Entscheidungsstichwort (Thema)
Adoptivkinder als durch den Begriff des Abkömmlings eingesetzte Testamentserben; Fassung des Nacherbenvermerks in diesem Fall
Leitsatz (amtlich)
1. Beruft der Erblasser ausdrücklich die Abkömmlinge seiner leiblichen Kinder als Nacherben, so umfasst dies mangels konkreter Anhaltspunkte für einen davon abweichenden Erblasserwillen jedenfalls auch solche als Volljährige an Kindes Statt angenommenen Adoptivkinder, die mit den Wirkungen einer Minderjährigenadoption (§ 1772 BGB) adoptiert worden waren.
2. Zur Fassung des Nacherbenvermerks bei noch offenem Kreis der als Nacherben berufenen Abkömmlinge des Erblassers
3. Setzt der Erblasser mehrere Vorerben ein, muss der Erbschein nicht darauf hinweisen, dass der Erblasser einem der Vorerben einen Vermögensgegenstand (hier: Betriebsvermögen) als Vorausvermächtnis zugewendet hatte.
Normenkette
BGB §§ 1772, 2084, 2100; FamFG § 352b
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.03.2023; Aktenzeichen ...) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die Bezeichnung der Verfahrensbeteiligten wird in Übereinstimmung mit den erstinstanzlichen Bezeichnungen dahin klargestellt, dass es sich bei dem Antragsteller um den Beteiligten zu 1) und bei der Beschwerdeführerin um die Beteiligte zu 2) des Verfahrens handelt.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die zur Erteilung des von dem Beteiligten zu 1) mit notariellem Antrag vom 12.04.2022 in Verbindung mit den Klarstellungen aus dem Schriftsatz des Beteiligten zu 1) vom 07.08.2022 hilfsweise beantragten Teilerbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beteiligten zu 2) auferlegt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf die Wertstufe bis 110.000,00 EUR.
Gründe
I. Der Erblasser ist mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in Stadt1 dort am XX.XX.1986 verstorben.
Bei dem Beteiligten zu 1) und seinem am XX.XX.2002 vorverstorbenen Bruder Vorname1 Vorname2 Nachname1 handelt es sich um die einzigen Abkömmlinge des Erblassers.
Mit notariellem Testament vom 19.12.1978 (UR-Nr. ... des Notars A, Stadt1) ordnete der Erblasser u.a. folgendes an:
Ich setze meine beiden Söhne Vorname3 Nachname1 und Vorname1 Nachname1 als Vorerben je zur Hälfte ein.
Nacherben jeder meiner beiden Söhne sollen zu gleichen Teilen die Abkömmlinge meiner beiden Söhne Vorname1 und Vorname3 zu gleichen Teilen ##KURSIV-A##≪in der Originalurkunde gestrichen≫ sein.##KURSIV-E##
Ferner setzte der Erblasser zugunsten der beiden Ehefrauen der Söhne im Falle eines Todes der Söhne als Vermächtnis jeweils unentgeltliche Wohnrechte zu ihren Gunsten aus. Des Weiteren wurde dem Beteiligten zu 1) als Vorausvermächtnis das von dem Erblasser betriebene Baugeschäft zugewendet.
Das seinerzeit eingereichte Nachlassverzeichnis (Bl. 22 ff. der Testamentsakte) hat einen Reinwert des Nachlasses von 400.853,00 DM ausgewiesen.
Im Zeitpunkt des Todes des Erblassers waren die Beteiligte zu 2) sowie ihre Brüder Vorname4 Nachname1 und Vorname5 Nachname1 als Abkömmlinge des sodann nachverstorbenen Bruders des Beteiligten zu 1) vorhanden.
Der Bruder ist bei seinem Ableben am XX.XX.2002 gemäß Erbschein vom 18.04.2002 (Bl. 10 der Testamentsakte Vorname1 Vorname2 Nachname1, Amtsgericht Stadt1 ...) zu 1/2 von seiner überlebenden Ehefrau und zu je 1/6 von der Beteiligten zu 2) und ihren Geschwistern beerbt worden.
Der Beteiligte zu 1) hat gemäß Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Frankfurt am Main vom 07.04.2022 (... bzw. ..., Bl. 7 ff d.A.) die einer früheren Beziehung seiner Ehefrau entstammenden, im Zeitpunkt der Adoption 58 bzw. 59 Jahre alten Stiefkinder Vorname6 Nachname2, geb. Nachname1 sowie Vorname7 Nachname2-Nachname1, geb. Nachname1 mit den Wirkungen der Annahme eines Minderjährigen adoptiert.
Mit notariell beurkundetem Antrag vom 12.04.2022 (Bl. 2 ff. d.A.) hat der Beteiligte zu 1) dargelegt, dass nach dem Tod seines Bruders in Bezug auf dessen Hälfte der Nacherbfall eingetreten sei, wobei die zum Todeszeitpunkt vorhandenen Abkömmlinge des Beteiligten zu 1) Nacherben des Erblassers zu je 1/3 geworden seien. In Bezug auf die ihm, dem Beteiligten zu 1) zustehende Hälfte sei der Nacherbfall noch nicht eingetreten. Als Nacherben seien seine in dem Erbscheinsantrag benannten beiden Adoptivkinder anzusehen.
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt, ihm als Vorerbe des Erblassers einen Erbschein unter namentlicher Benennung seiner beiden Adoptivkinder als Nacherben nach seinem Tod auszustellen.
Die Beteiligte zu 2) ist dem Erbscheinsantrag entgegengetreten. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der in dem Testament mit "Abkömmlinge" der Söhne des Erblassers umschriebene Kreis der Nacherben des Erblassers auch Adoptivkinder des Beteiligten zu 1) umfassen solle, wie dies mit dem von dem Beteiligten zu 1) beantragten Nacherbenvermerk geltend gemacht worden sei. Der Erblasser habe vielmehr bei fami...