Entscheidungsstichwort (Thema)

Irreführung durch Berücksichtigung eines einmalig gewährten Neukundenbonus im Rahmen eines Preisvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Werbevergleich zwischen den für Stromlieferung anfallenden Jahrespreisen verschiedener Anbieter ist irreführend, wenn der Werbende in seinen - niedrigeren - Jahrespreis einen Neukundenbonus einbezogen hat, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass dieser Vorteil nur für das erste Bezugsjahr gilt. Für den danach gebotenen Hinweis reicht es nicht aus, wenn an anderer Stelle des Werbemittels der Neukundenbonus zwar erwähnt, in der vergleichenden Preistabelle jedoch - etwa durch einen Sternchenhinweis - kein Bezug dazu hergestellt wird.

 

Normenkette

UWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Gießen (Beschluss vom 12.01.2017; Aktenzeichen 8 O 3/17)

 

Tenor

Der Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des LG Gießen vom 12.01.2017 wird auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin teilweise abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Vorstand, untersagt, geschäftlich handelnd im Bereich der Versorgung von Endverbrauchern mit Strom und/oder Gas mit einem Jahrespreis für einen Strom- oder Gastarif zu werben, wenn in den Jahrespreis ein Bonus eingerechnet ist, der nur für das erste Vertragsjahr gilt und hierauf in der Werbung nicht hingewiesen wird, wenn dies geschieht wie in dem als Anlage AS 1 zum Verfügungsantrag beigefügten Flyer "...".

Im Übrigen (Anträge zu 1. b und c) wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen haben zu 2/3 die Antragstellerin und zu 1/3 die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 75.000,00 festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

1. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG auf Unterlassung zu, mit einem Jahrespreis für einen Strom- oder Gastarif zu werben, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass in den Jahrespreis ein einmaliger Neukundenbonus eingerechnet ist.

a) Die mit dem Antrag zu 1a) beanstandete Bewerbung ist irreführend (§ 5 I Nr. 2 UWG), weil nicht deutlich wird, dass in die Jahrestarife der Antragsgegnerin bereits der - an anderen Stellen des Flyers beworbene - Neukundenbonus eingerechnet ist. Die Einbeziehung eines Neukundenbonus in einen zum Vergleich herangezogenen eigenen Preis ist nicht grundsätzlich irreführend. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Nicht zu beanstanden ist es, wenn sich aus dem Gesamtinhalt der Werbung mit hinreichender Klarheit ergibt, dass sich der vorgenommene Vergleich nur auf die Ersparnismöglichkeiten bezieht, die sich für den Kunden nach einem Wechsel zur Antragsgegnerin im ersten Vertragsjahr ergeben können (OLG Frankfurt, Urteil vom 10.12.2009 - 6 U 110/09, Rn. 6 - juris). An einer solchen Klarstellung fehlt es im Streitfall.

b) Die Antragsgegnerin wirbt in ihrem Flyer mit einer Preisvergleichstabelle, in der ihre Tarife "A" bzw. "A1" entsprechenden Tarifen der Antragstellerin gegenübergestellt werden. In einer gesonderten Spalte wird fett gedruckt die vermeintliche Ersparnis beworben, die sich bei einem Wechsel zur Antragsgegnerin ergeben soll. Die Aussage "Ihre mögliche Ersparnis" ist mit einem Sternchen versehen, das zu einem Hinweis auf der Rückseite des Flyers führt. Weder aus der Preistabelle noch aus dem Sternchenhinweis auf der Rückseite geht hervor, dass in die Tarife der Antragsgegnerin ein einmaliger Neukundenbonus eingerechnet ist. Lediglich unterhalb der Tabelle findet sich eine Aufschlüsselung, in der vorrangig der Arbeitspreis und der Grundpreis der A-Tarife angegeben werden. Daneben findet sich - in sehr kleiner Schrift - der Hinweis "inkl. 100,00 Bonus ..." Ein Großteil der Leser des Werbeflyers wird diese versteckte Angabe nicht zur Kenntnis nehmen. Der Leser wird insbesondere nicht durch einen deutlichen Sternchenhinweis auf diese Angabe geleitet.

c) Es genügt nicht, dass an anderen Stellen des Flyers deutlich damit geworben wird, dass der Wechsel zur Antragsgegnerin mit einem Neukunden-Bonus verbunden ist. Es fehlt ein Bezug zu der Preisvergleichstabelle. Das Preisvergleichsbeispiel bezieht sich nicht explizit nur auf das erste Vertragsjahr. Die beworbenen Preise können deshalb so verstanden werden, dass es sich nicht um spezielle, nur für Neukunden geltende Preise handelt, sondern um die regulären Tarife der Antragsgegnerin. Es kann damit der Eindruck entstehen, den Bonus könne der Kunde noch zusätzlich zu den dargestellten günstigen Preisen beanspruchen.

d) Entgegen der Ansicht des LG kann auch nicht angenommen werden, dass allen relevanten Teilen der Durchschnittsverbraucher aus Vergleichsportalen im Internet bzw. aus der Werbepraxi...

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