Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Schlusserbeneinsetzung in gemeinschaftlichem Testament von Eheleuten

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.05.2020)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) und 4) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 11. Mai 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 3) und 4) tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner, die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1) und 2) jeweils zur Hälfte. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

Der Geschäftswert des Berufungsverfahrens wird auf 90.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am XX.XX.2018 verstorbene Erblasserin war mit dem am XX.XX.2007 vorverstorbenen Vorname1 Nachname1 verheiratet. Aus der Ehe gingen keine Kinder hervor. Bei den Beteiligten zu 3) und 4) handelt es sich um die Nichte und den Neffen des vorverstorbenen Ehemanns der Erblasserin. Die Beteiligte zu 1) war als Haushaltshilfe bei der Erblasserin beschäftigt, ihr Ehemann, der Beteiligte zu 2), erledigte häufiger unter anderem Gartenarbeiten für die Erblasserin. Beide Beteiligte lebten in den letzten Jahren gemeinsam mit der Erblasserin in einem von dieser auf die vorgenannten Beteiligten im Jahr 2010 (Bl. 49 ff. d. A.) im Wege der Schenkung übertragenen Haus.

Im Jahr 1967 errichteten die Erblasserin und ihr Ehemann ein gemeinschaftliches, notarielles Testament. Hierin setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben, wobei hinsichtlich des Inhalts im Einzelnen auf Bl. 11 f. d. A. verwiesen wird.

Vorstehendes Testament ergänzten die Eheleute am 12. April 1997 handschriftlich. Hierin heißt es unter anderem wörtlich:

Der letzte Alleinerbe Frau Vorname2 Nachname1 oder Herr Vorname1 Nachname1 soll zu Hause gepflegt werden. Entweder durch eine Pflegekraft, die aus dem verfügbaren Geld bezahlt wird, oder dass die Pflege von den als Erben von uns jetzt eingesetzten Personen

1) Vorname3 Nachname2, geb. Nachname1

2) Vorname4 Nachname1

übernommen wird.

Hinsichtlich des Textes der letztwilligen Verfügung im Übrigen wird auf Bl. 24 f. d. A. Bezug genommen.

Ferner hat das Nachlassgericht ein lediglich in Kopie vorliegendes, handschriftliches Schriftstück der Erblasserin vom 30. Dezember 2010 eröffnet. Darin heißt es, dass die Erblasserin die Beteiligten zu 1) und 2) als ihre Erben einsetze, wobei insoweit auf Bl. 26 d. A. verwiesen wird.

Nach dem Tod der Erblasserin haben zunächst die Beteiligten zu 1) und 2) einen gemeinschaftlichen Erbschein zu ihren Gunsten beantragt und sich dabei auf die letztwillige Verfügung vom 30. Dezember 2010 berufen (Bl. 5 ff. d. A.). Sodann haben die Beteiligten zu 3) und 4) einen gemeinschaftlichen Erbschein zu ihren Gunsten beantragt und sich ihrerseits auf die letztwillige Verfügung der Erblasserin und ihres Ehemannes vom 12. April 1997 gestützt (Bl. 61 f. d. A.).

Das Nachlassgericht hat die Zeugin Nachname3 vernommen, wobei hinsichtlich des Inhalts deren Aussage auf Bl. 132 ff. d. A. verwiesen wird. Sodann hat das Gericht mit dem angefochtenen Beschluss, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 3) und 4) zurückgewiesen sowie den Erlass des von den Beteiligten zu 1) und 2) beantragten Erbscheins in Aussicht gestellt (Bl. 173 ff. d. A.). Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Erbfolge richte sich nach dem zuletzt von der Erblasserin errichteten Testament. Dieses sei wirksam. Von der Errichtung der letztwilligen Verfügung seitens der Erblasserin sei das Gericht aufgrund der vorliegenden Kopie sowie der glaubwürdigen Aussage der Zeugin Nachname3 überzeugt. Demgegenüber könne nicht festgestellt werden, dass die Erblasserin im späteren Verlauf das Originaltestament vernichtet habe, auch wenn dieses nicht nach dem Tod der Erblasserin habe aufgefunden werden können. Ferner stehe der Wirksamkeit nicht die gemeinschaftliche Verfügung der Eheleute aus dem Jahr 1997 entgegen. Eine Wechselbezüglichkeit der dort enthaltenen Schlusserbeneinsetzung habe nicht festgestellt werden können.

Gegen die ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 18. Mai 2020 (Bl. 180 d. A.) zugestellte Entscheidung haben die Beteiligten zu 3) und 4) mit am 15. Juni 2020 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz (Bl. 194 f. d. A.) Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, der Entscheidung stehe bereits entgegen, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 30. Dezember 2010 nur in Kopie vorgelegt werden konnte. Zu Unrecht sei das Nachlassgericht davon ausgegangen, dass die Erblasserin das Testament nicht nachträglich vernichtet habe. Die Erblasserin sei sehr ordnungsliebend und gründlich gewesen. Zudem habe sie gegenüber der Zeugin Nachname3 ausdrücklich gesagt, sie werde das Testament gut aufheben. Entsprechend sei es ausgeschlossen, dass es nicht gefunden worden wäre, wenn es die Erblasserin nicht vernichtet hätte, zumal die Erblasserin gegenüber der Beteiligten zu 3) und ihrem Ehe...

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