Leitsatz (amtlich)
1. Das Umgangsverfahren i.S.v. § 1684 BGB ist ein Amtsverfahren.
2. In einem Amtsverfahren kommen Dispositionsakte der Beteiligten als Erledigungsereignisse nicht in Betracht, so dass es bei einer Erledigung im materiell-rechtlichen Sinne zum Abschluss des Verfahrens einer (formlosen) Feststellung des Gerichts bedarf, ohne an eine etwaige Erledigungserklärung der Beteiligten gebunden zu sein.
3. Die gesetzliche Kostenverteilung nach § 83 FamFG wegen einer Erledigung des Verfahrens durch Vergleich setzt im Umgangssachen das wirksame Zustandekommen eines gerichtlich gebilligten Vergleichs i.S.v. § 156 Abs. 2 FamFG voraus.
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.09.2012) |
Tenor
Der Beschluss des AG - Familiengericht - Frankfurt/M. vom 12.9.2012 wird abgeändert.
Die Kostenrechnung vom 6.6.2012 wird aufgehoben.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Im Ausgangsverfahren haben die Beteiligten unter dem 28.9.2010 eine Vereinbarung zum Umgang des Kindesvaters mit den beiden minderjährigen Kindern getroffen. Eine Kostenregelung enthält diese Vereinbarung nicht. Noch im selben Termin setzte das AG den Verfahrenswert auf 3.000 EUR fest. Die für beide Kinder mit dem erweiterten Aufgabenkreis i.S.v. § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG bestellte Verfahrensbeiständin machte darauf hin unter dem 1.7.2010 gegen die Staatskasse eine Vergütung i.H.v. 1.100 EUR geltend. Die Auszahlung dieses Betrages wurde am 15.10.2010 angeordnet.
Mit Kostenrechnung vom 6.6.2012 wurde gegenüber der Kindesmutter ein Betrag i.H.v. 572,25 EUR geltend gemacht, der sich aus den hälftigen Verfahrensgebühren (= 22,25 EUR) und den hälftigen Kosten des Verfahrensbeistandes (= 550 EUR) zusammensetzt. Gegen diesen Kostenansatz wendet sich die Kindermutter unter dem 4.7.2012. Mit der angegriffenen Entscheidung vom 12.9.2012 wies das AG die Erinnerung der Kindesmutter zurück. Gemäß § 83 Abs. 1 FamFG hätten die Beteiligten die Gerichtskosten jeweils zur Hälfte zu tragen. Auch die Höhe der festgesetzten Kosten sei nicht zu beanstanden.
Hiergegen wendet sich die Kindesmutter mit ihrer Eingabe vom 15.10.2012, mit der sie sinngemäß eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung sowie die Aufhebung der Kostenrechnung vom 6.6.2012 begehrt. Sie ist der Ansicht, § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG bestimme, dass die Vergütung des Verfahrensbeistandes stets von der Staatskasse zu zahlen sei, weshalb ihre Inanspruchnahme nicht statthaft sei. Zudem sei die festgesetzte Vergütung zu hoch.
Das AG half der als Beschwerde behandelten Eingabe durch Beschluss vom 27.11.2012 nicht ab. Die Bezirksrevisorin hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. II.
1. Das als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Kindesmutter ist gem. § 57 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 FamGKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die Beschwerde nicht an eine Frist gebunden (vgl. Hartmann, Kostengesetze, § 66 GKG Rz. 40 m.w.N.).
2. Die Beschwerde ist auch begründet. Die Erinnerung der Kindesmutter hätte zur Aufhebung der Kostenrechnung führen müssen. Zwar ist bisher weder dargetan noch ersichtlich, dass die Festsetzung der Kosten der Höhe nach zu beanstanden ist, was sich bereits aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung ergibt. Zu Recht geht das AG insbesondere davon aus, dass die Beschwerdeführerin mit dem Einwand der Schlechterfüllung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht gehört werden kann. Auch steht die Formulierung des § 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG, wonach die Vergütung des Verfahrensbeistandes stets aus der Staatskasse zu zahlen ist, einer Geltendmachung der von der Staatskasse an den Verfahrensbeistand ausgezahlten Vergütung gegenüber dem Kostenschuldner für die Gerichtskosten nicht entgegen, denn diese Beträge können als "Auslagen" des Verfahrens i.S.d. §§ 1 Satz 1, 3 Abs. 2 FamGKG in voller Höhe von der Staatskasse geltend gemacht werden (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 2013 der Anlage 1 Teil 2 des FamGKG). Es fehlt jedoch an einer Kostenhaftung der Beschwerdeführerin als Grundlage für die Geltendmachung von Kosten durch die Staatskasse. Insbesondere schuldet sie die Kosten nicht nach § 24 FamGKG.
a) Eine Haftung nach § 24 Ziff. 1 FamGKG scheidet aus, da der Beschwerdeführerin die Kosten nicht durch gerichtliche Entscheidung auferlegt sind. Auch hat sie die Kosten nicht nach § 24 Ziff. 2 FamGKG übernommen. Zu Unrecht geht das AG schließlich davon aus, dass die Beschwerdeführerin gem. § 83 Abs. 1 FamFG und damit kraft Gesetzes (vgl. § 24 Ziff. 3 FamGKG) für die Kosten des Verfahrens haftet.
aa) Nach § 83 Abs. 1 FamFG fallen die Gerichtskosten jedem Teil zu gleichen Teilen zur Last, wenn das Verfahren durch Vergleich erledigt wird und die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen haben. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt, denn die Beteiligten haben das Verfahren hier nicht in diesem Sinne "durch Vergleich erledigt".
(1) Die Erledigung eines Verfahrens durch Vergleich setzt voraus, dass es sich bei de...