Leitsatz (amtlich)
Von der Verhängung des gesetzlichen Regelfahrverbotes kann bei der dritten Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb einer kurzen Zeit auch nicht unter dem Gesichtspunkt nachhaltiger wirtschaftlicher Existenzgefährdung (Kurierdienst mit Kfz) abgesehen werden.
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 980 OWi 26 Js-OWi 30241/01) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
Gegen den Betroffenen wird eine Geldbuße von 150, - DM verhängt. Ihm wird ferner untersagt, für die Dauer eines Monats Kraftfahrzeuge jeder Art im Straßenverkehr zu führen. Das Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft dieses Beschlusses (5. Dezember 2001).
Der Betroffene hat die Kosten der Rechtsbeschwerde einschließlich seiner notwendigen Auslagen zu tragen.
Zusätzlich angewendete Vorschrift: § 25 StVG.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat gegen den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit eine Geldbuße von 400, - DM festgesetzt. Die Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main rügt mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Rechtsbeschwerde die Nichtverhängung eines Fahrverbots. Das von der Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.
II.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts betreibt der Betroffene als selbständiger Unternehmer mit zwei ihm gehörenden Kraftfahrzeugen einen Kurierdienst. Die Fahrten führt er alle selbst aus. Mit Bußgeldbescheid vom 15. Juni 2000, rechtskräftig seit 8. Juli 2000, wurde gegen ihn wegen einer am 26. April 2000 begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung um 39 km/h eine Geldbuße in Höhe von 150, - DM festgesetzt. Mit Bußgeldbescheid vom 17. August 2000, rechtskräftig seit 5. September 2000, wurde gegen ihn wegen einer weiteren Geschwindigkeitsüberschreitung um 27 km/h, begangen am 21. Juli 2000, eine Geldbuße in Höhe von 80, - DM festgesetzt. Nach den Feststellungen in dem vorliegenden Verfahren hat der Betroffene als Führer des PKW . . . am 1. Juni 2001 um 15. 16 Uhr auf der . . . -Allee, Höhe . . . Straße, in F. die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h unter Berücksichtigung der Meßtoleranz um 31 km/h überschritten. Den Verzicht auf die Anordnung eines Fahrverbots unter Erhöhung der Geldbuße hat das Amtsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
"Es reichte jedoch nach Auffassung des Gerichts eine bloße Erhöhung des Bußgeldes zur Einwirkung auf den Betroffenen aus. Der Betroffene hat sich in der Hauptverhandlung geständig und einsichtig gezeigt. Er ist aus beruflichen Gründen auf seinen Führerschein angewiesen. Der Betroffene hat in der Hauptverhandlung glaubhaft dargelegt, daß er wegen der zu verzeichnenden finanziellen Belastungen weder einen Fahrer anstellen noch einen vierwöchigen Verdienstausfall verkraften könnte. Aus diesen Gründen hat der Betroffene auch jahrelang keinen Urlaub genommen. Die Inanspruchnahme von Urlaub während der Dauer eines einmonatigen Fahrverbots kommt deshalb auch jetzt nicht in Betracht. Eine solche scheidet auch deshalb aus, weil der Betroffen konkrete Befürchtungen hat, daß die Firma, für die er Kurierdienste als Subunternehmer leistet, sich dann nach einem anderen Vertragspartner umsehen würde. Eine weitere Aufnahme von Krediten ist nicht möglich, weil es bereits in der Vergangenheit Probleme mit der finanzierenden Bank gab und es auch schon zur Einleitung von Zwangsvollvollstreckungsmaßnahmen gekommen ist. "
III.
Die nach § 79 Abs. 1 Nr. 3 OWiG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Rechtsbeschwerde ist zulässig. Aufgrund der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde ist der Schuldspruch rechtskräftig. Wegen der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot wird der Rechtsfolgenausspruch von der Rechtsbeschwerde allerdings in vollem Umfang erfaßt.
Der Rechtsfolgenausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Zutreffend geht das Amtsgerichts zunächst davon aus, daß die in § 2 Abs. 2 S. 2 BKatV umschriebenen Voraussetzungen für die Anordnung eines sog. Regelfahrverbots gegeben sind, weil gegen den Betroffenen binnen Jahresfrist wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung von mindestens 26 km/h bereits eine Geldbuße rechtskräftig festgesetzt worden ist. Die Erfüllung dieses Tatbestands indiziert das Vorliegen eines groben Verstoßes im Sinne von § 25 Abs. 1 S. 1 StVG, der zugleich ein derart hohes Maß an Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, daß es regelmäßig der Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme eines Fahrverbots bedarf (vgl. BGHSt 38, 125, 134). Die Regelungen des § 2 Abs. 1, 2 BKatV sind verfasssungsgemäß (vgl. BVerfG NJW 1996, 1809).
2. Die Voraussetzungen für einen Ausnahmefall von dem Fahrverbot sind nicht gegeben.
Gründe für eine Minderung des sog. Erfolgs- und Handlungsunwerts sind weder ersichtlich noch dargetan. Auch unter dem Aspekt der Verhäl...