Entscheidungsstichwort (Thema)

Anordnung des Verbleibens bei den Pflegeeltern aus Gründen des Kindeswohls

 

Normenkette

BGB § 1632 Abs. 4

 

Verfahrensgang

AG Melsungen (Beschluss vom 03.03.2010; Aktenzeichen 56 F 931/09 HK)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG Melsungen vom 3.3.2010 wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; die Verfahrensbeteiligte zu 1) hat die außergerichtlichen Kosten der übrigen Verfahrensbeteiligten zu erstatten.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. X wurde am ... 2005 als nichteheliches Kind der Verfahrensbeteiligten zu 1) geboren. Möglicher Vater ist Y aus Stadt1. X blieb zunächst im Haushalt der Mutter. Nachdem es zu ersten Schwierigkeiten bei der Erziehung des Kindes im Haushalt der Mutter bzw. der Großmutter gekommen war, wurde das Kind Ende ... 2006 vom Jugendamt des ...-Kreises in Obhut genommen. In einer Anhörung vor dem AG Melsungen am ... 2006 erklärte sich die Mutter bereit, einem Erziehungshilfeangebot des Jugendamtes nachzukommen und wurde schließlich im ... 2006 in eine Mutter-Kind-Einrichtung in Stadt2 aufgenommen; zuvor war das Kind in einer Bereitschaftspflegestelle untergebracht worden. Anfang ... 2007 verließ die Mutter jedoch die Einrichtung und brach die Maßnahme ab. Ihren Sohn ließ sie dort zurück, der wieder in einer Bereitschaftspflegestelle aufgenommen und schließlich am ... 2007 in der Pflegefamilie Z untergebracht wurde, wo er sich bis heute befindet. In einem persönlichen Brief an das Jugendamt vom ... 2007 begründete die Mutter ihren Schritt damit, dass sie mit ihrem Sohn nicht klarkomme und keine feste Beziehung zu ihm aufbauen könne.

Eine Sorgerechtsübertragung durch eine gerichtliche Entscheidung hat nicht stattgefunden.

Vielmehr kam es im Dezember 2007 zu einem von der Mutter veranlassten Verfahren, gezielt auf Regelung des Umgangsrechtes und auf Durchführung eines Vermittlungsverfahrens. In diesem Verfahren holte das AG ein kinderpsychologisches Gutachten über den Verbleib des Kindes und den Umgang mit der Mutter ein. Der Sachverständige SV1 sprach sich in seinem Gutachten vom 13.2.2009 dafür aus, das Kind in der Pflegefamilie zu belassen, vor allem, weil die Bindung zwischen Mutter und Sohn nicht als besonders positiv, tief und eng eingeschätzt werden könnten. Er empfahl die Fortführung von Besuchskontakten, jedoch ohne eine Übernachtung.

Im vorliegenden Verfahren streben die Pflegeeltern eine Verbleibensanordnung gem. § 1632 Abs. 4 BGB an.

Das AG hat den Sachverständigen angehört und ihn sein Gutachten mündlich erläutern lassen.

Durch den angefochtenen Beschluss, auf dessen Gründe zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das AG angeordnet, dass X in der Pflegefamilie verbleibt.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1) mit ihrer Beschwerde. Sie beruft sich vor allem darauf, dass eine erneute Exploration durch den Gutachter nötig gewesen wäre, da das Gutachten zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem AG bereits über ein Jahr alt gewesen sei. Der Sachverständige habe außerdem die Sachlage völlig verkannt, wenn er jetzt empfehle, den Umgang wegen der Spannungsverhältnisse mit Pflegefamilie und Jugendamt auszusetzen. Außerdem müsse besonders berücksichtigt werden, dass sich ihre persönlichen Verhältnisse wesentlich stabilisiert hätten. Sie erziehe ein weiteres Kind beanstandungsfrei. Die Verhaltensweisen, die ihr angelastet würde, lägen mehr als ... Jahre zurück. In diesem Zeitraum sei nichts vorgefallen, was ihr auch nur ansatzweise anzulasten wäre. Sie habe seit mehr als zwei Jahren den Versuch unternommen, die Beziehung zu X aufzubauen. Außerdem müsse berücksichtigt werden, dass X bei ihr in einer intakten Ehe mit einem Halbgeschwisterchen aufwachsen würde.

Sie strebt daher die Aufhebung der Verbleibensanordnung und die Herausgabe des Kindes an sich an.

Die übrigen Verfahrensbeteiligten verteidigen den angefochtenen Beschluss.

II. Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Im Interesse des Kindeswohles hat die Verbleibensanordnung zunächst weiter zu bestehen. Die Voraussetzungen hierfür nach § 1632 Abs. 4 BGB sind immer noch gegeben.

Ebenfalls zur Vermeidung von Wiederholungen bezieht sich der Senat auf die umfassende und überzeugende Begründung im angefochtenen Beschluss. Das AG hat erschöpfend und zutreffend die für die Verbleibensanordnung maßgeblichen Erwägungen angestellt, durchaus gesehen, dass sich die persönlichen Verhältnisse der Mutter verbessert haben, hält jedoch bei einer Herausnahme des Kindes aus der Pflegefamilie, in der es jetzt ... Jahre lebt, eine Kindeswohlgefährdung für äußerst wahrscheinlich. Es hat sich damit an die Entscheidung des BVerfG vom 31.3.2010 (FamRZ 2010, 865) gehalten. In dieser Entscheidung wird betont, dass das Wohl des Kindes immer den Richtpunkt bildet, so dass dieses bei Interessenkonflikten zwischen dem Kind und seinen Eltern letztlich bestimmend sein muss. Wenn sich ein K...

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