Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anfechtung der Entscheidung nach § 33 a StPO
Leitsatz (amtlich)
Eine Beschwerde gegen jedwede Entscheidung nach § 33 a StPO ist unstatthaft. (Auffassung der bisherigen Rspr. des Senats; NStZ-RR 2002, 306; 2003, 79; 2005, 238).
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; StPO §§ 33a, 304 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 12.10.2010; Aktenzeichen 5/05 Ns 133/10 3340 AR 302135/10 NS) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten (§ 473 Abs. 1 StPO) als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Die Strafkammer hat mit Beschluss vom 12.10.2010 die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bad Homburg vom 15.07.2010 gemäß §§ 313 Abs. 2 S. 2, 322a StPO wegen offensichtlicher Unbegründetheit als unzulässig verworfen.
Dagegen erhob der Angeklagte "sofortige Beschwerde", mit der er die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil ihm trotz entsprechenden Gesuchs keine Akteneinsicht gewährt worden sei, um die Berufung zu begründen. Der Senat hat mit Beschluss vom 07.10.2010 das Rechtsmittel als Anhörungsrüge nach § 33a StPO umgedeutet, da der Beschluss des Landgerichts gemäß § 322a S. 2 StPO unanfechtbar ist, und die Sache an das Landgericht zur Entscheidung zurückgegeben.
Nachdem der Verteidigerin des Angeklagten Akteneinsicht gewährt worden war und diese die Berufung begründet hatte, erging der angefochtene Beschluss vom 29.04.2011. Die Kammer entschied, dass es bei der Entscheidung vom 12.10.2010 verbleibt und die weiteren Ausführungen des Angeklagten nicht zu einer Aufhebung führen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten, mit der er geltend macht, die Kammer habe erneut seinen Anspruch auf rechtliches Gehör missachtet, weil sie seinen Vortrag - und angeblich zur Akte gelangte Schriftstücke - nicht zur Kenntnis genommen habe, wie sich aus der Begründung der Entscheidung ergebe.
II. Die sofortige Beschwerde ist unzulässig, denn sie ist unstatthaft.
Gegen die Entscheidung der Strafkammer vom 29.04.2010 im Verfahren nach § 33a StPO ist die Beschwerde nicht eröffnet.
Ob im Nachverfahren gemäß § 33a StPO die Beschwerde nach § 304 StPO gegen die Verwerfung oder Zurückweisung eines Antrags auf Nachholung rechtlichen Gehörs statthaft ist, ist umstritten.
Zum Teil wird danach differenziert, ob im Nachverfahren eine sachliche Überprüfungsentscheidung getroffen wurde oder ob das Gesuch nach § 33a StPO aus formellen Gründen abgelehnt wird (vgl. nur Meyer-Goßner, 54. Aufl., § 33a Rdnr. 10 m.N.).
Es besteht weitgehende Einigkeit, dass bei einer sachlichen Überprüfungsentscheidung im Nachverfahren gemäß § 33a StPO eine Beschwerde grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. Graalmann-Scheerer in : Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 33a Rdnr. 26 m.N.), denn das Rechtsmittel liefe bei Statthaftigkeit derartiger Rügen auf eine inhaltliche Nachprüfung der (neuerlichen) Sachentscheidung und damit im Ergebnis auf die Zulassung einer nach dem Gesetz (§ 310 StPO) gerade nicht eröffneten weiteren Beschwerde hinaus.
Die heute wohl überwiegende Meinung hält eine Beschwerde gegen eine Entscheidung nach § 33a StPO dann für zulässig, wenn das Gericht eine nachträgliche Gewährung rechtlichen Gehörs oder eine Änderung der Entscheidung aus formellen Gründen ablehnt, d.h. gerade keine sachliche Überprüfungsentscheidung im Nachverfahren trifft (vgl. KG StraFo 2007, 241 m.w.N.; a.A. auch in diesen Fällen: OLG Celle NJW 1968, 1391). Der Senat hat bisher vertreten, dass ein Fehler im Verfahren nach § 33a StPO, namentlich ein - hier vom Angeklagten geltend gemachter - erneuter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG die Beschwerde auch bei erneuter Sachentscheidung eröffnet (Senat NStZ-RR 2005, 238).
Der Senat schließt sich nunmehr unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. NStZ-RR 2002, 306; 2003, 79; 2005, 238) der Auffassung des OLG Celle (aaO.) und des 2. Strafsenats des OLG Frankfurt/M. (Beschluss vom 21.01.2009 - 2 Ws 193/08) an, nach der eine Beschwerde gegen jede Entscheidung im Verfahren nach § 33a StPO unstatthaft ist.
Die Vorschriften über die Sicherung des rechtlichen Gehörs (§§ 33a, 311a, 356a StPO) wollen einem Beschuldigten in Fällen, in denen es gegen Entscheidungen eines Gerichtes keinen (weiteren) fachgerichtlichen Rechtsbehelf gibt, Gelegenheit zu einer Remonstration gegen die ohne Gewährung vorherigen rechtlichen Gehörs ergangenen Entscheidungen geben. Den Gerichten soll damit eine Gelegenheit zur Selbstkontrolle ihrer fachgerichtlich nicht durch eine weitere Instanz überprüfbaren Entscheidung gegeben werden, weil es unter Verletzung des Grundrechts nach Art. 103 Abs. 1 GG Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und geprüft hat.
Eine solche Selbstkontrolle der eigenen Entscheidung stellt damit eine Art Annexentscheidung zur ursprünglichen unanfechtbaren Entscheidung dar, nicht jedoch eine neue, originäre Erstentscheidung. Deshalb kann auch die allgemeine Vorschrift des § 304 Abs. 1 StPO - nach der gerichtliche Entscheidungen mit der Beschwerde anfechtbar sind, sowei...