Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselbezüglichkeit von Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament
Leitsatz (amtlich)
Zur Wechselbezüglichkeit einer in einem gemeinschaftlichen Testament enthaltenen Schlusserbeneinsetzung der gemeinschaftlichen Kinder bei gegenseitiger Alleinerbeinsetzung der Eltern im ersten Erbfall bei unterschiedlichen Vermögensverhältnissen und - unterstelltem - unterschiedlichem Beitrag der Eltern zum Familienunterhalt.
Normenkette
BGB § 2269 Abs. 1, § 2270 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Offenbach (Beschluss vom 22.03.2014; Aktenzeichen 4 VI 1859/09) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 2) hat dem Beteiligten zu 1) gegebenenfalls im Verfahren der Beschwerde entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde wird auf bis 500,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Bei den Beteiligten zu 1) und 2) handelt es sich um die beiden einzigen Kinder der im ... Lebensjahr verstorbenen Erblasserin und ihres am ... 02.1999 im ... Lebensjahr verstorbenen Ehemanns, A.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der notarielle Antrag des Beteiligten zu 1) vom 30.11.2009, in dem dieser die Erteilung eines Erbscheins beantragt hat, der die Beteiligten zu 1) und 2) als Erben aufgrund testamentarischer Erbfolge zu je 1/2 ausweisen soll (auf den Antrag wird Bezug genommen, Bl. 33 ff. d.A.).
Dem Verfahren liegen zwei durch das Nachlassgericht eröffnete Testamente zu Grunde.
Das erste, auf den 01.03.1990 datierte handschriftliche Testament, wegen dessen Inhalts im Einzelnen auf Bl. 7 R d.A. Bezug genommen wird, hat die Erblasserin gemeinschaftlich mit ihrem vorverstorbenen Ehemann errichtet. Es hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"Testament = Unser letzter Wille.
Wir, die unterzeichneten, haben folgendes vereinbart was wir als Testament anerkannt haben möchten.
Ich,...,... und ich,...,... setzen uns gegenseitig als "Alleinerben" ein! Sollte der Überlebende sich wieder verheiraten ist das Erbteil des Verstorbenen unverzüglich an unsere gemeinsamen Kinder A1 ... und B geb. A2 ... je zur Hälfte auszuzahlen.
Sollten wir Beide verstorben sein ist unser letzte Wille wie folgt:
Da Frau B den I. Stock unseres bebauten Grundstückes auf ihre Kosten modernisiert hat, erhält sie diesen von uns als Eigentumswohnung geschenkt. Dies ist noch grundbuchmäßig einzutragen und aus dem gerichtlich festgesetzten Grundstücks- und Gebäudewertes auszuschließen! Sie beabsichtigt das Haus ... str ... zu übernehmen.
Den Restwert des Grundstückes mit Gebäude sowie die vorhandenen Konten, Festgeldkonten, Bargeld, Schmuck, Bilder, Teppiche, Möbel und sonstiger Hausrat ist je zur Hälfte zu teilen. Die Konten u. Festgeldkonten sind gegen Unterzeichnung beider Kinder auszuzahlen. Z. Zt. befinden sich unsere Konten bei: Bank1, Bank2 sowie Bank3 ...".
Das zweite, von der Erblasserin alleine nach dem Tod ihres Ehemannes errichtete handschriftliche Testament, auf das wegen seines Inhalts im einzelnen Bezug genommen wird (Klarsichthülle, Bl. 29 d.A.), datiert auf den 28.05.2001 und hat auszugsweise folgenden Inhalt:
"Ich,... widerrufe meine Verfügung in dem gemeinschaftlichen Testament vom 01.3.1990.
Motiv für den Widerruf dieser Verfügung im Testament vom 01.03.1990 und die nachfolgende Erbeinsetzung ist, dass ausschließlich meine Tochter Frau B. mich betreut und gepflegt hat und mir Hilfestellung in allen Lebenslagen geboten hat.
Mein Sohn, A1 ... hat sich dagegen in keiner Weise um mich gekümmert oder mir Hilfestellungen angeboten.
Mein letzter Wille lautet deshalb wie folgt:
1. Erbeinsetzung
Ich setze meine Tochter B. zur Alleinerbin ein.
2 Vermächtnisse
a) Meine Enkelin, C geb am ... 70 ... soll als Vermächtnis das ... Klavier bekommen.
Meine Urenkelin, C1, geb ... 1998 soll die Weihnachtsgrippe mit den handgeschnitzten Figuren erhalten ...".
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass das gemeinschaftliche Testament auch ihre jeweilige Schlusserbeneinsetzung zu je ½ enthält. Sie streiten aber darüber, ob die Erblasserin durch dieses Testament an der nachfolgenden Erbeinsetzung unter Ausschluss des Beteiligten zu 1) im Testament vom 28.05.2001 wegen einer aus dem gemeinschaftlichen Testament folgenden Wechselbezüglichkeit aus Rechtsgründen gehindert gewesen ist.
Das auf dem o.g. Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) basierende Erbscheinsverfahren liegt dem Senat nunmehr zum zweiten Mal zur Entscheidung vor. Das Nachlassgericht hat zunächst mit Beschluss vom 30.03.2010 die aufgrund des Erbscheinsantrags des Beteiligten zu 1) zur Erteilung des Erbscheins erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet (auf die Begründung dieses Beschlusses wird Bezug genommen, Bl. 103 d.A.). Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen diesen Beschluss hat der Senat wegen örtlicher Unzuständigkeit des Nachlassgerichts diesen Beschluss mit eigenem Beschluss vom 21.05.2013 (Az. 20 W 170/10) abgeändert und das Erbscheinsverfahren an das AG Stadt1 verwiesen (Bl. 198 ff d.A.), welches sodann mit Beschluss vo...