Leitsatz (amtlich)
Ein im schriftlichen Verfahren innerhalb der Klageerwiderungsfrist abgegebenes Anerkenntnis ist nicht "sofort" i.S.v. § 93 ZPO erklärt worden, wenn zuvor ein Klageabweisungsantrag angekündigt worden ist, ohne deutlich zu machen, dass der Klageanspruch noch nicht abschließend geprüft worden ist.
Normenkette
ZPO §§ 91a, 93
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.12.2007; Aktenzeichen 2-19 O 250/07) |
Gründe
I. Die Parteien streiten darüber, wem nach Anerkenntnis der Klageforderung, Zahlung und Abgabe übereinstimmende Erledigungserklärungen die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen sind.
Wegen eines Verkehrsunfallschadens vom 16.6.2007 meldete der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 4.7.2007 bei der Beklagten zu 2 als der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners unter der Vorlage von Belegen Ansprüche an und forderte Zahlung bis zum 11.7.2007. Nachdem der Kläger mit anwaltlichen Schreiben vom 18.7.2007 die Zahlungsfrist bis zum 25.7.2007 verlängert hatte, bat die Beklagte zu 2 mit Schreiben vom 24.7.2007 mit der Begründung, dass ihr zum Unfallhergang unterschiedliche Aussagen vorliegen, um Übersendung einer Kopie der amtlichen Ermittlungsakte gegen übliche Kostenbeteiligung. Mit anwaltlichen Schreiben vom 28.7.2007 erklärte sich der Kläger bereit, den erbetenen Ermittlungsaktenauszug zur Verfügung zu stellen, und verlangte die Regulierung seines Schadens bis zum 6.8.2007. Die Beklagte bat mit Schreiben vom 2.8.2007 um Verständnis, dass sie keine Zahlungen leisten könne, solange nicht klar sei, ob sie in der Haftung sei.
Mit am 10.8. bei Gericht eingegangener und am 22.8.2007 zugestellter Klage hat der Kläger den Unfallschaden gerichtlich geltend gemacht. In dem vom LG angeordneten schriftlichen Vorverfahren stellten die Beklagten mit am 29.8.2007 eingegangenem Schriftsatz den Antrag, die Klage abzuweisen, und baten um Verlängerung der Klageerwiderungsfrist wegen Arbeitsüberlastung; antragsgemäß ist die Frist zur Klageerwiderung bis zum 17.10.2007 verlängert worden.
Da der Prozessbevollmächtigte des Klägers entgegen seiner schriftlichen Ankündigung einen Auszug aus der Ermittlungsakte nicht zur Verfügung stellte, sah der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Ende 2007 selbst die polizeilichen Ermittlungsakten ein. Mit Schriftsatz vom 26.9.2007 haben die Beklagten die Klageforderung anerkannt und sieben Tage später auch bezahlt.
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Das LG hat die Kosten des Rechtsstreit den Beklagten auferlegt mit der Begründung, dass der Rechtsgedanke des § 93 ZPO bei der zutreffenden Billigkeitsentscheidung keine Anwendung finden könne, weil das Anerkenntnis nicht "sofort" i.S.d. § 93 erklärt worden sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten.
II. Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist nicht begründet.
Das LG hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO zu Recht den Beklagten auferlegt. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits tragen. Denn durch Anerkenntnis und Erfüllung der Klageforderung haben sie sich freiwillig in die Rolle des Unterlegenen begeben. Der bei der Billigkeitsentscheidung nach § 91a ZPO anzuwendende Rechtsgedanke des § 93 ZPO (Zöller/Vollkommer, 26. Aufl., ZPO § 91a Rz. 24 mit weiteren Nachweisen), führt zu keinem anderen Ergebnis.
Denn die Voraussetzungen unter denen die Kosten eines Rechtsstreits bei Anerkenntnis der Klageforderung der klagenden Partei aufzuerlegen sind, liegen nicht vor. Allerdings haben die Beklagten keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben.
Veranlassung zur Klageerhebung gibt eine Partei, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme bietet, er werde ohne in Anspruchnahme der Gericht nicht zu seinem Recht kommen (BGH NJW 2006, 2490, 2491 mit weiteren Nachweisen). Umstände, die eine derartige Annahme hier rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Vielmehr war für den Kläger aufgrund der vorgerichtlichen Schreiben der Beklagten zu 2 vom 24.7.2007 und 2.8.2007 klar, dass diese berechtigterweise - zunächst die Sach- und Rechtslage prüfen wollte. Es ist allgemein anerkannt, dass einem Kfz-Haftpflichtversicherer eine angemessene Prüfungspflicht, die in der Regel vier bis sechs Wochen beträgt, zu zubilligen ist, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst ist diese Prüfungspflicht wurde für die Beklagte zu 2 vorliegend dadurch verlängert, dass der Kläger ihr mit Anwaltsschreiben vom 28.7.2007 die Übersendung eines Auszuges aus den polizeilichen Ermittlungsakten zugesagt hatte, sie sich demgemäß zunächst zu Recht auf die Erfüllung dieser Zusage verließ und erst Ende August 2007, nachdem offenbar geworden war, dass ihr vom Prozessbevollmächtigten des Klägers ein Aktenauszug nicht zur Verfügung gestellt wurde, Ende August 2007 über ihren Prozessbevollmächtigten selbst Einsicht in die polizeilichen Ermittlungsakten beant...