Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertbeschwerde: Beschwer der Partei bei Festsetzung zu niedrigen Streitwerts
Leitsatz (amtlich)
Eine Partei wird durch die Festsetzung eines zu niedrigen Streitwerts regelmäßig nicht beschwert.
Normenkette
GKG § 68
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 19.07.2023; Aktenzeichen 9 O 206/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Streitwertbeschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 19. Juli 2023 in Verbindung mit dem Beschluss vom 10. August 2023 über die Nichtabhilfe wird als unzulässig verworfen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Kläger haben mit der Klage begehrt, die "Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 19. November 2021, Az. ..., für unzulässig zu erklären" (Antrag zu 1). Zugleich haben sie die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs begehrt (Antrag zu 2).
Das Landgericht hat mit Urteil vom 12. Juli 2023 der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.
Mit dem nunmehr angegriffenen Beschluss vom 19. Juli 2023 (Bl. 117 d. A.) hat das Landgericht den Streitwert auf "bis EUR 500,00" festgesetzt. Zur Begründung hat das Landgericht u. a. ausgeführt, auf der Grundlage der Inaugenscheinnahme des Zauns seien die voraussichtlichen Kosten aller geforderten Maßnahmen auf bis EUR 500,00 zu schätzen. Ein "Arbeitsanfall über 5 Stunden" komme nicht in Betracht.
Mit der am 6. August 2023 beim Landgericht eingegangenen Streitwertbeschwerde vom selben Tage (Bl. 126 ff. d. A.) hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger "namens der Kläger" Beschwerde eingelegt und beantragt,
den "Streitwert für das Verfahren auf EUR 1.800,- heraufzusetzen".
Zur Begründung haben die Kläger u. a. die Ansicht vertreten, das Landgericht habe bei der Streitwertfestsetzung das Interesse der Beklagten an der Beseitigung unberücksichtigt gelassen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 6. August 2023 (Bl. 126 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10. August 2023 (Bl. 130 f. d. A.) nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.
Auf die Nachfrage des erkennenden Einzelrichters vom 25. August 2023 (Bl. 135 d. A.), ob es sich bei der Streitwertbeschwerde um ein Rechtsmittel der Kläger oder um ein Rechtsmittel der Prozessbevollmächtigten der Kläger handele, hat die Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Anwaltsschriftsatz vom 4. September 2023 (Bl. 139 d. A.) klargestellt, dass es sich bei der Beschwerde um ein Rechtsmittel der Kläger handelt.
II. Die ausdrücklich "namens der Kläger zu 1, 2 und 3" eingelegte Beschwerde vom 6. August 2023 (Bl. 126 ff. d. A.) gegen die Festsetzung des Streitwertes im Beschluss des Landgerichts Wiesbaden vom 19. Juli 2023 (Bl. 126 ff. d. A.) ist bereits unzulässig und daher zu verwerfen. Die Kläger sind durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert.
Eine Partei wird nämlich durch die Festsetzung eines zu niedrigen Wertes grundsätzlich nicht beschwert (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12.02.1986 - IVa ZR 138/83 -, NJW-RR 1986, 737; Beschluss vom 29.10.2009 - III ZB 40/09 -, BeckRS 2009, 86436; Beschluss vom 20.12.2011 - VIII ZB 59/11 -, WuM 2012, 114; Beschluss vom 20.03.2018 - VIII ZR 191/17 -, juris; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.08.2019 - 8 W 36/19 -, NJOZ 2020, 767; Touissant, in: ders. (Hrsg.), Kostengesetze, 53. Aufl. 2023, § 68 GKG, Rdnr. 9; Schneider, in: ders./Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 3. Aufl. 2021, § 68, Rdnr. 33). Besondere Umstände, die eine Beschwer der Kläger wegen der ihrer Ansicht nach zu niedrigen Streitwertfestsetzung möglicherweise begründen könnten (etwa der Abschluss einer Honorarvereinbarung, auf Grund derer sich die Partei einer Honorarforderung ausgesetzt sieht, welche die gesetzlichen Gebühren aus dem festgesetzten Streitwert übersteigt, vgl. zum Beispiel OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.2005 - 5 W 13/05 -, MDR 2006, 297; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 13.08.2009 - 6 W 182/08 -, juris) sind weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich. Insbesondere kann eine Partei die Streitwertbeschwerde nicht dazu nutzen, durch die Erhöhung des Streitwerts das finanzielle Risiko der Gegenpartei an der Prozessführung zu steigern (vgl. BGH, Beschluss vom 29.10.2009 - III ZB 40/09 -, BeckRS 2009, 86436; Beschluss vom 20.12.2011 - VIII ZB 59/11 -, WuM 2012, 114; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.08.2019 - 8 W 36/19 -, NJOZ 2020, 767).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 68 Abs. 3 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 15941459 |
FA 2023, 274 |
JurBüro 2023, 592 |
AGS 2023, 569 |