Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit des Registergerichts für Vollstreckungshandlungen
Leitsatz (amtlich)
Wenn der Gläubiger keine konkrete Adresse der Schuldnerin angegeben hat, so kann sich allein aus dem Umstand, dass die Schuldnerin beim Handelsregister des AG Hamburg (Mitte) registriert wurde keine Zuständigkeit dieses Gerichts für Vollstreckungshandlungen ergeben, denn das AG Hamburg-Mitte ist aufgrund der Konzentrationsregelung der Hansestadt Hamburg für sämtliche Handelsregistersachen der Hansestadt Hamburg zuständig.
Normenkette
ZPO §§ 17, 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2, §§ 802, 802e, 802g
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-05 AR 2/19) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Das Amtsgericht Hamburg-Altona ist das zuständige Gericht.
Gründe
I. Der Gläubiger hat gegen die Schuldnerin beim Amtsgericht Frankfurt am Main den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt. Nach den Angaben des Gläubigers hat die Schuldnerin ihre Geschäftsadresse in der Straße1, ... Frankfurt am Main und ihren Sitz in Hamburg, eingetragen unter HRB ... beim AG Hamburg.
Auf Hinweis des Amtsgerichts Frankfurt am Main, dass eine hiesige Zuständigkeit wegen des abweichenden Geschäftssitzes in Hamburg nicht gegeben sei, hat der Gläubiger Verweisung an das AG Hamburg beantragt. Dem hat das Amtsgericht Frankfurt am Main durch Beschluss vom 7.1.2019 entsprochen und die Sache an das Amtsgericht Hamburg abgegeben.
Das Amtsgericht Hamburg (Mitte) - Vollstreckungsgericht - hat die Übernahme der Sache abgelehnt und sie gem. § 36 I Nr. 6 ZPO analog dem Landgericht Frankfurt am Main zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt. Zur Begründung hat das Amtsgericht Hamburg, das die o. g. Anschrift der Schuldnerin erstmals aktenkundig gemacht hat, ausgeführt, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts gem. § 13 ff ZPO nach dem allgemeinen Gerichtsstand der Schuldnerin und damit nach ihrem Sitz bestimme. Da in Hamburg nicht nur eines sondern acht Amtsgerichte existierten, deren Zuständigkeit sich nach den Straßen, in denen der Schuldner ansässig sei, richte und da sich der Sitz der Schuldnerin nicht aus dem Handelsregisterauszug ergebe, könne das zuständige Vollstreckungsgericht dort nicht zugeordnet werden.
Das Landgericht Frankfurt hat die Vorlage unter Verweis auf § 36 II ZPO an das Oberlandesgericht weitergeleitet.
Der Gläubiger hat sich zum Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nicht geäußert.
II. 1. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung des negativen Kompetenzkonflikts berufen, da das Amtsgericht Frankfurt am Main zuerst mit der Sache befasst war.
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung, die auf das vorliegende Zwangsvollstreckungsverfahren anwendbar sind (Zöller/Vollkommer, ZPO, 32. Auflage, § 36 Rn. 2 mwN), liegen vor. Das Amtsgericht Frankfurt am Main und das Amtsgericht Hamburg haben sich für örtlich unzuständig erklärt. Dass den jeweiligen Abgabeverfügungen nach § 828 Abs. 3 Satz 2 ZPO keine Bindungswirkung zukommt, steht im Hinblick auf den Normzweck des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO, einer Rechtverweigerung entgegenzuwirken, einer Bestimmung nicht entgegen.
2. Zuständiges Vollstreckungsgericht ist nach § 828 Abs. 2 ZPO "das Amtsgericht, bei dem der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat". Da es sich bei dem Schuldner vorliegend um eine juristische Person handelt, bestimmt sich der allgemeine Gerichtsstand nach § 17 ZPO. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 ist für rechtsfähige Gesellschaften deren Sitz maßgeblich. Dabei gilt der - hier in Frankfurt am Main liegende - Ort der Verwaltung nur dann als Sitz i. S. dieser Vorschrift, "soweit nichts anderes bestimmt ist". Für eine GmbH ist dieser Auffangtatbestand jedoch nicht anwendbar, da § 4a GmbHG ausdrücklich regelt, dass die Gesellschaft an dem Ort ihren Sitz hat, der im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist.
Ausweislich der Eintragung im Handelsregister ist dies Hamburg Sollte infolge der Änderung der Geschäftsanschrift / Verlegung der Verwaltungstätigkeit nach Frankfurt am Main zwischenzeitlich auch ein anderer Sitz bestimmt worden sein, so wäre diese Sitzverlegung mangels Eintragung ins Handelsregister jedenfalls noch nicht wirksam (§ 54 Abs. 3 GmbHG). Damit kommt mangels satzungsmäßigen Sitzes des Schuldners in Frankfurt am Main eine Zuständigkeit des dortigen Amtsgerichtes nicht in Betracht. Eine der Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO vergleichbare Vorschrift der Maßgeblichkeit des örtlichen Schwerpunktes der wirtschaftlichen Tätigkeit findet sich im Vollstreckungsrecht nicht.
Allerdings weisen der Gläubiger ebenso wie das Amtsgericht Hamburg-Mitte zutreffend darauf hin, dass es für den Sitzort "Hamburg" nicht nur ein einziges Amtsgericht gibt, und dass das Amtsgericht Hamburg lediglich gemeinsames Registergericht für Hamburg, nicht aber gemeinsames Vollstreckungsgericht ist. Ausweislich des Orts- und Gerichtsverzeichnisses ist das beim Amtsgericht Hamburg (Mitte)...