Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Nachweise im Hinblick auf § 1365 I BGB
Leitsatz (amtlich)
Die Berechtigung und Verpflichtung des Grundbuchamts, Nachweise im Hinblick auf § 1365 Abs. 1 BGB zu verlangen, besteht nur bei konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale des § 1365 Abs. 1 BGB im Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung.
Normenkette
BGB § 1365 Abs. 1; GBO §§ 20, 153 Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Beschwerdewert wird auf 100.000 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
In den betroffenen Grundbüchern war bis zum 29.8.2010 1A, die Ehefrau des Antragstellers und Mutter des Beteiligten zu 2), als Eigentümerin eingetragen. Außerdem sind sie und der Antragsteller im Grundbuch von O1 Blatt ... als Eigentümer zu je ½ hinsichtlich des Grundstücks B-Straße ..., O2, eingetragen.
Zu UR-Nr .../2006 (Bl. 51-57 d.A.) protokollierte der Notar C1, O2, am ... 2006 einen Erbvertrag, durch den 1A den Beteiligten zu 2) zu ihrem alleinigen Erben einsetzte. Weiter erklärte 1A in der Urkunde, sie beabsichtige den in Blatt ...,... und ... eingetragenen Grundbesitz schon zu Lebzeiten auf den Beteiligten zu 2) zu übertragen und erteilte diesem für den Fall, dass die vorgenannte, von ihr beabsichtigte Grundstücksübertragung nicht bis zum 30.6.2010 zu notariellem Protokoll erklärt sein sollte, dem Beteiligten zu 2) die aufschiebend bedingte Vollmacht,
"unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB den vorbezeichneten Grundbesitz zu notariellem Protokoll auf sich zu übertragen und aufzulassen. Mein Sohn ist insbesondere ermächtigt, über die Grundstücke zu seinen Gunsten unentgeltlich zu verfügen, hierzu den Grundstücksübertragungsvertrag einerseits stellvertretend für mich als Übergeberin und für sich als Übernehmer abzuschließen, die Auflassung zu erklären und alle zur Durchführung des Vertrages erforderlichen und zweckmäßigen Erklärungen und Bewilligungen abzugeben und entgegenzunehmen und alle hierfür erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen.
Diese Vollmacht kann frühestens am 1.7.2010 ausgeübt werden, sie ist von da an allerdings unbefristet. Die Vollmacht ist unwiderruflich und gilt über meinen, der Erblasserin, Tod hinaus. Sie endet allerdings mit dem Tod des Bevollmächtigten."
Den Wert dieser Verhandlung gaben die Beteiligten entsprechend dem Reinvermögen der Übergeberin mit 1.200.000 EUR an.
Unter Verwendung dieser Vollmacht beurkundete der gleiche Notar am ... 2010 zu seiner UR-Nr .../2010 einen Grundstücksübertragungsvertrag mit Auflassung, durch den der in den Grundbuchblättern ... und ... eingetragene Grundbesitz auf den Beteiligten zu 2) als Alleinberechtigten übertragen und unter § 7 der Urkunde insoweit die Auflassung erklärt wurde. Unter der Überschrift "Ehegattenzustimmung" erklärte der Beteiligte zu 2), dass die Übergeberin mit ihrem Ehemann im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebe. Nach Belehrung des Notars, dass der vorliegende Vertrag insoweit nach § 1365 BGB einwilligungsbedürftig sein könnte, erklärte der Beteiligte zu 2), dass nach seiner Auffassung und der Auffassung seiner Mutter, der Vertretenen, es keiner Zustimmung ihres Ehegatten gem. § 1365 BGB bedürfe. Der Verkehrswert des Übertragungsgegenstandes wird in § 10 der Urkunde mit 1.000.000 EUR angegeben.
In einem am 17.6.2010 beim Grundbuchamt eingegangenen Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten hat der Antragsteller geltend gemacht, die Übertragung des betroffenen Grundbesitzes bedürfe seiner Zustimmung gem. § 1365 BGB. Da der Wert des übertragenen Grundbesitzes mit ca. 2.500.000 EUR bis 4.000.000 EUR zu beziffern sei, das Restvermögen von 1A sich aber nur auf 235.000 EUR bzw. 260.000 EUR belaufe, verblieben ihr nur 8,5923 % bzw. 9,40 % des Gesamtvermögens vor der Übertragung. Nach der Rechtsprechung des BGH handele es sich auch bei einem Rechtsgeschäft über einzelne Vermögensgegenstände bei einem Restvermögen von weniger als 10 % um ein gem. § 1365 BGB zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft. Von einer positiven Kenntnis der maßgeblichen Umstände sei bei dem Beteiligten zu 2) als dem gemeinsamen Sohn der Eheleute 1A und 2A auszugehen.
Mit am 6.8.2010 beim Grundbuchamt eingegangenem Schriftsatz hat der Urkundsnotar die erste Ausfertigung der UR-Nr .../2010 vom ... 2010 eingereicht und die Eigentumsumschreibung auf den Beteiligten zu 2) beantragt.
Mit Verfügung vom 17.8.2010 hat die Rechtspflegerin beim Grundbuchamt den Schriftsatz vom 17.6.2010 dem Urkundsnotar zur Kenntnis und Stellungnahme zugeleitet und auf § 1365 BGB hingewiesen. Dieser hat unter dem 19.8.2010 angegeben, der Beteiligte zu 2) habe ihm nach Rücksprache mit der Übergeberin mitgeteilt, dass nach ihren Erkenntnissen § 1365 BGB hier nicht zur Anwendung komme, was ihm plausibel dargelegt und entsprechend in der Urkunde aufgenommen wo...