Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsvollstreckung: Reichweite eines gegen das Angebot "gefälschter" Markenware gerichteten Unterlassungstitels
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterlassungstitel, der auf der Grundlage des Vorwurfs, die angebotene mit einer Marke versehene Ware stamme nicht vom Markeninhaber, erlassen worden und gegen das Angebot "gefälschter" Waren gerichtet ist, wird durch erneute Angebote von Waren unter der Marke nicht verletzt, wenn der Schuldner in der Lage gewesen wäre, auf entsprechende Bestellung "nicht erschöpfte", d.h. Ware zu liefern, die vom Markeninhaber unter seiner Marke in den Verkehr gebracht worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Gläubiger sich wegen des weiteren Angebotsinhalts ungeachtet der eingetretenen Erschöpfung einem Vertrieb widersetzen könnte.
Normenkette
ZPO § 890
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 01.03.2018; Aktenzeichen 3-10 O 155/17) |
Tenor
1.) Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Der Antrag auf Verhängung von Ordnungsmitteln wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten des Ordnungsmittelverfahrens trägt die Antragstellerin.
3.) Beschwerdewert: 2.500,00 EUR
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache Erfolg. Der Antragsgegner hat durch seine "Goldbarren"-Angebote bei "E-Bay-Kleinanzeigen" (Anlage Ast 13) und bei "Quoka" (Anlage Ast 15) nicht gegen das Unterlassungsgebot aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 15.12.2017 verstoßen.
1.) Aus dem Zweck eines Unterlassungstitels, nämlich der Ermöglichung der Zwangsvollstreckung, ergibt sich zwingend, dass der Tenor den Gegenstand der Vollstreckung eindeutig erkennen lassen muss. Dies erfolgt in erster Linie durch den Inhalt des Tenors, gegebenenfalls auch durch Heranziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen (BGH GRUR 2008, 702 [BGH 30.04.2008 - I ZR 73/05] Rn. 37 - Internet-Versteigerung III; BGH GRUR 2010, 855 Rn. 17 - Folienrollos; BGH GRUR 2017, 208 [BGH 29.09.2016 - I ZB 34/15] Rn. 22 - RESCUE). Bei nicht begründeten Beschlussverfügungen, die - wie hier - auf die Antragsschrift Bezug nehmen, ist diese zur Auslegung heranzuziehen. Sofern der Titel das Charakteristische oder den "Kern" der Verletzungsform zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, werden nicht nur die mit der verbotenen konkreten Verletzungsform identischen, sondern auch abgewandelte, aber im Kern gleichartige (aber nicht bloß ähnliche) Handlungsformen erfasst (BGH GRUR 2010, 253 [BGH 10.12.2009 - I ZR 46/07] Rn. 30 - Fischdosendeckel; BGH GRUR 2010, 855 [BGH 19.05.2010 - I ZR 177/07] Rn. 17 - Folienrollos). Die Zuordnung einer Handlung zum Kernbereich des Verbots kommt allerdings nicht in Betracht, wenn sie nicht Gegenstand der Prüfung im Erkenntnisverfahren gewesen ist (BGH GRUR 2013, 1071 [BGH 06.02.2013 - I ZB 79/11] Rn. 14, 18 - Umsatzangaben; OLG München MD 2011, 642; BGH GRUR 2014, 706 [BGH 03.04.2014 - I ZB 42/11] Rnr. 12 f. - Reichweite des Unterlassungsgebots). Eine weiter gehende Titelauslegung ist dagegen schon auf Grund des strafähnlichen Charakters der Ordnungsmittel des § 890 ZPO unstatthaft (BGH WRP 1989, 572 (574) - Bioäquivalenz-Werbung). Zweifel gehen zu Lasten des Titelinhabers, da er durch entsprechende Antragsformulierung die notwendige Verallgemeinerung des Verbots herbeiführen kann und das Vollstreckungsverfahren nicht mit Ungewissheiten belastet werden soll, die besser im Erkenntnisverfahren geklärt werden.
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich hier folgendes: Ausweislich der Antragsschrift hat der Antragsgegner auf Ebay "gefälschte" Goldbarren angeboten, die nicht aus Gold bestehen, sondern aus Wolfram mit Goldüberzug und die daher auch nicht von der Antragstellerin in den Verkehr gebracht worden sind. Die Erkennbarkeit der Fälschung hat die Antragstellerin aus der Seriennummer ... abgeleitet. Mangels abweichender Begründung ist dieser "klassische" Pirateriefall Grundlage des landgerichtlichen Verbots gewesen. Dies bestimmt auch den Verbotsumfang, was unter anderem durch die Verwendung des Begriffs der "gefälschten" Goldbarren im Tenor deutlich wird. Dabei muss gedanklich hinzugelesen werden, dass das Verbot keine "erschöpfte" Waren, d. h. solche Goldbarren umfasst, die von der Antragstellerin zwar unter der Verfügungsmarke in Verkehr gebracht worden sind, aber gleichwohl nicht angeboten oder vertrieben werden dürfen, weil die Voraussetzungen des § 24 MarkenG nicht erfüllt sind. Dem steht nicht entgegen, dass diese Einschränkung nicht ausdrücklich in den Tenor aufgenommen worden ist. Gesetzlich erlaubte Benutzungshandlungen müssen als Negativabgrenzungen der Reichweite des Unterlassungstenors nicht explizit aufgenommen werden, so lange deren Grenzen nicht gerade zwischen den Parteien als streitig anzusehen sind.
2.) Gegen die so auszulegende Unterlassungsverpflichtung hat der Antragsgegner weder durch sein Angebot bei Ebay in Anlage ASt 13 noch durch sein Angebot bei Quoka (Anlage Ast 15) verstoßen.
Zwar hat der Antragsgegner in seiner Werbung ein mit der Wort-/...