Leitsatz (amtlich)

1. Dass ein Hinweis nach § 139 ZPO erfolgt ist, kann sich auch aus dem Urteil ergeben, in dem klargestellt ist, dass der unzureichende Vortrag in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist. Damit ist dem Erfordernis der Aktenkundigkeit des Hinweises nach § 139 Abs. 4 Nr. 1 Genüge getan.

2. Aktenkundig sind auch solche Umstände, die sich aus dem Tatbestand des Urteils ergeben. Tatbestand in diesem Sinne ist nicht auf den mit dieser Überschrift versehenen Teil des Urteils beschränkt, sondern bezieht sich vielmehr auf alle tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, auch wenn sich diese in den Entscheidungsgründen finden.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/27 O 276/02)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Ein entsprechender Hinweis ist bereits unter dem 13.2.2004 ergangen. Eine endgültige Entscheidung ist danach zunächst nicht ergangen, weil der Senat die Sache unter dem Licht der neueren Rechtsprechung des BGH zu darlehensfinanzierten Kapitalanlagen erneut beraten hat. Er hält danach an seiner Absicht einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO fest, weist ergänzend aber noch auf die nachfolgenden Umstände hin.

 

Gründe

Der Kläger begehrt Rückzahlung von Raten, die er auf ein bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten aufgenommenes Darlehen gezahlt hat. Das Darlehen diente zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung, war durch eine Grundschuld abgesichert und kam nach Verhandlungen in seiner Privatwohnung zustande. Das LG hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg.

Zu Recht hat das LG einen Anspruch des Klägers aus § 3 HTWG a.F. verneint. Dem Kläger stand ein Recht zum Widerruf nicht zu, weil er nicht hinreichend schlüssig vorgetragen hat, dass der Vertrag in einer Haustürsituation nach § 1 Abs. 1 HTWG zustande gekommen ist. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung. Diese stellt umfassend und zutreffend dar, dass der Vortrag des Klägers zur Haustürsituation widersprüchlich und unvollständig erfolgt. Diese Einschätzung teilt der Senat. Sie wird mit der Berufung auch nicht ernsthaft angegriffen. Mit der Berufung stellt der Kläger vielmehr darauf ab, dass er mit Schriftsatz v. 31.7.2003 eine schlüssige Sachverhaltsschilderung gegeben habe. Diese kann für die Entscheidung nicht berücksichtigt werden. Sie ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingegangen und deswegen nach § 296a ZPO ausgeschlossen. Auch dies hat das LG ausdrücklich festgestellt.

Soweit sich das LG inhaltlich mit den in diesem Schriftsatz aufgestellten Behauptungen auseinander setzt, erfolgt dies im Rahmen der Prüfung, ob das Vorbringen eine Wiedereröffnung der Verhandlung gebietet (§§ 269a S. 2, 156 ZPO). Dies hat das LG im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens verneint. Von der durch den Kläger nunmehr unterstellten "Zulassung" des Vorbringens kann keine Rede sein, eine solche wäre prozessrechtlich gar nicht möglich.

Weder der Inhalt des Schriftsatzes vom 31.7.2003 noch dessen Wiederholung bzw. Konkretisierung in der Berufungsbegründung können als neuer Vortrag in der Berufungsinstanz zugelassen werden. Nach § 531 Abs. 2 ZPO ist neuer Vortrag nur zuzulassen, wenn eine der dort genannten Ausnahmen vorliegt. Dies ist indes nicht der Fall. Entgegen der Ansicht des Klägers fehlt es auch an den Voraussetzungen der Nr. 2 dieser Vorschrift. Ein Verfahrensmangel erster Instanz liegt nicht darin, dass das LG den Kläger auf die mangelnde Substantiierung seines Vortrags nicht hingewiesen hätte. Dass ein solcher Hinweis erfolgt ist, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil, in dem klargestellt ist, dass der unzureichende Vortrag zu den Voraussetzungen des § 1 HTWG in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erörtert worden ist.

Damit ist dem Erfordernis einer Aktenkundigkeit des Hinweises nach § 139 Abs. 4 S. 1 Halbsatz 2 ZPO Genüge getan. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Lehre darüber, dass aktenkundig auch solche Umstände sind, die sich aus dem Tatbestand des Urteils ergeben (Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 139 Rz. 13). Entgegen der Ansicht des Klägers ist "Tatbestand" dabei nicht auf den mit dieser Überschrift versehenen Teil des Urteils beschränkt. Tatbestand in diesem Sinne sind vielmehr alle tatsächlichen Feststellungen des Gerichts, auch wenn sich diese in den Entscheidungsgründen finden (BGHZ 119, 301; BGHZ 139, 39; BGH v. 17.5.2000 - VIII ZR 216/99, MDR 2000, 1026 = NJW 2000, 3007; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 320 Rz. 4 f., § 314 Rz. 1). Die Behauptung des Klägers, ein entsprechender Hinweis sei in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt, ist nicht in der nach § 139 Abs. 4 S. 3 ZPO erforderlichen Form (Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 165 Rz. 5) substantiiert.

Fehlt es damit bereits am schlüssigen Vortrag einer Haustürsituation, kommt es auf die weiteren Fragen (Zurechnung der Haustürsituation fü...

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