Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenschaft als Landwirt
Leitsatz (amtlich)
1. In den Genehmigungsverfahren nach dem GrdStVG ist der Erwerb landwirtschaftlicher Flächen durch eine Landwirtschaft betreibende Kapitalgesellschaft demjenigen durch einen Einzellandwirt gleichzustellen. Dies setzt aber voraus, dass im Einzelfall eine diesbezügliche unternehmerische Tätigkeit nicht nur Gesellschaftszweck ist, sondern dass eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende planmäßige Aufzucht von Pflanzen oder eine damit verbundene Tierhaltung auch tatsächlich ausgeübt wird. Unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen reichen nicht aus.
2. Der Nebenerwerbslandwirt ist dem Haupterwerbslandwirt gleichzusetzen, wenn er landwirtschaftlicher Unternehmer ist und durch die Bewirtschaftung des Betriebs oder Grundstücks die Existenzgrundlage des Nebenerwerbslandwirts und der zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen wesentlich verbessert wird. Eine agrarstrukturell schutzwürdige Verbesserung der Existenzgrundlage wird allerdings nur dann angenommen werden können, wenn der Nebenerwerbsbetrieb aufstockungswürdig ist, d.h. wenn er wenigstens durch den Zuerwerb zu einem leistungsfähigen (Nebenerwerbs-)Betrieb wird. Ein wesentliches Indiz für die Leistungsfähigkeit dürfte dabei die Erwirtschaftung von Gewinnen sein. Nicht entscheidend ist, in welchem Umfang bzw. zu welchem Prozentsatz die Einkünfte aus Landwirtschaft zum Gesamteinkommen beitragen. Maßgebend ist vielmehr, dass gewährleistet ist, dass der Nebenerwerbslandwirt in hinreichendem Umfang eigene Arbeitskraft in seinen landwirtschaftlichen Betrieb investiert, die maßgeblichen Entscheidungen selbst trifft und der Betrieb gewinnorientiert und nicht als bloßes Abschreibungs- oder Liebhaberobjekt geführt wird.
Normenkette
GrdstVG § 9
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Beschluss vom 30.11.2022; Aktenzeichen 19 Lw 8/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gelnhausen - Landwirtschaftsgericht - vom 30.11.2022 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und den Beteiligten zu 3. bis 5. im Beschwerdeverfahren etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten. Darüber hinaus findet eine Erstattung notwendiger Aufwendungen im Beschwerdeverfahren nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Mit dem aus dem Beschlusseingang ersichtlichen notariellen Kaufvertrag verkaufte der Beteiligte zu 2 den im Grundbuch des Amtsgerichts Gelnhausen ..., lfd. Nrn. 1 und 2 des Bestandsverzeichnisses, eingetragenen Grundbesitz an die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Beschwerdeführerin), dessen Wirtschaftsart dort jeweils als Landwirtschaftsfläche bezeichnet ist. Wegen der Einzelheiten dieses Kaufvertrags wird auf Bl. 4 ff. der Verwaltungsakte des Beteiligten zu 3 verwiesen.
Mit Schreiben vom 11.06.2020 ersuchte der Notar die Gemeinde1 um Erteilung einer Vorkaufsrechtsverzichtserklärung nach den §§ 24, 25, 27a BauGB. Die Gemeinde1 verzichtete ausweislich des Schreibens vom 18.06.2020 (Bl. 14 d. A.) auf die Ausübung dieses gesetzlichen Vorkaufsrechts. Mit weiterem Schreiben vom 03.07.2020 (Bl. 15 d. A.) erklärte die Gemeinde sodann, die Verzichtserklärung werde zurückgenommen und das Vorkaufsrecht der Gemeinde werde nunmehr bezüglich der beiden landwirtschaftlichen Flächen ausgeübt. Der Notar wies dies mit Schreiben vom 05.07.2020 (Bl. 16 ff. d. A.) zurück und äußerte die Ansicht, dass die Gemeinde von ihrer Verzichtserklärung nicht abrücken könne.
Der Notar ersuchte mit weiterem Schreiben vom 11.06.2020 den Beteiligten zu 3 als zuständige Genehmigungsbehörde zur Erteilung der Genehmigung des Kaufvertrags bzw. zur Erteilung eines Negativzeugnisses nach § 2 GrdstVG. Mit Bescheid vom 07.07.2020 erklärte der Beteiligte zu 3, die Frist der Genehmigung des Kaufvertrags nach § 6 Abs. 1 GrdStVG um zwei Monate zu verlängern. Mit weiterem Bescheid vom 02.09.2020 teilte der Beteiligte zu 3 sodann mit, dass die Beteiligte zu 5 durch beigefügte Erklärung vom 01.09.2020 das ihr nach Maßgabe des § 4 RSG zustehende siedlungsrechtliche Vorkaufsrecht geltend gemacht habe und dadurch in den Kaufvertrag vom 29.05.2020 eingetreten sei. Im Übrigen teilte er mit, das der landwirtschaftsrechtlichen Genehmigung des Vertrags Bedenken aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG entgegenstünden. Wegen der Einzelheiten des Bescheids und der Erklärung vom 01.09.2020 wird auf Bl. 62 ff. der Verwaltungsakte des Beteiligten zu 3 verwiesen.
Nach Zustellung des Bescheids vom 02.09.2020 an die Beschwerdeführerin als Erwerberin am 05.09.2020 (Bl. 83 der bezeichneten Verwaltungsakte) hat diese mit am 11.09.2020 bei dem Beteiligten zu 3 eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 89 ff. der bezeichneten Verwaltungsakte) "Widerspruch gegen die Ausübung des Vorkaufsrechts d. h. gegen diesen Bescheid eingelegt". Im Hinblick auf dieses Schreiben hat der Beteiligte zu 3 mit Schreiben vom 24.11.20...