Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.05.1996; Aktenzeichen 33 C 36147/94-27) |
AG Frankfurt am Main |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht im Ergebnis nicht auf einer Verletzung des Gesetzes (§§ 10 III S. 5 u. 6 BRAGO, 550 ZPO).
Die Vorinstanzen haben entschieden, daß sich der Gegenstandswert für die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Räumungsvollstreckung einer Mietwohnung auch nach der Neufassung des § 57 II BRAGO durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 nach dem einjährigen Mietzins bemißt. Dieses Ergebnis ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Vor der Neufassung des § 57 II BRAGO war diese Wertfestsetzung einhellige Praxis. Nunmehr sehen sich aber etliche Gerichte und Teile des Schrifttums wegen der Einfügung der Bewertungsregel, daß sich in der Zwangsvollstreckung der Gegenstandswert nach dem Wert der herauszugebenden Sache bestimme, gehindert, an dieser Praxis festzuhalten. Sie meinen, nur noch an den Verkehrswert des herauszugebenden Objekts anknüpfen zu dürfen. Diese Auffassung kann zu einer Erhöhung auf etwa den 15- bis 17-fachen Gegenstandswert und damit zu einer erheblichen Gebührenvermehrung in der Räumungsvollstreckung führen (so u.a. OLG Karlsruhe, MDR 1996, 860 = JurBüro 1996, 362 = NJW-RR 1996, 778 ff = Rpfleger 1996, 375 ff = DGVZ 1996, 89; OLG Koblenz, Rechtspfleger 1996, 375 ff = MDR 1996, 859 = JurBüro 1996, 361, jeweils mit weiteren Nachweisen). Andere Gerichte wiederum, darunter auch die Vorinstanzen, stellen weiter nicht auf den Verkehrswert des Mietobjekts, sondern auf den Kostenwert des § 16 Abs. 2 GKG für Miet- und ähnliche Nutzungsobjekte ab (so u.a. KG, Rpfleger 1996, 359 ff = JurBüro 1996, 364 mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand; OLG Zweibrücken MDR 1996, 858), wobei hier der Schwerpunkt der Argumentation darauf liegt, daß keine Absicht des Gesetzgebers erkennbar geworden sei, künftig auf die soziale Komponente des § 16 Abs. 2 GKG zu verzichten.
Dieser Auffassung schließt sich der Senat im Ergebnis an. Allerdings stellt der Senat dabei nicht in erster Linie darauf ab, daß der Gesetzgeber keine Absicht hat erkennen lassen, kostentreibend tätig zu werden, denn die fehlende Äußerung einer solchen Absicht allein könnte nicht über einen klaren anderweitigen Wortlaut hinweghelfen. Ob ein solcher Verstoß gegen die Auslegungsregeln aber die im Schrifttum vorab vorgebrachte Warnung rechtfertigen kann, der Weg zum GKG sei nur noch „contra legem am Rande der Rechtsbeugung möglich” (Donnerbauer, Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 – Wundersame Gebühren Vermehrung in der Räumungszwangsvollstreckung, WuM 1994, 597) mag dahinstehen. Der Senat teilt die Ansicht der Gegenmeinung, daß der Wortlaut der neu eingefügten Bemessungsregel bei der Räumungsvollstreckung keine andere Auslegung zulasse, nämlich nicht.
Der Wortlaut ist keineswegs so eindeutig, daß nur eine Auslegung im Sinne der Gegenmeinung möglich wäre. Deren Ansicht beruht darauf, daß der Begriff „Wert der herauszugebenden Sachen” mit dem Verkehrswert gleichgesetzt wird, weil die Materialien erkennen lassen, daß der Gesetzgeber eine abschließende Wertregelung zur Herausgabevollstreckung hat schaffen wollen. Der Senat verkennt auch nicht, daß unter Wert einer Sache üblicherweise der Verkehrswert verstanden wird. Die gesetzliche Vorgabe zwingt aber jedenfalls hinsichtlich der Räumungsvollstreckung von Wohnraum nicht zu dem Schluß, der Begriff „Wert” sei hier mit Verkehrswert gleichzusetzen. Dies ist vielmehr eine Begriffsverengung, die den häufigsten Anwendungsfall der Räumungsvollstreckung, nämlich der Räumung einer Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus, gar nicht erfaßt, weil es aus Rechtsgründen für die bloße Mietwohnung gar keinen Verkehrswert geben kann. Unter Verkehrswert wird allgemein der bei einer Veräußerung erzielbare Preis verstanden (vgl. Palandt-Diederichsen, Bürgerliches Gesetzbuch, 55. Aufl. 1996, § 1376 Rn 1). Für die einzelne Mietwohnung ist ein Verkaufspreis aber nicht zu erzielen, da das Bürgerliche Gesetzbuch Eigentum an realen Gebäudeteilen nicht zuläßt, mithin auch keinem Käufer Eigentum an der einzelnen Mietwohnung verschafft werden kann. Vom Verkehrswert im Sinne von Veräußerungswert der einzelnen zu räumenden Mietwohnung ließe sich allenfalls dann sprechen, wenn eine Umwandlung in Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz wenigstens möglich wäre, was bekanntlich von vielfachen Voraussetzungen abhängt. Das bedeutet, zum Verkehrswert kann man in „diesen Fällen nur kommen, wenn man die Räumungsvollstreckung aus einer Mietwohnung so behandelt, als ob es um die Herausgabe einer Eigentumswohnung gehe. Weder der Wortlaut der Bewertungsregel des § 57 II BRAGO noch deren Entstehungsgeschichte zwingen aber zu der Annahme, daß sich der Gesetzgeber die Wertbemessung nach einem solch fiktiven W...