Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde gegen nicht gebotene Streitwertsetzung im Ordnungsmittelverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Setzt das Landgericht zu Unrecht einen Gebührenstreitwert fest, obwohl die Voraussetzungen für eine Festsetzung nach dem Gerichtskostengesetz nicht gegeben waren, führt der sich daraus ergebende Rechtsschein und die Möglichkeit einer nachteiligen Auswirkung auf die Festsetzung der außergerichtlichen Kosten zu einer Beschwer, die zur Aufhebung der Wertfestsetzung durch das Beschwerdegericht Anlass geben kann.

 

Normenkette

GKG § 63; ZPO § 572

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 16.03.2020; Aktenzeichen 3-10 O 80/17)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 30.3.2020 wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 16.3.2020 - Streitwertfestsetzung - in Form des Nichtabhilfebeschlusses vom 2.4.2020 aufgehoben.

2. Die Beschwerde des Antragsgegners vom 30.3.2020 gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 16.3.2020 - Ordnungsgeldfestsetzung - wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.

 

Gründe

I. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 16.3.2020 dem Antragsgegner wegen Verstoßes gegen das Unterlassungsgebot aus der einstweiligen Verfügung vom 7.7.2017, nämlich Kinderschreibtische anzubieten, wenn dabei nicht Name und Kontaktanschrift des Herstellers angegeben werden, ein Ordnungsgeld in Höhe von 25.000,- EUR verhängt. Mit weiterem Beschluss vom 16.3.2020 hat es den Streitwert des Ordnungsmittelverfahrens auf 33.333,- EUR festgesetzt.

Auf die Beschwerde vom 30.3.2020 hat das Landgericht der zweiten Beschwerde teilweise abgeholfen und den Streitwert auf 17.500,- EUR festgesetzt; im Übrigen hat es der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerden sind zulässig, aber nur teilweise begründet. Die Streitwertbeschwerde ist begründet, während das Landgericht zu Recht ein Ordnungsgeld in der festgesetzten Höhe verhängt hat.

1. Die Streitbeschwerde ist zulässig und begründet.

a) Der Sachentscheidungskompetenz des Senats über die Streitwertbeschwerde steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Beschwerde im Hinblick auf den Streitwert nicht ausdrücklich gemäß § 572 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO vorgelegt hat; eine Entscheidung über die Vorlage findet sich im Beschluss vom 16.3.2020 hierzu nämlich nicht. Da aber die Vorlageverfügung des Landgerichts auf Blatt 529 d.A. ausdrücklich auch auf die Teilabhilfe hinsichtlich des Streitwertes Bezug nimmt, ist der Beschluss dahingehend auszulegen, dass auch hinsichtlich der Streitwertbeschwerde vorgelegt werden soll.

Die Beschwerde ist auch zulässig; der Antragsgegner ist insbesondere durch die Streitwertentscheidung des Landgerichts beschwert.

Zwar hat das Landgericht zu Unrecht gemäß § 63 GKG für das Ordnungsmittelverfahren einen Streitwert festgesetzt. Bei der Entscheidung des Landgerichts handelt es sich um eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes. Das Landgericht hat einen Streitwert festgesetzt, obwohl die Voraussetzungen für eine Streitwertfestsetzung nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes nicht gegeben waren. Eine Streitwertfestsetzung findet gemäß § 63 GKG (vgl. den Wortlaut von § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG) nur dann statt, wenn in dem betreffenden Verfahren Gerichtsgebühren anfallen, die sich nach der Höhe des Streitwerts richten. Dies war im vorliegenden Verfahren nicht der Fall. Denn im Ordnungsmittelverfahren fällt nach Nr. 2111 KV-GKG eine Festgebühr an (OLG Nürnberg, Beschluss vom 1.8.2018 - 3 W 1010/18 = NJW-RR 2018, 1277; vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 4.2.2009 - 4 W 5/09 = NJW-RR 2009, 1366 zum PKH-Verfahren)

Aus der - nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes nicht gebotenen - Streitwertfestsetzung können sich allerdings trotzdem nachteilige Auswirkungen auf die Gebühren ergeben, welche der Antragsgegner an seinen Rechtsanwalt zu zahlen hat. Zwar ist hierfür die Streitwertfestsetzung des Landgerichts ohne rechtliche Bedeutung. Indes ist durch den Beschluss des Landgerichts der Rechtsschein einer Festsetzung entstanden, der den Antragsgegner belastet (VGH München, Beschluss vom 4.11.2016 - 9 C 16.1684 = BeckRS 2015, 40263; OLG Nürnberg, Beschluss vom 1.8.2018 - 3 W 1010/18 = NJW-RR 2018, 1277) und so zu einer Beschwer führt.

Die Rechtslage wäre allerdings dann anders zu beurteilen, wenn das Landgericht eine Entscheidung nach § 33 Abs. 1 RVG getroffen hätte. Denn diese Vorschrift sieht ausdrücklich vor, dass eine gerichtliche Wertfestsetzung für die Anwaltsgebühren - unter bestimmten Voraussetzungen - auch dann maßgeblich sein kann, wenn die Voraussetzungen für eine Festsetzung des Streitwerts nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes nicht vorliegen. Eine solche Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG ergibt sich aus dem Beschluss des Landgerichts vom 16.3.2020 allerdings nicht. Zum einen ergibt sich aus der Formulierung des Beschlusses, dass das Landgericht einen "Streit...

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