Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassungsvollstreckung: Kernbereich eines gegen die Verwendung einer geschützten Marke gerichteten Titels

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kernbereich eines wegen Markenverletzung erlassenen Unterlassungstitels, der gegen die Verwendung der Marke in identischer Form gerichtet ist (hier: "Jacuzzi"), umfasst grundsätzlich auch leicht abgewandelte Verwendungsformen, die phonetisch identisch und schriftbildlich in hohem Maße ähnlich sind (hier: "Jakuzzi"). Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn es sich bei der abgewandelten Verwendungsform um einen rein beschreibenden Begriff handelt, der seinerseits in abgewandelter Form in die geschützte Marke aufgenommen worden ist (im Streitfall verneint).

 

Normenkette

ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.01.2018; Aktenzeichen 3-8 O 122/17)

 

Tenor

1.) Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 16.01.2018, Az. 3-08 O 122/17 (Aktenzeichen berichtigt - die Red.) teilweise abgeändert und klarstellend wie folgt neu gefasst:

Gegen den Antragsgegner wird wegen Verstoßes gegen das Gebot aus der einstweiligen Verfügung vom 25.08.2017 ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 EUR, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft je 500 EUR, verhängt.

2.) Die Kosten des erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3.) Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin erweist sich als zulässig und teilweise begründet. Die Antragsgegnerin hat gegen das Unterlassungsgebot aus der einstweiligen Verfügung vom 25.08.2017 verstoßen. Die Höhe des Ordnungsgeldes war jedoch nur auf 5.000 EUR festzusetzen.

1.) Das Landgericht hat durch Beschluss vom 29.11.2017 ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 EUR verhängt. Zwar enthält die den Parteien zugestellte beglaubigte Abschrift im Tenor einen Betrag in Höhe von 5.000 EUR. Aus dem Original des Beschlusses ergibt sich jedoch, dass im Tenor die Höhe handschriftlich von 5.000 EUR auf 10.000 EUR abgeändert wurde. Damit bestehen keine Zweifel, dass insoweit lediglich ein Ausfertigungsfehler vorliegt. Dies wird gestützt durch die Begründung des Beschlusses, die in den Gründen in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses des Landgerichts vom 16.01.2018 ebenfalls einen Betrag von 10.000 EUR aufweist. Die erfolgte Berichtigung nach § 319 ZPO hat - unabhängig davon, ob die Voraussetzungen des § 319 ZPO tatsächlich vorgelegen haben - zur Folge, dass der Senat die berichtigte Fassung zugrunde zu legen hat. Eine nach § 319 III ZPO mögliche sofortige Beschwerde hat die Antragsgegnerin nicht eingelegt, so dass der Berichtigungsbeschluss rechtskräftig ist.

2.) Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin durch die Bewerbung eines Whirlpool unter der Bezeichnung "Jakuzzi" schuldhaft gegen die einstweilige Verfügung verstoßen hat. Die Bezeichnung fällt in den Kernbereich des Unterlassungstitels und der Verstoß erfolgte auch schuldhaft.

a) Die Bewerbung unter der Bezeichnung "Jakuzzi" fällt in den Kernbereich des mit der einstweiligen Verfügung ausgesprochenen Verbotes.

Ob das Handeln eine Zuwiderhandlung darstellt, bestimmt sich nach der durch Auslegung zu ermittelnden Reichweite des Unterlassungstitels. Der Verbotsumfang ist nicht auf die im Urteil beschriebene sogenannte konkrete Verletzungsform begrenzt, es sei denn, dass das Verbot eng auf die konkrete Verletzungshandlung beschränkt ist (BGH GRUR 2010, 454 [BGH 22.10.2009 - I ZR 58/07] Rn. 12 - Klassenlotterie). Sofern der Titel das Charakteristische oder den "Kern" der Verletzungsform zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, werden nicht nur die mit der verbotenen konkreten Verletzungsform identischen, sondern auch abgewandelte, aber im Kern gleichartige (aber nicht bloß ähnliche) Handlungsformen erfasst (BGH GRUR 2010, 253 [BGH 10.12.2009 - I ZR 46/07] Rn. 30 - Fischdosendeckel; BGH GRUR 2010, 855 [BGH 19.05.2010 - I ZR 177/07] Rn. 17 - Folienrollos). Die Zuordnung einer Handlung zum Kernbereich des Verbots kommt allerdings nicht in Betracht, wenn sie nicht Gegenstand der Prüfung im Erkenntnisverfahren gewesen ist (BGH GRUR 2013, 1071 [BGH 06.02.2013 - I ZB 79/11] [BGH 06.02.2013 - I ZB 79/11] Rnr. 14, 18 - Umsatzangaben; zum Urheberrecht BGH GRUR 2013, 1235 [BGH 20.06.2013 - I ZR 55/12] Rnr. 18 - Restwertbörse II - sowie BGH GRUR 2014, 706 [BGH 03.04.2014 - I ZB 42/11] Rnr. 12 f. - Reichweite des Unterlassungsgebots). Die Zugehörigkeit zum Verbotsbereich ist insbesondere dann anzunehmen, wenn neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung zur Beschreibung abstrakt formulierte Merkmale verwendet werden. Sie haben dann die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Handlungen erfasst sein sollen (BGH GRUR 2010, 855 [BGH 19.05.2010 - I ZR 177/07] Rnr. 17 - Folienrollos).

Unter Zugrundelegun...

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