin begünstigenden Vorschrift des § 93 ZPO.
Der Wertung des Kostenwiderspruches als Anerkenntnis des Verfügungsanspruchs steht vorliegend allerdings nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin vor dem Kostenwiderspruch eine bedingte Abschlusserklärung abgegeben hat. Auch die Abschlusserklärung beinhaltete die Erklärung der Antragsgegnerin, die Entscheidung in der Hauptsache nicht anzugreifen. Soweit die Abschlusserklärung mit der Bitte um eine Aufbrauchfrist verknüpft worden war, auf deren Einräumung grundsätzlich kein Anspruch besteht, kann dieser Umstand zwar der Abschlusserklärung insgesamt die Wirksamkeit nehmen. Der Kostenwiderspruch bleibt jedoch auch bei unwirksamer Abschlusserklärung geeignet, gegenüber der Antragstellerin zu verdeutlichen, dass der Sache nach die einstweilige Verfügung akzeptiert wird.
Voraussetzung für die Anwendung des § 93 ZPO ist jedoch, dass die Antragsgegnerin durch ihr Verhalten keinen Anlass zur Einreichung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegeben haben darf. Dies kann vorliegend nicht festgestellt werden:
Die Antragsgegnerin hätte keine Veranlassung zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben, wenn die Antragstellerin auf eine vorausgehende Abmahnung verzichtet hätte (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. A. § 12 Rz. 1.8, 1.9; Zöller/Herget, a.a.O., § 93 Rz. 6 "Wettbewerbliche Streitigkeiten"; Dreier in: Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 97a Rz. 3; Schulze ebenda § 93 Rz. 66 "Wettbewerbssachen"). Um die Rechtsfolgen des § 93 ZPO zu vermeiden, ist der Antragsteller im eigenen Interesse gehalten, den Schuldner vor Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzumahnen (sog. Abmahnlast, vgl. Nordemann, UrhR, 11. Aufl., § 97a Rz. 16; Schulze ebenda § 93 Rz. 66 "Wettbewerbssachen").
Vorliegend hatte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wirksam mit Schreiben vom 27.12.2013 abgemahnt. Eine Abmahnung dient u.a. der Möglichkeit, die Auseinandersetzung inter pares, d.h. ohne Inanspruchnahme der Gerichte zwischen den Parteien zu beenden. Diese Möglichkeit hat die Antragsgegnerin nicht wahrgenommen; sie hat auf das Schreiben überhaupt nicht reagiert. Damit konnte die Antragstellerin nicht davon...