Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Ausgestaltung eines Umgangsrechts durch das FamG
Leitsatz (amtlich)
Das FamG darf sich nicht darauf beschränken, ein Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen und dessen Ausgestaltung einem Dritten zu überlassen. Vielmehr obliegt es dem FamG, selbst eine konkrete Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss. Die Regelung bedarf konkreter Anordnungen über die Ausgestaltung des Umgangs nach Ort, Zeit, Häufigkeit, Abholen oder Bringen der Kinder.
Normenkette
BGB § 1684
Verfahrensgang
AG Groß-Gerau (Aktenzeichen 71 F 1177/06) |
Gründe
Die Beteiligten streiten über den Umgang des Kindesvaters mit den beiden betroffenen minderjährigen Kindern. Die Beteiligten trennten sich im Jahr 1996, als die Kindesmutter mit der jüngeren Tochter schwanger war. Von 2002 bis zum Sommer 2005 kam es dann zu regelmäßigen Umgangskontakten zwischen dem Vater und beiden Kindern. Der Vater nahm die Kinder dabei auch mit auf Urlaubsreisen. Im Zuge von Auseinandersetzungen über die Unterhaltszahlungen des Kindesvaters im Anschluss an die Insolvenz seines damaligen Arbeitgebers kam es im Sommer 2005 zu einem Abbruch der Umgangskontakte, deren Wiederherstellung der Kindesvater nun begehrt.
Das AG - FamG - Groß-Gerau hat dem Kindesvater im angefochtenen Beschluss nach erfolgter Anhörung der Kinder, der Eltern und des zuständigen Jugendamts ein Umgangsrecht eingeräumt. Im Beschlusstenor heißt es:
"Zur Anbahnung des Umgangs wird den Parteien aufgegeben, sich direkt und unverzüglich an die O1 Vertretung des ... e.V. in O1, B-Str., zu wenden, mit den dortigen Mitarbeitern zum frühest möglichen Zeitpunkt einen Beratungstermin zu vereinbaren und deren Empfehlungen zuverlässig umzusetzen in der Weise, dass der Kindesvater mit den beiden Mädchen Umgang hat, zu den Zeiten und in der Weise, wie es den Empfehlungen des ... e.V. entspricht.
Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird den Parteien ein Ordnungsgeld bis zu 5.000 EUR angedroht."
Der Beschluss vom 31.7.2007 ist vom AG durch Beschluss vom 17.8.2007 dahingehend abgeändert worden, dass den Parteien aufgegeben wird, das Beratungsangebot des ... e.V. (D-Kreis), C-Str., O2, wahrzunehmen und dessen Empfehlungen umzusetzen.
Auf die Begründung des Beschlusses vom 31.7.2007 wird Bezug genommen.
Gegen den hier am 15.8.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 24.8.2007 Beschwerde eingelegt, welche sie mit Schriftsatz vom 14.9.2007, eingegangen am 17.9.2007, begründet hat. Sie wendet sich weiterhin gegen Umgangskontakte zwischen dem Vater und den beiden Kindern. Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Im Hinblick auf Bedenken gegen die Bestimmtheit und Vollstreckbarkeit des angefochtenen Beschlusses beantragt er hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuverweisen.
Die zulässige befristete Beschwerde führt in der Sache wegen eines schwerwiegenden Verfahrensverstoßes zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das AG Groß-Gerau zur erneuten Entscheidung.
Es entspricht ständiger Senatsrechtsprechung, dass sich das FamG nicht darauf beschränken kann, ein Umgangsrecht lediglich dem Grunde nach einzuräumen und dessen Ausgestaltung einem Dritten - hier dem ... e.V. O2 - zu überlassen. Vielmehr obliegt es dem FamG, selbst eine konkrete Umgangsregelung mit durchsetzbarem Inhalt zu treffen, die vollständig, vollziehbar und vollstreckbar sein muss. Die Regelung bedarf konkreter Anordnungen über die Ausgestaltung des Umgangs nach Ort, Zeit, Häufigkeit, Abholen oder Bringen der Kinder. Sofern ein begleiteter Umgang i.S.d. § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB bestimmt wird, muss sich das FamG zunächst vor seiner Entscheidung davon überzeugen, dass ein zur Mitwirkung bereiter Dritter vorhanden ist, und dann auch in diesem Punkt eine verbindliche und durchsetzungsfähige Regelung treffen (vgl. u.a. die Beschlüsse des OLG Frankfurt vom 14.1.1999 - 3 UF 309/98, FamRZ 1999, 617, v. 27.8.2001 - 3 UF 127/01 und v. 30.5.2006 - 3 UF 172/06; so auch OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.1.2007 - 17 UF 190/06, FamRZ 2007, 1682).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Beschluss nicht. Er überlässt die konkrete Ausgestaltung der Umgangskontakte dem ... e.V. O2, ohne dass diesem vom Gesetz eine irgendwie geartete Entscheidungskompetenz zugewiesen worden wäre (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Im Hinblick auf die auch vom FamG für notwendig erachtete behutsame Annäherung zwischen dem Vater und den Töchtern wäre es Aufgabe des FamGs gewesen, ggf. in Zusammenarbeit mit den übrigen Beteiligten, eine dezidierte Umgangsregelung zu erarbeiten.
Soweit das FamG den Eltern über die Anbahnung eines begleiteten Umgangs hinaus auch die Inanspruchnahme einer Beratung durch den ... e.V. O2 aufgegeben hat, findet dies im Gesetz keine Grundlage. Insbesondere kann eine solche Befugnis des Gerichts nicht aus § 1684 Abs. 2, Abs. 3 S. 2 BGB hergeleitet werden (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O., m....