Leitsatz (amtlich)
Erforderlichkeit der Übersetzung von Schriftsätzen
Normenkette
JVEG § 11 Abs. 1 S. 3; ZPO § 91 Abs. 1, §§ 103-104, 794 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Marburg (Beschluss vom 12.05.2020; Aktenzeichen 2 O 196/18) |
Tenor
Soweit ein Beschluss einen vollstreckbaren Inhalt hat, ist er grundsätzlich mit seinem Erlass Kraft Gesetzes und nicht erst aufgrund richterlicher Anordnung vollstreckbar.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin und Beschwerdeführerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 12. Mai 2020 in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 12. August 2020 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit von Übersetzungskosten.
Das Landgericht Marburg wies mit Beschluss vom 23. Dezember 2019 (Bl. 178 ff. d. A.) den Antrag der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) zurück, die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils des Corte d'appello di Milano n. 3450/17 vom 19. Juli 2017, des Urteils n. 14624 vom 22. Dezember 2015 und des Zahlungsbefehls (decreto ingiuntivo) n. 35286/2014 vom 15. Juli 2014 des Tribunale di Milano zu versagen. Zugleich legte es der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens auf.
Die gegen diesen Beschluss erhobene Beschwerde der Antragstellerin vom 3. Februar 2020 hat der Senat mit Beschluss vom 30. März 2020 zurückgewiesen (Bl. 219 ff. d. A.). Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin Rechtsbeschwerde erhoben, die derzeit unter dem Aktenzeichen IX ZB 23/20 beim Bundesgerichtshof anhängig ist.
Die Antragsgegnerin hatte mit einem bereits am 14. Januar 2020 beim Landgericht Marburg eingegangenen Anwaltsschriftsatz beantragt, gegen die Antragstellerin Kosten in Höhe von insgesamt EUR 4.076,40 festzusetzen (Bl. 185 ff. d. A.). Darin enthalten waren Übersetzungskosten in Höhe von EUR 2.434,00. Die Übersetzung sei für eine ordnungsgemäße Verteidigung unerlässlich gewesen. Es seien nur die für die Verteidigung wesentlichen Unterlagen übersetzt worden (Schriftsätze der Parteien, Beschluss des Landgerichts vom 2. Januar 2020). Gerichtliche Verfügungen und Anlagen hingegen seien nicht übersetzt worden.
Auf Nachfrage des Landgerichts stellte die Antragsgegnerin mit Anwaltsschriftsatz vom 22. Januar 2020 (Bl. 191 d. A.) klar, dass die Übersetzungen kanzleiintern vorgenommen worden seien.
Die Antragstellerin ist der Festsetzung der geltend gemachten Übersetzungskosten mit Anwaltsschriftsatz vom 9. Februar 2020 entgegengetreten (Bl. 202 d. A.).
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 12. Mai 2020 hat das Landgericht die zu erstattenden Kosten antragsgemäß in Höhe von EUR 4.076,40 festgesetzt (Bl. 237 d. A.). Der Kostenfestsetzungsbeschluss wurde dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 18. Mai 2020 zugestellt (Bl. 240 d. A.).
Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 30. Mai 2020, die per Fax am 31. Mai 2020 beim Landgericht eingegangen ist und mit der die Berücksichtigung der Übersetzungskosten angegriffen wird. Die Antragstellerin macht u. a. geltend, der Beschluss des Landgerichts Marburg vom 23. Dezember 2019, auf dem der Kostenfestsetzungsbeschluss fuße, sei infolge der erhobenen Rechtsbeschwerde nicht rechtskräftig. Zudem sei der Beschluss auch nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt worden. Überdies seien die Übersetzungskosten nicht oder zumindest nicht in der angegebenen Höhe von EUR 2.434,00 zu ersetzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Anwaltsschriftsatz vom 30. Mai 2020 Bezug genommen (Bl. 242 ff. d. A.).
Die Antragsgegnerin hat zur sofortigen Beschwerde mit Schriftsatz vom 30. Juni 2020 Stellung genommen (Bl. 268 ff. d. A.). Sie verteidigt den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 12. August 2020 nicht abgeholfen (Bl. 322 f. d. A.).
II. 1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß den §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 11 Abs. 1 RPflG statthaft. Der erforderliche Beschwerdewert ist überschritten (§ 567 Abs. 2 ZPO), und das Rechtsmittel wurde form- und fristgerecht eingelegt (§ 569 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO).
2. In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.
Das Landgericht hat die geltend gemachten Übersetzungskosten nach Grund und Höhe zu Recht als erstattungsfähig festgesetzt. Es handelt sich um Kosten, die im Streitfall zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Antragsgegnerin notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine im Ausland ansässige Prozesspartei in einer Rechtsform des italienischen Rechts. Dass die mit den in Rede stehenden Verträgen und ihrer Abwicklung bei der Antragsgegnerin befassten Personen der deutschen Sprache in ausreichendem Maße - auch bezogen auf juristische Fachbegriffe - mächtig sind, ist we...