Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung eines Erbscheins. Testamentsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
Die Bestimmung der Bruchteile nach BGB § 2091 setzt voraus, dass im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung nicht festgestellt werden konnte, welche Anteile der Erblasser den einzelnen Miterben zuwenden wollte.
Normenkette
BGB § 2066 ff., § 2091
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 05.07.1993; Aktenzeichen 4 T 195/93) |
AG Eltville (Aktenzeichen VI M 25/92) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) bis 6) im Verfahren der weiteren Beschwerde etwa entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde beträgt bis 30.000 DM.
Gründe
Die im Alter von 80 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Durch notarielles Testament vom 6.2.1964 hatte sie hinsichtlich der Erbfolge nach ihr folgendes bestimmt:
„Ich setze meine Schwestern, nämlich
- …
- …
- …
zu je einem Drittel Anteil als meine Erben ein. Ersatzerben jeder meiner Schwestern sollen jeweils deren eheliche Kinder zu gleichen Teilen sein.”
Die drei Schwestern der Erblasserin sind vor verstorben. Theres hatte eine eheliche Tochter (… die auch vorverstorben ist und ihrerseits eine eheliche Tochter hat, nämlich die Beteiligte zu 6) (= Großnichte der Erblasserin). … hat einen ehelichen Sohn, den Beteiligten zu 5). … hat vier eheliche Kinder, die Beteiligten zu 1) bis 4).
Der Beteiligte zu 1) hat bei dem Nachlaßgericht unter dem 13.1.1993 einen Erbschein beantragt, demzufolge die sechs Beteiligten Erben zu je einem Sechstel seien. Die Beteiligte zu 6) ist diesem Antrag entgegengetreten und hat nunmehr unter dem 21.6.1993 beantragt, einen Erbschein dahingehend zu erteilen, daß sie und der Beteiligte zu 5) Erben zu je einem Drittel und die Beteiligten zu 1) bis 4) Erben zu je einem Zwölftel geworden seien.
Mit Beschluß vom 26.4.1993 hat das Nachlaßgericht angekündigt, einen Erbschein entsprechend dem Antrag des Beteiligten am 1) vom 13.1.1993 zu erteilen, falls dagegen nicht innerhalb von zwei Wochen Beschwerde eingelegt werde. Gegen diesen Beschluß hat die Beteiligte zu 6) unter dem 7.5.1993 Beschwerde eingelegt, deren Zurückweisung der Beteiligte zu 1) beantragt hat. Die übrigen Beteiligten haben sich – wie schon im Verfahren vor dem Nachlaßgericht – im landgerichtlichen Beschwerde verfahren nicht geäußert. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 5.7.1993 den amtsgerichtlichen Beschluß aufgehoben mit der Begründung, dem Testament vom 6.2.1964 sei eindeutig der Wille der Erblasserin zu entnehmen, daß die Einsetzung der Ersatzerben nicht nach Kopfteilen, sondern nach dem Stammesprinzip erfolgt sei. Hiergegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsatz vom 27.7.1993 eingelegte weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1), der meint, das Landgericht habe zu Unrecht die Vorschrift des § 2091 BGB nicht angewendet.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Der angefochtene Beschluß hält der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein möglichen rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO) stand.
Frei von Rechtsfehlern haben die Vorinstanzen im Wege der ergänzenden Testamentsauslegung (vgl. dazu Palandt/Edenhofer BGB 52. Aufl. § 2084 Rn. 8 f.) angenommen, daß an die Stelle der vorverstorbenen Ersatzerbin … als weitere Ersatzerbin das eheliche Kind dieser Nichte getreten ist. Diese Auslegung wird von der weiteren Beschwerde selbst nicht angezweifelt.
Als den weiteren Villen der Erblasserin hat das Landgericht im Gegensatz zum Nachlaßgericht festgestellt, daß die durch den Wegfall der vorverstorbenen drei Erstberufenen, den Schwestern der Erblasserin, zum Zuge gekommenen Ersatzerben den Nachlaß nicht nach Kopfteilen, sondern nach Stämmen zu teilen haben. Diese Erbfolge ist richtig angenommen.
Sind durch Testament mehrere Erben eingesetzt, die Erbteile aber nicht eindeutig bestimmt, so ist durch Auslegung zu ermitteln, welche Anteile der Erblasser den einzelnen Miterben zuwenden wollte. Nur wenn die Auslegung nicht zum Ziele führt, greift die ergänzende Regelung des § 2091 BGB ein, wonach die mehreren Erben zu gleichen Teilen eingesetzt sind (BayObLG FamRZ 1984, 825; 1986, 610; 1990, 1405 = NJW-RR 1990, 1419). Diese Vorschrift setzt voraus, daß die Erbanteile nicht bestimmt sind. Ihre Anwendung ist daher ausgeschlossen, soweit sich durch Auslegung des Testaments eine Bestimmung der Erbanteile durch den Erblasser feststellen läßt (Skibbe in MünchKomm-BGB 2. Aufl. § 2091 Rn. 3; Soergel/Loritz BGB 12. Aufl. § 2091 Rn. 4; Erman/Schmidt BGB 9. Aufl. § 2091 Rn. 1). Nur wenn trotz Auslegung des Testaments über die Größe der Erbanteile weder ausdrücklich oder mittelbar etwas bestimmt ist noch die Anwendung der Grundsätze der gesetzlichen Erbfolge sich aus der Heranziehung der §§ 2066 bis 2069 BGB oder sonst aus den Umständen ergibt, sieht die Ergänzungsregel des § 2091 BGB gleiche Erbanteile vor (Palandt/Edenhofer aaO § 2091 Rn. 1).
Die Auslegung des Landgeri...