Leitsatz (amtlich)
Setzt das LG nach Eingang der Klage durch Beschluss "den Streitwert" abweichend von der Angabe des Klägers (hier: weniger als 500 EUR), so ist dieser Beschluss weder im Bezug auf die Zuständigkeitsbeurteilung noch im Hinblick auf eine Festsetzung des Gebührenstreitwertes mit sofortiger Beschwerde anfechtbar.
Normenkette
GKG §§ 63, 67; RVG § 32 Abs. 2; ZPO § 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-05 O 450/05) |
Gründe
I. Der Kläger hat beim LG Klage mit einem auf 917,56 EUR bezifferten Zahlungsantrag und einem Feststellungsantrag eingereicht. Den Wert des Feststellungsantrages hat er mit 6.000 EUR angegeben. Das LG hat mit Verfügung vom 24.10.2005 darauf hingewiesen, dass gegen den angegebenen Wert des Feststellungsantrages Bedenken bestünden und bei einem niedrigeren Wert das AG zuständig wäre. Nach Stellungnahme des Klägers dazu hat es mit Beschluss vom 4.11.2005 den "Streitwert" auf 1.917,56 EUR (davon Feststellungsantrag 1.000 EUR) festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die von Klägervertreter eingelegte sofortige Beschwerde, in der nicht ausdrücklich angegeben ist, in wessen Namen oder Recht sie eingelegt wird und die das Ziel verfolgt, den Wert für den Feststellungsantrag auf 6.000 EUR festzusetzen.
II. Die sofortige Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen (§ 572 Abs. 2 ZPO). Gegen die vom LG mit dem angefochtenen Beschluss nach Eingang der Klage erfolgte (vorläufige) Festsetzung des Streitwertes der Klage ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.
1. Dem Kläger steht ein Beschwerderecht gegen diesen Beschluss nicht zu.
a) Dies gilt zunächst für den Fall, dass der angefochtene Beschluss dahin zu verstehen sein sollte, dass das LG mit ihm den Zuständigkeitsstreitwert nach den §§ 2 ff. ZPO festgesetzt hat, wofür der vorherige Hinweis auf die mögliche Zuständigkeit des AG spricht. Da über die sachliche Zuständigkeit des Gerichts durch Endurteil oder Zwischenurteil nach § 280 Abs. 2 ZPO zu entscheiden ist, hat ein solcher Beschluss lediglich die Funktion eines Hinweises und ist deshalb nicht selbständig anfechtbar. Anfechtbar ist erst die über die sachliche Zuständigkeit des Gerichts zu treffende Hauptsacheentscheidung, also etwa die durch Urteil erfolgende Abweisung der Klage mangels sachlicher Zuständigkeit (OLG Koblenz MDR 2004, 1309; Hartmann, Kostengesetze, 35. Aufl., § 62 GKG Rz. 1).
b) Sollte der Streitwertbeschluss so zu verstehen sein, dass das LG mit ihm ausschließlich vorläufig den Gebührenstreitwert nach § 63 Abs. 1 GKG festsetzen wollte, ist die mit dem Ziel der Erhöhung des Streitwertes eingelegte Beschwerde des Klägers schon mangels eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Im Übrigen ist ein Rechtsmittel dagegen schon nicht statthaft. Nach § 68 Abs. 1 GKG ist eine Beschwerde nur gegen die endgültige Streitwertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG statthaft. Einwendungen gegen die Höhe des vorläufig festgesetzten Wertes können nach § 63 Abs. 1 S. 2 GKG nur im Verfahren gegen die Anforderung des Vorschusses (§ 67 GKG) geltend gemacht werden (h.M., vgl. OLG Hamm v. 11.3.2005 - 2 WF 49/05, OLGReport Hamm 2005, 351 = MDR 2005, 1309; Hartmann, a.a.O., § 63 GKG Rz. 14).
2. Die Beschwerde ist auch dann nicht statthaft, wenn sie als eine Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers aus eigenem Recht (§ 32 Abs. 2 RVG) auszulegen ist.
a) Ist der angefochtene Beschluss dahin zu verstehen, dass das LG mit ihm den Zuständigkeitsstreitwert nach den §§ 2 ff. ZPO festgesetzt hat, so steht dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Rechtsmittel dagegen aus denselben Gründen wie dem von ihm vertretenen Kläger (oben 1. a)) nicht zu.
Nach überwiegend vertretener und auch zutreffender Ansicht eröffnet § 32 Abs. 2 RVG dem Anwalt grundsätzlich keine weitergehenden Beschwerdemöglichkeiten als sie nach den Vorschriften über Wertfestsetzungsverfahren der von ihm vertretenen Partei zustehen. Davon ist eine Ausnahme auch nicht für die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes gerechtfertigt (Pukall, in Mayer/Kroiß, RVG, 2004, § 32 Rz. 91; anderer Auffassung zu § 9 II BRAGO: OLG Bremen AnwBl. 1988, 71, OLG Bremen v. 1.7.1992 - 2 W 26/92, NJW-RR 1993, 191; unklar Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rz. 19). Zwar besteht ein eigenes (Gebühren)Interesse des Prozessbevollmächtigten an einer Abänderung des Zuständigkeitsstreitwertes.
Denn nach § 62 S. 1 GKG bestimmt, wenn nicht abweichende Wertvorschriften gelten, die Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes auch den Gerichtsgebührenstreitwert und daran anknüpfend über § 32 Abs. 1 RVG auch den Wert für die Gebühren des Rechtsanwaltes. Würde man deshalb aber dem Rechtsanwalt die Befugnis einräumen, aus eigenem Recht die informatorisch durch Beschluss erfolgte Festsetzung des Zuständigkeitsstreitwertes anzufechten, würde das von § 62 S. 1 ZPO verfolgte Ziel, eine unterschiedliche Festsetzung von Zuständigkeits- und Gebührenstreitwert zu vermeiden (BGHZ 59, 17, 18), unterlaufen. Eine Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das Beschwer...