Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der Abfindung nach § 327b AktG

 

Leitsatz (amtlich)

Der Barwert der Ausgleichszahlung ist bei bestehendem Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag von maßgeblicher Bedeutung für die Höhe der nach § 327b AktG zu gewährenden Abfindung der ausgeschlossenen Minderheitsaktionäre.

 

Normenkette

AktG §§ 304, 327b; SpruchG § 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.05.2006)

 

Tenor

Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 3), 5), 9), 10), 13) und 14) werden zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 2.5.2006 abgeändert.

Die Anträge der Antragsteller werden zurückgewiesen.

Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters trägt die Antragsgegnerin. Die beschwerdeführenden Antragsteller haben jeweils zu gleichen Teilen die der Antragsgegnerin in dem Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Der Geschäftswert des Verfahrens vor dem Land- und vor dem OLG wird einheitlich auf 200.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Die Antragsteller waren Minderheitsaktionäre der A. (im Folgenden A. AG), einer damals u.a. an der Frankfurter Wertpapierbörse gehandelten Gesellschaft, deren Hauptaktionärin zuletzt mit einem Anteil von 99,4 % die Antragsgegnerin war und deren Aktien unter der Wertpapierkennnummer 767 700 zum amtlichen Handel zugelassen waren. Die Gesellschaft, die über ein Grundkapital i.H.v. 47.320 TEUR verfügte, war in allen Bereichen der Immobiliendienstleistungen tätig, wobei sie schwerpunktmäßig zum einen als Dienstleister bei der Entwicklung und Vermarktung von Immobilienprojekten fungierte und zum anderen das Immobilienportfolio der Antragsgegnerin verwaltete.

Zwischen der A. AG als beherrschter Gesellschaft und der Antragsgegnerin als herrschendem Unternehmen bestand seit Juni 1971 ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. In diesem Vertrag war zunächst eine Laufzeit von 30 Jahren vorgesehen. Durch eine Änderungsvereinbarung vom 31.1.2000 verkürzte sich die Laufzeit auf ein Jahr, die sich allerdings jeweils automatisch um ein Jahr verlängern sollte, sofern der Vertrag nicht sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres gekündigt würde. In dem (geänderten) Unternehmensvertrag war eine jährliche, feste Ausgleichszahlung i.H.v. 1,70 EUR brutto vereinbart. Die daneben vorgesehene Abfindungsverpflichtung war befristet und endete zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Vertrages im Handelsregister bekannt gemacht worden war. Von den Antragstellern nicht weiter angegriffen und von der Antragsgegnerin unterstellt wurde, dass der Ausgleich für das abgelaufene Geschäftsjahr jeweils zum Jahresende fällig werde, wobei nach Einlegung eines Rumpfgeschäftsjahres für den Zeitraum vom 1.10.2002 bis zum 31.12.2002 das Geschäftsjahr dem Kalenderjahr entsprach.

Am 22.9.2003 gab die Antragsgegnerin bekannt, dass sie die Durchführung eines Squeeze-out-Verfahrens gem. §§ 327a ff. AktG beabsichtige. Zu diesem Zweck beauftragte sie die B. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit der Ermittlung der Höhe der angemessenen Abfindung.

Im Rahmen des erteilten Auftrages errechnete die Wirtschaftsprüferin den Barwert der Ausgleichszahlungen und taxierte diesen auf 26,58 EUR. Ferner ermittelte sie unter Heranziehung des damals aktuellen Bewertungsstandards IDW S1 2000 bei unterstellter Beendigung des Unternehmensvertrages im Jahr 2004 einen Ertragswert der A. AG i.H.v. 25.517 TEUR und kam so unter Berücksichtigung nicht betriebsnotwendiger Liquidität und Beteiligungen an nicht operativ tätigen Gesellschaften zu einem Unternehmenswert von 46.830 TEUR, was bei der damaligen Stückzahl von 1.820.000 Aktien zu einem anteiligen Unternehmenswert von 25,73 EUR je Aktie führte. Überdies ermittelte sie einen Liquidationsnettoerlös i.H.v. 54.145 TEUR zum Bewertungsstichtag, was wiederum einen anteiligen Wert von 29,75 EUR beinhaltete, wobei ergänzend auf den zu den Akten gereichten Übertragungsbericht der Antragsgegnerin Bezug genommen wird.

Demgegenüber belief sich der nach § 31 Abs. 1 WpÜG i.V.m. § 5 WpÜG - AngebotsVO ermittelte gewichtete durchschnittliche Börsenkurs im Zeitraum vom 19.7.2003 bis 19.9.2003 auf 32,13 EUR und im Zeitraum vom 20.9. bis zum 21.11.2003 auf 38,76 EUR.

Da der durchschnittliche Börsenkurs drei Monate vor Bekanntgabe der unternehmerischen Maßnahme bei 32,13 EUR und damit über den drei anderen vorgenannten Werten, nämlich dem Barwert der Ausgleichszahlungen sowie dem anteiligen Ertrags- und Liquidationswert, lag, entschloss sich die Antragsgegnerin, die Barabfindung auf 33 EUR je Stückaktie festzusetzen.

Auf Antrag der Antragsgegnerin bestellte das LG die C. GmbH zur sachverständigen Prüferin gem. § 327c Abs. 2 Satz 2 AktG. Diese erachtete in ihrem Prüfbericht, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?