Entscheidungsstichwort (Thema)

Barabfindung bei gekündigtem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Steht zum Bewertungsstichtag die Kündigung des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages während der Detailplanungsphase fest, so ist die in den Minderheitsaktionären gemäß § 327b AktG zu gewährende Barabfindung nicht allein anhand des Barwertes der im Unternehmensvertrag vorgesehenen Ausgleichszahlungen zu bestimmen. Es kommt nur eine anteilige Berücksichtigung in Betracht.

2. Zur Frage der marktorientierten Unternehmensbewertung bei einem gekündigten Unternehmensvertrag.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b; SpruchG § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 22.04.2014; Aktenzeichen 3-5 O 104/02)

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller zu 43) und 44), zu 45) und 46) und zu 47), 49) - 53) gegen den Beschluss des LG Frankfurt am Main vom 22.4.2014 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters der außenstehenden Aktionäre trägt die Antragsgegnerin. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Es handelt sich um ein Spruchverfahren nach einem Squeeze out und hierbei um ein Folgeverfahren des ebenfalls beim Senat seinerzeit anhängigen Verfahrens A AG u.a. gegen B GmbH nach Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages (Az. 21 W 26/13, AG 2015, 504).

Die Antragsteller waren Aktionäre der C AG (im Folgenden C AG), einer im General Standard des regulierten Marktes zugelassenen Gesellschaft, deren Grundkapital in Höhe von 14.745.449 EUR im Jahr 2009 in 14.745.449 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt war. Darüber hinaus wurden die C-Aktien im Freiverkehr der Börsen Berlin-Bremen, Hannover, Düsseldorf, Hamburg, München und Stuttgart gehandelt. Das Geschäftsjahr der C AG begann am 1.7. und endete am 30.6. des folgenden Kalenderjahres. Mit Beschluss der Hauptversammlung vom 19.11.2009 erfolgte die Anpassung an den Geschäftsjahrzyklus der B Gruppe vom 1.4. bis zum 31.3. des Folgejahres.

Unternehmensgegenstand der Gesellschaft war im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung die Herstellung und der Vertrieb von Software mit dem Schwerpunkt Sicherheitslösungen einschließlich Wahrung von Lizenzen, EDV -Beratung und Schulung sowie der Vertrieb dazugehöriger Hardware. Dem Unternehmensgegenstand entsprechend war die Geschäftstätigkeit der C AG in die Bereiche Data Protection (DP), Lawful Interception & Monitoring Solutions (LIMS) und Hardware Security Modules (HSM) untergliedert.

Am 3.11.2008 kündigten die Antragsgegnerin als Mehrheitsgesellschafterin und die C AG an, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließen zu wollen. Der am 10.2.2009 abgeschlossene Vertrag sah für die außenstehenden Aktionäre der C AG ein Barabfindungsangebot in Höhe von 14,13 EUR je Aktie und eine jährliche Ausgleichszahlung gemäß § 304 AktG in Höhe von 1,03 EUR brutto vor. Das Barabfindungsgebot beruhte auf dem Börsenwert, da dieser über dem ermittelten anteiligen Ertragswert in Höhe von 12,54 EUR lag. Dem Vertrag stimmte die Hauptversammlung der C AG am 23.3.2009 zu.

Die gewährten Kompensationszahlungen waren Gegenstand eines weiteren Spruchverfahrens. Das LG hatte in dem dortigen Beschluss vom 19.3.2013 nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme und der Anhörung der Vertragsprüferin sowie der Einholung eines Sachverständigengutachtens zu ausgewählten Fragen der Unternehmensbewertung die Anträge auf Zuerkennung einer höheren Barabfindung zurückgewiesen und den nach § 304 AktG zu zahlenden angemessenen Ausgleich auf 1,08 EUR brutto geringfügig erhöht. Im Beschwerdeverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 26.1.2015 (21 W 26/13, a.a.O.) die Ausgleichszahlung auf 0,93 EUR - vor Steuer - festgesetzt.

Mit Schreiben vom 14.2.2014 stellte die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin gegenüber dem Vorstand der C AG das Verlangen, über den Ausschluss der Minderheitsaktionäre gemäß §§ 327a ff AktG zu beschließen. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Antragsgegnerin mittelbar und unmittelbar über 14.008.225 Aktien der C AG.

Zur Feststellung der angemessenen Barabfindung nach § 327b Abs. 1 AktG hatte die Antragsgegnerin die D GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im folgenden D) mit der Erstellung einer Bewertung der C AG beauftragt. Auf der Grundlage dieser Unternehmensbewertung legte die Antragsgegnerin die den Minderheitsaktionären der C AG zu gewährende Barabfindung auf 16,- EUR fest, was nach Auskunft der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) vom 10.4.2012 (Bl. 913 d.A.) deren gewichteten durchschnittlichen Börsenkurs im Dreimonatszeitraum bis zur Bekanntgabe der Maßnahme am 14.2.2014 entsprach. Dieser Wert lag über dem von D ermittelten Ertragswert der C AG von 12,81 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf die gutachterliche Stellungnahme in dem Übertragungsbericht Bezug genommen.

Das LG Frankfurt am Main hat auf Antrag der An...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?