Verfahrensgang

LG Hanau (Beschluss vom 21.09.1992; Aktenzeichen 5 O 135/92)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluß des Landgerichts Hanau vom 21. September 1992 auf gehoben.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert der Beschwer der Klägerin betragt 22.533,70 DM.

 

Gründe

Das Landgericht hat gegen den Beklagten Versäumnisurteil in Höhe von 22.533,70 DM erlassen. Die Urkunde von 23.7.1992 über die Zustellung des Versäumnisurteils an den Beklagten ist von dem die Zustellung vollziehenden Postbediensteten mit

unterzeichnet worden. Den am 7.8.1992 bei Gericht eingegangenen Einspruch des Beklagten gegen das Versäumnisurteil hat das Landgericht durch Beschluß wegen Verspätung als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, der Einspruch sei rechtzeitig erfolgt, da die Einspruchsfrist mangels wirksamer Zustellung des Versäumnisurteils nicht in Lauf gesetzt worden sei.

Die nach §§ 341 Abs. 2, 577 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Einspruch gegen das Versäumnisurteil ist rechtzeitig eingelegt, da das Urteil dem Beklagten am 23.7.1992 nicht wirksam zugestellt wurde und damit die Einspruchsfrist nicht zu laufen begann (vgl. § 339 Abs. 1 ZPO).

Die nach §§ 212 Abs. 1, 195 Abs. 2 ZPO von dem Postbediensteten Ober dis Zustellung aufzunehmende Urkunde muß nach § 191 Nr. 7 ZPO seine Unterschrift enthalten. Fehlt sie, so liegt keine wirksame Zustellung vor (BGH NJW 1981, 874, 875). Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Unterschrift ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug zu verlangen, der sich nicht nur als Namenskürzel (Paraphe, Handzeichen) darstellt, sondern charakteristische Merkmale einer Unterschrift mit vollem Namen auf weist und die Nachahmung durch einen Dritten zumindest erschwert. Es reicht aus, daß jemand, der den Namen des Unterzeichnenden und dessen Unterschriften kennt, den Namen aus dem Schriftbild herauslesen kann (BGH NJW 1988, 713; NJW 1987, 1333, 1334; NJW 1985, 1227; NJW 1982, 1467).

Diesen Anforderungen genügt das von dem Postbediensteten K. unter die Zustellungsurkunde vom 23.7.1992 gesetzte Schriftzeichen nicht. Es stellt sich nach seinem gesamten Erscheinungsbild nicht als wenngleich unleserlicher, so doch den vollen – immerhin aus sieben Buchstaben bestehenden – Nachnamen des Bediensteten repräsentierender Schriftzug dar, sondern lediglich als Namensabkürzung in Form eines Handzeichens. Hieran vermag die Erklärung des Zustellers, es handle sich bei dem Zeichen um kein Namenskürzel, sondern er unterschreibe immer so, nichts zu ändern. Abgesehen davon, daß der Schriftzug, mit dem er seine vom Senat eingeholte dienstliche Äußerung unterzeichnet hat, sich von dem auf der Zustellungsurkunde befindlichen Zeichen durch verstärkte individuelle Ausformung unterscheidet, kann es nicht allein darauf ankommen, was der Unterzeichnende selbst als seine Unterschrift gelten lassen will. Denn andernfalls müßten auch auf Laune oder Gewohnheit beruhende willkürliche Zeichen als Unterschrift anerkannt werden. Das wäre aber mit der Sicherheit im Rechtsverkehr nicht vereinbar (BGH NJW 1959, 734).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Der wert der Beschwer der Klägerin ist nach §§ 568 a, 546 Abs. 2 ZPO festgesetzt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1340681

NJW 1993, 3079

ZBB 1994, 63

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