Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 29.08.2008; Aktenzeichen 2-27 O 116/08) |
Tenor
1. der Antrag der Beklagten, dass Vorbehaltsurteils des LG ... - 27. Zivilkammer - vom 29.8.2008 in Abänderung des Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckung nicht für vorläufig vollstreckbar zu erklären, als unstatthaft verworfen.
2. der Antrag der Beklagten, die Vollstreckung aus dem Vorbehaltsurteil des LG ... - 27. Zivilkammer - vom 29.8.2008 einstweilen einzustellen, zurückgewiesen.
Gründe
I. Das LG .... hat mit Vorbehaltsurteil vom 29.8.2008 die Beklagte zur Zahlung von 255.645,94 EUR an die Kläger als Gesamtgläubiger verurteilt und die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Mit Ergänzungsurteil vom 17.10.2008 hat das LG den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit um die Befugnis der Beklagten, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten, ergänzt. Einen Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO hatte die Beklagte erstinstanzlich nicht gestellt.
Gegen das ihr am 3.9.2008 zugestellte Vorbehaltsurteil hat die Beklagte am 10.9.2008 Berufung eingelegt und Vollstreckungsschutz gem. § 712 Abs. 1 ZPO dahin gehend beantragt, den Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aufzuheben und das Urteil des LG für nicht vollstreckbar zu erklären. Mit Schriftsatz vom 20.10.2008 hat die Beklagte "falls das Gericht den Antrag gem. § 712 ZPO nicht für tunlich erachtet" beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des LG Frankfurt am Main einstweilen einzustellen. Die Beklagte hat die Berufung innerhalb der gesetzlichen Frist bis 3.11.2008 nicht begründet.
II.1. Der erstmals in der Berufungsinstanz gestellte Vollstreckungsschutzantrag gem. § 712 ZPO ist unstatthaft und deshalb - in entsprechender Anwendung des § 522 Abs. 1 ZPO (OLG Frankfurt, OLGR 1994, 106) - ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zu verwerfen.
Ob ein in erster Instanz unterlassener Antrag gem. § 712 ZPO in zweiter Instanz nachgeholt werden darf (über den dann durch Teilurteil nach § 718 Abs. 1 ZPO vorab zu entscheiden wäre) ist in Rechtssprechung und Literatur streitig. Während eine Auffassung dies insb. im Hinblick auf das praktische Bedürfnis bei nachträglicher Änderung der Sachlage zulassen will (Münzberg in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 714 Rz. 4; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 714 Rz. 3; OLG Stuttgart MDR 1998, 858 f.; OLG Bamberg FamRZ 1990, 184), lehnen andere die Nachholung des in erster Instanz versäumten Schutzantrages in der Berufungsinstanz vehement ab (Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 714 Rz. 1; Musielak/Lackmann, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 714 Rz. 2; Münchener Kommentar/Krüger, ZPO, 3. Aufl. 2007, § 714 Rz. 2; OLG Frankfurt OLG R 1994, 106; KG MDR 2000, 478).
Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Schon aus dem klaren, eine andere Deutung nicht zulassenden Wortlaut des § 714 ZPO folgt, dass der Antrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt sein muss, auf die das Urteil ergeht, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt. Aus § 718 ZPO kann - entgegen der insb. von Münzberg in Stein/Jonas, a.a.O. geäußerten Auffassung - insoweit nichts anderes hergeleitet werden, weil diese Bestimmung eine fehlerhafte Entscheidung der ersten Instanz voraussetzt (Musielak/Lackmann, a.a.O.; Münchener Kommentar/Krüger, a.a.O.). Die Vorabentscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit dient dazu, eine erstinstanzlich fehlerhafte Vollstreckbarkeitsentscheidung vor der zweitinstanzlichen Sachentscheidung zu korrigieren. An einer in zweiter Instanz überprüfbaren Entscheidung fehlt es aber, wenn der Antrag gem. § 712 ZPO in erster Instanz nicht gestellt worden ist.
Die Gegenauffassung würde zu einer durch keinen erkennbaren Grund gerechtfertigten Besserstellung der Partei führen, die es verabsäumt hat, rechtzeitig in der Instanz einen Antrag nach den §§ 710, 712 ZPO zu stellen. Während nämlich im Hinblick auf das in den §§ 716, 321 ZPO geregelte Ergänzungsverbot die Partei, deren erstinstanzlich gestellten Vollstreckungsschutzanträge übergangen worden sind, zur Wahrung ihrer Rechte die Urteilsergänzung binnen der in § 321 ZPO bestimmten Frist beantragen muss, ist die Partei, die in der ersten Instanz die Schutzanträge verabsäumt hat, in der Nachholung an keine Fristen gebunden.
Auch fordert kein praktisches Bedürfnis, besonders bei nachträglicher Änderung der Sachlage, die Nachholung von Anträgen nach den §§ 710, 712 ZPO in der Berufungsinstanz zuzulassen. Den berechtigten schutzwürdigen Interessen des Schuldners wird durch die Möglichkeit einer Einstellung der Vollstreckung nach den §§ 719, 707 ZPO Rechnung getragen. Zwar wird nicht verkannt, dass dem Schuldner ein Antrag nach § 712 ZPO weitergehende Rechte bringt. So können Anordnungen nach § 712 ZPO über die Berufungsinstanz hinweg dauern, ist der Ausschluss der Vollstreckbarkeit nach § 712 Abs. 1 Satz 2 Z...