Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an den Vollstreckungsantrag zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung
Leitsatz (amtlich)
Im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 887 ZPO ist die Handlung, zu deren Vornahme sich der Gläubiger an Stelle des Schuldners ermächtigen lassen will, genau und bestimmt zu bezeichnen.
Normenkette
BGB § 264; ZPO § 253 Abs. 2, § 887
Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 22.06.2021; Aktenzeichen 4 O 48/10) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Landgerichts Limburg an der Lahn vom 22. Juni 2021 - 4 O 48/10 - in der Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 30. August 2021 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Landgericht zurückverwiesen.
Gründe
I. Mit Urteil vom 19. Juli 2019 hat das Landgericht Limburg an der Lahn die Schuldner zu 1 und zu 2 als Gesamtschuldner u. a. verurteilt, "durch geeignete Maßnahmen ein weiteres Abrutschen des Hanges des klägerischen Grundstücks zum Grundstück der Beklagten auf einer Länge von 16 m zwischen den Zwischenabschnitten 1 und 4 (Anlage zum Tenor) zu verhindern" (Aktenzeichen 4 O 48/10, Bl. 800 ff. d. A.). Das Urteil ist rechtskräftig.
Entsprechende Maßnahmen haben die Schuldner in der Folgezeit nicht ergriffen. Die jetzige Eigentümerin des Grundstücks, das zuvor im Eigentum der Schuldner stand, hat mit Schreiben vom 7. Dezember 2020 gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Gläubiger "bestätigt", dass "das beauftragte Unternehmen für die Durchführung der Arbeiten" das Grundstück betreten "kann" (Bl. 840 d. A.).
Mit Anwaltsschriftsatz vom 1. April 2021 haben die Gläubiger beantragt,
1. die Gläubiger zu ermächtigen, die den Schuldnern nach dem Urteil des Landgerichts Limburg vom 19. Juli 2019, Az. 4 O 48/10, obliegende vertretbare Handlung, durch geeignete Maßnahmen ein weiteres Abrutschen des Hanges des klägerischen Grundstücks zum ehemaligen Grundstück der Beklagten auf einer Länge von 16 m zwischen den Zwischenabschnitten 1 und 4 (Anlage zum Tenor) zu verhindern, auf Kosten der Schuldner im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubiger oder einen von ihnen beauftragten Dritten vornehmen zu lassen,
2. die Schuldner zu verurteilen, für die nach Ziff. 1 vorzunehmende Ersatzvornahme an die Gläubiger einen Gesamtkostenvorschuss in Höhe von EUR 13.000,00 zu zahlen.
Das Landgericht verlängerte auf den Antrag der Schuldner (Bl. 852 d. A.) die Frist zur Stellungnahme zu diesen Anträgen zunächst bis zum 14. Juni 2021 (Bl. 852 RS d. A.). Mit einem am 10. Juni 2021 beim Landgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz beantragten die Schuldner eine weitere Fristverlängerung bis zum 28. Juni 2021 (Bl. 856 d. A.).
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 22. Juni 2021 (Bl. 862 ff. d. A.) ermächtigte das Landgericht die Gläubiger, die den Schuldnern nach dem Urteil des Landgerichts Limburg vom 19. Juli 2019, Az. 4 O 48/10, obliegende vertretbare Handlung, durch geeignete Maßnahmen ein weiteres Abrutschen des Hanges des klägerischen Grundstücks zum ehemaligen Grundstück der Beklagten auf einer Länge von 16 m zwischen den Zwischenabschnitten 1 und 4 (Anlage zum Tenor) zu verhindern, auf Kosten der Schuldner im Wege der Ersatzvornahme durch die Gläubiger oder einen von ihnen beauftragten Dritten vornehmen zu lassen. Zugleich verurteilte das Landgericht die Schuldner dazu, "für die vorzunehmende Ersatzvornahme an die Gläubiger einen Gesamtkostenvorschuss in Höhe von EUR 13.000,00 zu zahlen".
Zur Begründung stellte das Landgericht u. a. darauf ab, dass die Schuldner am 22. Juni 2020 unter Fristsetzung bis zum 6. Juli 2020 aufgefordert worden seien, die Maßnahmen einzuleiten, aber keine Maßnahmen ergriffen hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den angegriffenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 864 ff. d. A.).
Gegen diesen ihren Prozessbevollmächtigten am 2. Juli 2021 zugestellten Beschluss haben die Schuldner mit Anwaltsschriftsatz vom 15. Juli 2021 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 879 ff. d. A). Zur Begründung haben die Schuldner u. a. darauf verwiesen, dass der Beschluss des Landgerichts vom 22. Juni 2021 erlassen worden sei, "ohne den Schriftsatz vom 25. Juni 2021 zu berücksichtigen". Dieser Umstand verletze die Schuldner in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Zurückweisungsantrag im Hinblick auf den Antrag auf Ermächtigung der Ersatzvornahme gemäß § 887 ZPO werde aufrechterhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 15. Juli 2021 (Bl. 879 ff. d. A.) Bezug genommen.
Die Gläubiger haben sinngemäß die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und den angefochtenen Beschluss verteidigt.
Mit Beschluss vom 30. August 2021 (Bl. 898 d. A.) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde der Schuldner ist zulässig. Sie hat insoweit Er...