Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt im freiwilligen sozialen Jahr
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unterhaltspflicht während des freiwilligen sozialen Jahres des Kindes
2. Kein Fortfall der gesteigerten Erwerbsobliegenheit des barunterhaltspflichtigen Elternteils bei guten Einkommensverhältnissen des betreuenden Elternteils, wenn dieser für ein weiteres gemeinsames, nicht privilegiertes volljähriges Kind aufkommt.
Normenkette
BGB §§ 1602-1603
Verfahrensgang
AG Kassel (Entscheidung vom 29.05.2017; Aktenzeichen 512 F 3598/16 UK) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Kassel vom 29. Mai 2017 für die Zeit ab September 2017 abgeändert.
Dem Antragsgegner wird aufgegeben, an die Antragstellerin Kindesunterhalt für den Sohn A, geboren am XX.XX.2000, von September 2017 bis Dezember 2017 in Höhe von monatlich 245 EUR und von der Zeit von Januar 2018 bis März 2018 in Höhe von monatlich 213 EUR zu zahlen.
Für die Zeit ab April 2018 wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird bis zur Teilantragsrücknahme am 15. September 2017 auf 4.653 EUR und danach auf 4.170 EUR festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Kindesunterhalt.
Die Beteiligten waren miteinander verheiratet und sind seit dem XX. Juli 2017 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe der Beteiligten sind die Kinder B, geboren am XX.XX.1998, und A, geboren am XX.XX.2000, hervorgegangen, die seit der Trennung beide im Haushalt der Antragstellerin leben.
B hat bis zum 31. August 2016 die Berufsfachschule (mit dem Ziel Beruf1) besucht, sie hat den Schulbesuch infolge einer Erkrankung unterbrochen und am 1. August 2017 erneut aufgenommen. A nahm zunächst bis Juni 2017 an einem Berufsvorbereitungsjahr teil, das er mit dem qualifizierten Hauptschulabschluss beendete. Ab dem 01. September 2017 absolviert er ein freiwilliges soziales Jahr beim (...) und erhielt monatliche Bezüge von September bis einschließlich November in Höhe von 300 EUR und ab Dezember 2017 in Höhe von 330 EUR.
Die Antragstellerin bewohnt gemeinsam mit den beiden Kindern eine Wohnung, die früher als Ehewohnung diente. Sie hat diese Wohnung nach der Trennung zu alleinigem Eigentum übernommen und hierfür verschiedenen Kredite aufgenommen, die sie monatlich mit insgesamt 566 EUR bedient (Kredite bei der Sparkasse1 über monatlich 31,33 EUR und 52,88 EUR - hierbei handelt es sich nur um Zinszahlungen -; Bausparverträge bei der X in Höhe von monatlich 66,34 EUR und 150 EUR, die jeweils an die Sparkasse1 abgetreten sind und später zur Tilgung der beiden Darlehen dienen sollen; Darlehen Familie C monatlich 68,88 EUR und Darlehen bei der Bank1 monatlich 196,75 EUR). Die Antragstellerin hat ferner ein Hausgeld in Höhe von 352 EUR monatlich zu zahlen. Der Wohnwert der Wohnung wird vom Antragsgegner - von der Antragstellerin insoweit unbestritten - mit 590 EUR angegeben.
Die Antragstellerin ist bei der Firma Y beschäftigt und erzielte im Jahr 2016 ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 1.843,85 EUR. Sie erhielt ferner eine Steuererstattung in Höhe von 1.156 EUR (monatlich 96 EUR), so dass sich ihr zugrunde liegendes Einkommen auf insgesamt 1.939 EUR monatlich belief. Unstreitig entstehen der Antragstellerin ferner Fahrtkosten in Höhe von 209 EUR. Die Antragstellerin macht ferner den Abzug eines weiteren Kredits bei der Bank2 mit monatlich 50,55 EUR als besondere Belastung geltend, dieses Darlehen hat sie zum Erwerb von Einrichtungsgegenständen am 20.02.2016 verwendet. Der Antragsgegner war nach der Trennung ursprünglich zu seiner neuen Lebensgefährtin nach Stadt1 verzogen und erzielte im Jahr 2016 dort bei der Firma Y ein durchschnittliches Nettoeinkommen in Höhe von 1.914,80 EUR. Er ist am 01.10.2017 erneut - diesmal nach ...deutschland - umgezogen und arbeitete dort vom 01.10.2017 bis 31.10.2017 mit 30 Stunden in der Woche wiederum bei Y. Er bezog dort ein Bruttoeinkommen von 2.032 EUR. Im November 2017 arbeitete der Antragsgegner an seinem neuen Wohnort bei der Firma D in Vollzeit und erzielte ein Bruttoeinkommen von 2.023 EUR monatlich. Ab Dezember 2017 arbeitete er wieder mit einer Stundenzahl von 30 Wochenstunden bei Y und mit einem Bruttoeinkommen von 2.032 EUR. Er hat insoweit ausgeführt, dass er voraussichtlich Ende nächsten Jahres bei Y in der Nähe seines Wohnortes eine Vollzeitbeschäftigung erhalten werde. Er lebt mit seiner neuen Lebensgefährtin zusammen, anfallende Kosten werden geteilt.
Der Antragsgegner hat monatliche Kosten für eine private Altersversorgung in Höhe von 50 EUR und bedient einen Kredit bei der Bank3 mit ursprünglich 167 EUR, ab März 2017 in Höhe von 187 EUR. Der Antragsgegner musste im Jahr 2016 Steuern nachzahlen in Höhe von insgesamt 354 EUR (29,50 EUR pro Monat). Der Antragsgegner macht als Abzugsposten ferner Kosten für ein Fitnessstudio in Stadt2 ...