Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachprüfung der vom Sachverständigen geltend gemachten Kosten
Leitsatz (amtlich)
1. Anlass zur Nachprüfung der vom Sachverständigen geltend gemachten Kosten besteht dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung außergewöhnlich hoch erscheint. Insoweit hat eine Plausibilitätsprüfung zu erfolgen.
2. Sachverständige haben in Kindschaftssachen vorab darauf hinzuweisen, dass die zu erwartenden Kosten voraussichtlich erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Verfahrensgegenstandes stehen.
3. Im Einzelfall hat eine Herabsetzung der zu erstattenden Kosten auf einen Betrag in Höhe des zweifachen Regelwertes in Kindschaftssachen zu erfolgen, welcher die Steuerlast noch hinzuzurechnen ist (= 9.520,- EUR).
Verfahrensgang
AG Bad Homburg (Beschluss vom 25.01.2022; Aktenzeichen 98 F 1179/20 UG) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Homburg v.d.H. vom 25.1.2022 wird die angefochtene Entscheidung abgeändert und die in der Gerichtskostenrechnung vom 10.9.2021, Kassenzeichen: ..., angesetzten Kosten werden nur in Höhe von 5.085,75 Euro erhoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Vater wendet sich gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts in dem zuletzt beim Amtsgericht Bad Homburg v.d.H. geführten Umgangsverfahren. Mit Schriftsatz vom 5.3.2020 begehrte die Mutter, das Umgangsrecht des Vaters mit der gemeinsamen Tochter V, geb. am XX.XX.2016, familiengerichtlich so zu regeln, wie es dem Wohl des Kindes entspricht. Die zunächst geschlossene Vereinbarung, wonach der Umgang des Vaters mit der Tochter aufgrund der zahlreichen Konflikte der Eltern durch Freunde der Eltern begleitet werden sollte, sei gescheitert. Eine professionelle Umgangsbegleitung sei erforderlich. Das zunächst angerufene Amtsgericht - Familiengericht - Bad Homburg v.d.H. hat das Verfahren an das Amtsgericht Stadt1 abgegeben. Dort war bereits ein Verfahren betreffend den Bruder von V, W, geb. am XX.XX.2011, anhängig. Das Amtsgericht Stadt1 hat die beiden Umgangsverfahren verbunden und den Kindern eine Verfahrensbeiständin bestellt. Im Anhörungstermin vom 15.5.2020 wies der Beistand des Vaters darauf hin, dass die Einholung eines psychologischen Gutachtens erforderlich erscheine. Die Frage der Einholung eines solchen Gutachtens wurde der sodann für den 16.6.2020 anberaumten Sitzung vorbehalten. In diesem Termin wurden die Beteiligten erneut angehört. Die Verfahrensbeiständin betonte, dass beide Kinder Verhaltensweisen aufzeigten, die auf einen tiefen Loyalitätskonflikt schließen ließen. Das Gericht wies sodann darauf hin, dass im Falle einer streitigen Fortsetzung ein Sachverständigengutachten einzuholen sein werde. Im Anschluss wurde laut Protokoll über mehrere Stunden hinweg versucht, eine einvernehmliche Regelung zu finden. Dies scheiterte. Der Vater teilte seine Auffassung mit, dass er weiterhin die Einholung eines familienpsychologischen Sachverständigengutachtens anstrebe. Die Beteiligten schlossen sodann einen "Zwischenvergleich", und das Gericht erließ am 16.6.2020 einen Beweisbeschluss. Im Kern sollte das Gutachten zur Frage der Beziehung der Eltern zu beiden Kindern, den Wünschen der Kinder an die Umgänge, der konkreten Ausgestaltung des Umgangs und zu etwaig belastendem Verhalten der Eltern Stellung nehmen. Die bestellte Sachverständige, Frau X, vom Y in Stadt2, wurde im Beweisbeschluss darum gebeten, für den Fall, dass sich Ansatzpunkte für die Möglichkeit der Herstellung eines Einvernehmens zwischen den Beteiligten ergeben sollten, sie hierauf hinwirken solle.
Am 8.12.2020 und nach Abschluss der Exploration, der Interaktionsbeobachtungen und der Diagnostik teilte die Sachverständige mit: "dass im oben genannten Gutachten voraussichtlich Kosten entstehen werden, die die durchschnittlichen Gutachterkosten (vgl. OLG Nürnberg, 11 WF 900/19) deutlich übersteigen werden. Um dem Anspruch eines Gutachtens mit einer langfristig tragfähigen Lösung gerecht zu werden, bei dem eine sensible und aufwändige Diagnostik sowie ein differenzierter Blick auf die Entwicklung der gegenwärtigen Dynamik notwendig ist, kann durch die besondere Familiensituation (verschiedene Lebensmittelpunkte der zwei Kinder), längere Anfahrtszeiten und damit einhergehend ein zeitlich eingeschränkter zeitlicher Rahmen für Explorationstermine von einem höheren zeitlichen und damit auch finanziellen Aufwand ausgegangen werden". Durch Beschluss vom 21.12.2020 wurde das Verfahren im Hinblick auf das beim Amtsgericht - Familiengericht - Bad Homburg v.d.H. anhängige Scheidungsverfahren nach dort abgegeben.
Für ihr 221 Seiten umfassendes Gutachten vom 26.4.2021 stellte die Sachverständige 22.988,02 Euro in Rechnung. Das Gutachten empfahl eine mentalisierungsbasierte Elternberatung und die Aufrechterhaltung der aktuell vereinbarten Umgangsregelung.
Im Term...