Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren in der Zwangsvollstreckung
Verfahrensgang
Tenor
1. Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 353,62 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Gläubiger betreibt gegen den Schuldner aus einem gerichtlichen Vergleich die Zwangsvollstreckung auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung. Das Amtsgericht hat den Gegenstandswert der von den Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers im Zwangsvollstreckungsverfahrens entfalteten anwaltlichen Tätigkeit entsprechend dem einjährigen Mietwert der Wohnung auf 4.440,– DM festgesetzt. Auf die dagegen fristgerecht eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers hat das Landgericht den angefochtenen Beschluß bestätigt. Mit ihrer – zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgen die Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers ihre bereits in den Vorinstanzen vertretene Rechtsauffassung weiter, der Gegenstandswert für ihre Rechtsanwaltsgebühren sei nach dem Verkehrswert des zu räumenden Objekts zu bemessen.
Entscheidungsgründe
II.
Die fristgerecht eingelegte weitere Beschwerde ist in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 10 Abs. 3 Satz 2 bis 5 BRAGO, 569 Abs. 1 und 2 ZPO). In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
Die Wertfestsetzung der Vorinstanzen hält der im Verfahren der weiteren Beschwerde allein möglichen (vgl. §§ 10 Abs. 3 Satz 6 BRAGO, 550, 551 ZPO) rechtlichen Überprüfung stand.
Nach der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen vom 24. Juni 1994 (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 – KostRÄndG, BGBl. I, 325) herrschenden Praxis wurde bei der Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung der Gegenstandswert für die im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens anfallenden Rechtsanwaltsgebühren gemäß § 16 Abs. 2 GKG auf die Höhe des für die Dauer eines Jahres zu entrichtenden Mietzinses bemessen (vgl. dazu Hansens, BRAGO 8. Aufl. § 57 Rdn. 16; Stein-Jonas/Roth, ZPO 21. Aufl. § 8 Rdn. 19; ablehnend Ahlemeier/Pautz DGVZ 1990, 38, 39, jeweils m.w.N.). Begründet wurde dies damit, auch das mit der Räumungsvollstreckung verbundene Tätigwerden des Rechtsanwalts gegenüber dem Gerichtsvollzieher rechne zum gerichtlichen Verfahren i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO a.F. (vgl. dazu in der früheren Kommentarliteratur Hartmann, Kostengesetze 24. Aufl. § 8 BRAGO Anm. 2. A; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 11. Aufl. § 8 Rdn. 2; Riedel-Sußbauer/Fraunholz, BRAGO 6. Aufl. § 8 Rdn. 5 und Riedel-Sußbauer/Keller a.a.O. § 57 Rdn. 19).
Seit Inkrafttreten von § 57 Abs. 2 BRAGO in der für den hier zu entscheidenden Fall maßgebenden Fassung des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 wird die Bestimmung des Gegenstandswertes für Anwaltsgebühren im Verfahren der Zwangsvollstreckung zur Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandelt. Zum Teil wird die Meinung vertreten, nach neuem Recht sei allein auf den Verkehrswert der herauszugebenden Sache abzustellen (vgl. etwa LG München JurBüro 1995, 482, bestätigt durch OLG München Beschluß vom 24. März 1995 – 21 W 1088/95; AG Sinzig JurBüro 1995, 482; wohl auch Zöller/Herget, ZPO 19. Aufl. § 3 Rdn. 16 Stichwort: „Zwangsvollstreckung”). Anderer Ansicht zufolge ist auch nach der Neufassung von § 57 Abs. 2 BRAGO an den Grundsätzen festzuhalten, die bislang für die Räumungsvollstreckung gegolten haben (vgl. etwa LG Köln DGVZ 1995, 153; LG Münster MDR 1995, 1269; Mümmler JurBüro 1995, 453; wohl auch Hansens aaO).
Mit den Vorinstanzen folgt der Senat der letztgenannten Auffassung.
Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, daß § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO n.F. keine gegenüber dem früheren Rechtszustand abweichende Bemessung des Streitwerts für die bei der Zwangsvollstreckung zur Räumung einer Mietwohnung anfallenden Rechtsanwaltsgebühren gebietet. Der Gegenmeinung ist zwar zuzugeben, daß mit dieser Vorschrift, soweit sie bei der Herausgabevollstreckung den Wert der zu leistenden Sache für maßgebend erklärt, eine abschließende Regelung geschaffen werden sollte (vgl. BT-Drucks 12/6962 S. 105; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 12. Aufl. § 57 Rdn. 29; Hartmann, Kostengesetze 26. Aufl. § 57 BRAGO Rdn. 54; wohl auch Riedel-Sußbauer/Keller, BRAGO 8. Aufl. § 57 Rdn. 21). Letzten Endes ist dies dem Gesetzgeber jedoch nicht gelungen. Bei einer an Zweckmäßigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen orientierten Auslegung von § 57 Abs. 2 Satz 1 BRAGO n.F. kann nicht angenommen werden, daß der Gesetzgeber mit der vorgenommenen Änderung derart weitreichende Konsequenzen verbinden wollte, wie sie sich ergeben, wenn man die Vorschrift entsprechend ihrem unmittelbaren Wortlaut auf den Fall der Zwangsvollstreckung wegen der Räumung und Herausgabe von Mietwohnraum anwendet. Mit Re...