Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung eines Naturschutzkonzepts im Rahmen des § 9 Abs. 2 GrdstVG
Leitsatz (amtlich)
1. Im Genehmigungsverfahren nach dem Grundstücksverkehrsgesetz kann der von einem anerkannten Naturschutzverband verfolgte nichtlandwirtschaftliche Zweck den aus dem Erwerbsinteresse eines Landwirts begründeten Versagungsgrund ausräumen, wenn dem Erwerb ein konkretes, in absehbarer Zeit zu realisierendes Naturschutzkonzept zugrunde liegt, das der Umsetzung einer staatlich als förderungsfähig angesehenen Maßnahme dient.
2. Zu den Vorausssetzungen, unter denen ein in absehbarer Zeit zu realisierendes Naturschutzkonzept angenommen werden kann
Normenkette
GrdstVG § 9
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 19.08.2021) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Das erstinstanzliche Aktenzeichen wird aus Gründen des Persönlichkeitschutzes nicht mitgeteilt.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Gießen - Landwirtschaftsgericht - vom 19.08.2021 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Sie hat den Beteiligten zu 4.) und 5.) im Beschwerdeverfahren etwa entstandene außergerichtliche Kosten zu erstatten. Darüber hinaus findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Durch am 12.03.2020 vor dem Notar A, Stadt1, beurkundeten Kaufvertrag, UR-Nr. ..., kaufte die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin) für einen Kaufpreis von 5.000,- EUR von den Beteiligten zu 2.) und 3.) die jeweils beim Amtsgericht Gießen, Grundbuch von Ortsteil1, Blatt ..., verzeichneten landwirtschaftlichen Grundstücke in der Gemarkung Ortsteil1, lfd. Nr. 5, Flur a, Flurstück ..., Ackerland, X, 1.060 m2, lfd. Nr. 8, Flur b, Flurstück ..., Ackerland, Y, 1.933 m2, lfd. Nr. 9, Flur ..., Flurstück ..., Gebäude- und Freifläche, Z, 781 m2, lfd. Nr. 21, Flur c, Flurstück ..., Ackerland, V, 1.758 m2. Wegen der Einzelheiten des notariellen Kaufvertrags wird auf Bl. 5 ff. d. A. Bezug genommen.
Der vom Notar gestellte Genehmigungsantrag ging am 08.09.2020 bei der Genehmigungsbehörde ein. Mit Zwischenbescheid vom 05.10.2020 (Bl. 21 d. A.), dem Notar am 07.10.2020 zugestellt, verlängerte die Genehmigungsbehörde die Frist gemäß § 6 Abs. 1 GrdstVG um einen Monat auf zwei Monate.
Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gab die Beschwerdeführerin an, die Grundstücke als Unterstand für Honigbienen zur Bio-Imkerei und das Stallgebäude zur Zucht von Heidschnucken erwerben zu wollen.
Mit Bescheid vom 02.11.2020 lehnte die Genehmigungsbehörde die Erteilung der grundstücksverkehrsrechtlichen Genehmigung ab. Zur Begründung führte die Genehmigungsbehörde im Wesentlichen aus, dass der Veräußerung der landwirtschaftlichen Flächen an die Beschwerdeführerin der Versagungsgrund der ungesunden Verteilung von Grund und Boden gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG entgegenstehe. Die Beschwerdeführerin sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt als Nichtlandwirtin zu bewerten. Demgegenüber würden die Landwirte B aus Stadt1-Ortsteil1, D aus Stadt1-Ortsteil1 und Vorname1 F aus Stadt1-Ortsteil2 die Grundstücke dringend zur Aufstockung der Betriebsflächen und zur Steigerung der Leistungsfähigkeit sowie zur Erhöhung des Eigenlandanteils benötigen. Diese seien sowohl bereit als auch fähig, die Grundstücke zu den marktüblichen Konditionen zu erwerben. Wegen des genauen Inhalts und der Einzelheiten des Bescheids wird auf Bl. 22 ff. d. A. Bezug genommen.
Gegen den dem Notar sowie den Kaufvertragsparteien am 04.11.2020 zugestellten Bescheid hat die Beschwerdeführerin mit am 17.11.2020 beim Landwirtschaftsgericht eingegangenem Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten (Bl. 1 ff. d. A.) Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt, dass sie Studentin der Forstwirtschaften und Landwirtin im Nebenerwerb sei. Sie hat dazu behauptet, sie habe die verfahrensgegenständlichen Grundstücke erworben, um hier zunächst während des Studiums nebenerwerbsmäßig Landwirtschaft, nach Abschluss des Studiums vollerwerbsmäßig Forstwirtschaft und nebenerwerbsmäßig Landwirtschaft zu betreiben. Auf den Grundstücken wolle sie zunächst Bio-Imkerei betreiben und das Stallgebäude zur Zucht von grauen und weißen Heidschnucken verwenden. Bienen habe sie dazu bereits erworben. Weiter wolle sie auf den Grundstücken Blühstreifen errichten. Nach Ende der Blüte sollten dann die Grundstücke mit den Heidschnucken gepflegt werden. Da sie noch keinen Zugang zum Kaufgegenstand habe, habe sie bisher mit dem konkreten Betrieb nicht starten können. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landwirtschaftsgericht am 08.07.2021 hat sie ausgeführt, dass sie keinen profitablen Betrieb einrichten wolle, sondern alles für die Selbstversorgu...