Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Versagung der Verfahrenskostenhilfe für Stufenantrag zum Kindesunterhalt wegen Mutwilligkeit
Verfahrensgang
AG Rüdesheim (Beschluss vom 12.05.2016; Aktenzeichen 1 F 266/16) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Der Antragstellerin wird Verfahrenskostenhilfe für das Kindesunterhaltsverfahren (Stufenantrag) insgesamt bewilligt und Rechtsanwalt X beigeordnet. Zahlungsraten werden nicht festgesetzt.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§§ 1 FamGKG, 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt Verfahrenskostenhilfe für einen Stufenantrag zum Kindesunterhalt. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind miteinander verheiratet. Sie haben zwei gemeinsame Kinder. Sie leben derzeit in Trennung. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 05.06.2013 auf, zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs über seine Einkünfte Auskunft zu erteilen. Mit Schreiben des damaligen Bevollmächtigten legte der Antragsgegner lediglich eine Einnahmen-Ausgabenrechnung vor.
Mit Schriftsatz vom 07.04.2016 machte die Antragstellerin einen Stufenantrag zum Kindesunterhalt anhängig und beantragte gleichzeitig Verfahrenskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung. Das AG erließ eine VKH-Erstverfügung unter dem 11.04.2016, die am 13.04.2016 ausgeführt wurde. Der Antragsgegner erkannt mit Schriftsatz vom 25.04.2016, eingegangen am 27.04.2016, die Auskunftsstufe unter Verwahrung gegen die Kostenlast an. Gleichzeitig reichte der Antragsgegner verschiedene Belege zur Akte.
Das AG erließ ein Teil-Anerkenntnis-Beschluss unter dem 12.05.2016.
Durch den angefochtenen Beschluss versagte das AG der Antragstellerin die für das Stufenantragsverfahren zum Kindesunterhalt beantragte Verfahrenskostenhilfe wegen Mutwilligkeit des Antrages. Begründet wurde dies damit, dass es die Antragstellerin versäumt habe, den Antragsgegner vorgerichtlich zur Auskunftserteilung aufzufordern. Da der Antragsgegner den Auskunftsanspruch sofort anerkannt hat, sei anzunehmen, dass er sich auch vorgerichtlich der Auskunftserteilung nicht verschlossen hätte. Eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei, hätte die gerichtliche Hilfe erst nach einer erfolglosen vorgerichtlichen Aufforderung zur Auskunftserteilung in Anspruch genommen. Zudem ergebe sich aus den vorgelegten Dokumenten, dass eine Leistungsunfähigkeit auf Seiten des Antragsgegners vorliege. Auch deshalb sei der Stufenantrag mutwillig.
Mit der sofortigen Beschwerde legt die Antragstellerin dar, dass sie den Antragsgegner vorgerichtlich auf Auskunft in Anspruch genommen habe, nämlich in 2013, weshalb der Antragsgegner bereits in Verzug gewesen sei. Inwiefern Leistungsunfähigkeit anzunehmen sei, könne erst nach einer vollumfänglichen Auskunft beurteilt werden.
Der sofortigen Beschwerde half das AG nicht ab mit der Begründung, die Aufforderung aus dem Jahre 2013 spiele bei der Beurteilung der Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung keine Rolle, weil es versäumt wurde, zeitnah weitere Maßnahmen zu ergreifen.
II. Die Beschwerde ist zulässig. In der Sache führt sie zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das beantragte Stufenantragsverfahren.
Die begehrte Verfahrenskostenhilfe kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass diese mutwillig sei. Gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO setzt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe u.a. auch voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint.
Nach der Legaldefinition des § 114 Abs. 2 ZPO ist die Rechtsverfolgung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
Durch die Definition des Merkmals der Mutwilligkeit, die mit dem Gesetz zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31.8.2013 (BGBl. I S. 3533) mit Wirkung vom 1.1.2014 in die Zivilprozessordnung eingefügt worden ist, soll dessen eigenständige Bedeutung betont und gesetzlich klargestellt werden. Die Bestimmung knüpft an den vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung vorgegebenen Maßstab an (BT-Drucks. 17/11472 S. 24). In den Gesetzesmaterialien heißt es dazu, es sei nicht Aufgabe der Prozesskostenhilfe, auf Kosten der Allgemeinheit Rechtsstreitigkeiten zu ermöglichen, die eine Partei, die den Prozess selbst finanzieren müsste, bei besonderer Einschätzung der Prozesschancen und -risiken nicht führen würde (BT-Drucks. 17/11472 S. 29). Die Formel werde in der Praxis seit langem angewandt; sie habe sich bewährt. Sie gebe den Gerichten ausreichend präzise, jedoch gleichzeitig flexible Kriterien für die vorzunehmende Bewertung vor (BT-Drucks. 17/13538 S. 26).
Diese Erwägungen gehen mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts einher, wonach Unbemittelte im Rahmen des Art...