Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung fiktiven Arbeitseinkommens bei der Berechnung des Unterhalts
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG NJW-RR 2005, 500 [501]; BGH NJW 1994, 1160,1161). Die Anrechnung eines fiktiven Einkommens im Falle von Arbeitslosigkeit erfordert indes regelmäßig, dass das Fehlen von Einkünften auf ein unterhaltsrechtliches Fehlverhalten des Pflichtigen zurückzuführen ist. Im Falle einer Alkoholerkrankung ist dem Unterhaltspflichtigen ein unterhaltsbezogenes verantwortungsloses Verhalten etwa dann vorzuwerfen, wenn er die Notwendigkeit einer Therapie zwar erkennt, diese aber ablehnt.
Normenkette
ZPO § 114; BGB § 1603 Abs. 2
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Dem Kläger wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug bewilligt. Zur Wahrnehmung der Rechte wird Frau Rechtsanwältin RA 1 beigeordnet.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die Parteien sind getrennt lebende Eheleute. Aus der Ehe ist das Kind X., geb. am ... 1996 hervorgegangen. Der Kläger ist Alkoholiker. Unter dem ... 2006 begab er sich zu einer Entgiftung und hieran anschließend für die Zeit vom ... 2006 bis ... 2006 in eine Therapie, welche nicht zu einem dauerhaften Erfolg führte. Im Zeitraum vom ... 2007 bis ... 2007,... 2007 bis ... 2007 sowie vom ... 2007 bis ... 2007 unterzog sich der Kläger weiteren stationären Behandlungen. Eine im ... 2008 begonnene Therapie wurde von dem Kläger abgebrochen. Im Mai 2008 wurde der Kläger erneut rückfällig und begab sich für die Zeit vom ... 2008 bis ... 2008 in eine Privatklinik. Im ... 2008 begab er sich zur erneuten stationären Entgiftung und wurde am ... 2008 entlassen. Seit dem ... 2008 bezieht er Leistungen nach SGB II. Der Kläger beabsichtigt eine Langzeittherapie, welche im Jahr 2009 genehmigt wird.
Der Kläger behauptet, aufgrund einer Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und seiner Abhängigkeit nicht in der Lage zu sein, seine Unterhaltsverpflichtung ggü. dem Kind X. zu erfüllen. Im ... 2008 sei seine alkoholbedingte Persönlichkeitsstörung so weit fortgeschritten gewesen, dass er die Chance der begonnenen Therapie nicht habe erkennen können. Er sei nicht in der Lage gewesen, sein Handeln zu steuern.
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Abänderung einer Jugendamtsurkunde vom 10.4.2008 ab dem 1.6.2008 dahingehend, dass er nicht mehr zur Zahlung laufenden Kindesunterhalts verpflichtet sei. Zugleich begehrt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung.
Das AG hat dem Kläger mit am 15.9.2008 zugestellten Beschluss vom 9.9.2008 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Rechtsverfolgung versagt. Zur Begründunge hat es ausgeführt, der Kläger habe Einsicht in seine Erkrankung und habe daher die Therapie im Januar 2008 nicht abbrechen dürfen. Hiergegen richtet sich der Kläger mit der Beschwerde vom 16.9.2008, bei Gericht eingegangen am 18.9.2008. Das AG half der Beschwerde aufgrund Beschlusses vom 18.9.2008 nicht ab. Wegen des Inhalts des Beschlusses wird auf Bl. 49 d.A. verwiesen.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2, 3, 567 ff., 569 Abs. 1 S. 1, S. 2 ZPO zulässig.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Soweit das ursprüngliche gegen das Kind X. selbst gerichtete Begehren gem. § 1629 Abs. 3 BGB unzulässig war, hat der Kläger dieses Zulässigkeitshindernis zwischenzeitlich behoben und die Klage gegen die Kindesmutter selbst gerichtet.
Die Voraussetzungen, unter denen einer Partei gem. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, liegen auch im Übrigen vor.
Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Rechtsverfolgung sind keine überspannten Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG NJW-RR 2005, 500 [501]; BGH NJW 1994, 1160,1161). Vielmehr ist eine summarische Prüfung des Vorbringens der um PKH nachsuchenden Partei dahingehend vorzunehmen, ob sie mit ihrem Begehren Erfolg haben kann. (Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 114 Rz. 19 m.w.N.; Baumbach- Hartmann, 64. Aufl., § 114 Rz. 80; Kalthoener/Büttner, 4. Aufl., Rz. 409) Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für den Prozesserfolg ist in diesem Zusammenhang nicht erforderlich. (Kalthoener/Büttner, a.a.O.; Baumbach- Hartmann, § 114 Rz. 80 m.w.N.) Insbesondere ist im Rahmen der Erfolgsprüfung keine vorweggenommene Entscheidung der Hauptsache vorzunehmen. (BVerfG FamRZ 2004, 1013 [1013]; BGH NJW-RR 2003, 1438)
Unter Würdigung dieser Grundsätze bietet der Vortrag des Klägers eine hinreichende, wenngleich nicht abschließend gewisse Aussicht auf Erfolg gem. § 114 ZPO.
Grundsätzlich trifft den Kläger als Unterhaltsschuldner ggü. dem minderjährigen Kind X. die Verpflichtung, alle ihm zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um eine hinreichend entlohnte Anstellung zu finden, welche ihm das Begleichen seiner Unterhaltsschuld erlaubt. K...