Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusammensetzung des Aufsichtsrats
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.08.1984; Aktenzeichen 2/6 Akt E 1/84) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 100.000,– DM.
Gründe
Die form- und fristgerecht angebrachte Beschwerde (§ 99 Abs. 3 Satz 2, 4 AktG) ist auch sonst zulässig. Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg; denn die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes.
Zutreffend geht das Landgericht davon aus, daß der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin nicht mehr nach den Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG) vom 4. Mai 1976 (BGBl. I, S. 1153) zusammenzusetzen ist. Seine Meinung, daß die Antragsgegnerin auf Grund der eingetretenen Verringerung der Zahl der Arbeitnehmer nicht mehr zu den nach Maßgabe des MitbestG mitbestimmungspflichtigen Unternehmen gehört, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Die Arbeitnehmer der Antragsgegnerin haben ein Mitbestimmungsrecht nach § 1 Abs. 1 MitbestG, wenn die Antragsgegnerin in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt. Das ist nicht mehr der Fall.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Antragsgegnerin ihren Unternehmensteil … und … verkauft. Dadurch hat sich die Zahl der Beschäftigten Arbeitnehmer von 2778 zum 1. Januar 1984 auf weniger als 2000 verringert, und zwar nach den Angaben der Antragsgegnerin zum 1. Januar 1984 auf 1739 und zum 31. März 1984 auf 1686. Demgegenüber gehen die Antragsteller davon aus, daß in dem fraglichen Zeitraum etwa 30 Arbeitnehmer mehr beschäftigt waren. Zu Recht hat das Landgericht angenommen, daß das bloße Absinken der Arbeitnehmerzahl auf unter 2000 noch nicht ohne weiteres zur Beendigung des Mitbestimmungsrechts der Arbeitnehmer nach dem MitbestG führt, sondern daß dieses Mitbestimmungsrecht fortbesteht, wenn das Absinken der Arbeitnehmerzahl sich nur als eine vorrübergehende Schwankung der Beschäftigtenzahl – wovon die Antragsteller hier ausgehen – darstellt. Bereits Anlaß und Umfang der Verringerung der Arbeitnehmer zahl sprechen gegen die Ansicht der Antragsteller. Durch den Verkauf von … hat sich die Antragsgegnerin von einem ganzen Betriebszweig und von fast tausend Mitarbeitern getrennt. Diese Maßnahme steht der Annahme entgegen, daß eine nur für eine kurze Zeit gedachte Änderung der Belegschaftszahl erfolgt ist und daß die Zahl der Beschäftigten um eine bestimmte Zahl, z.B. 2000, schwankt. Das bedeutet indessen noch nicht, daß jede Veräußerung von Unternehmensteilen, die zum Unterschreiten der Beschäftigtenzahl 2000 führt, schlechthin das Mitbestimmungsrecht nach dem MitbestG beendet. Allerdings müssen in einem solchen Fall konkrete Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, daß die 2000-Arbeitnehmer-Grenze bald wieder erreicht wird. Daran fehlt es hier. In Anbetracht der Tatsache, daß die Zahl 2000 deutlich unterschritten und in dem verbleibenden Betriebsbereich in der Vergangenheit weniger als 2000 Arbeitnehmer beschäftigt wurden, und in Anbetracht der Darlegungen der Antragsgegnerin zur Planung und Durchführung des Verkaufs der Betriebsabteilung … sowie zur künftigen Geschäfts- und Personalplanung, die von 1631 Beschäftigten per 31. März 1985 ausgeht, ist es nicht zu beanstanden, daß das Landgericht der Prognose der Antragsteller nicht gefolgt ist. Auch wenn die nach den §§ 99 Abs. 2 Satz 2, 98 Abs. 2 Ziff. 4 und 5 AktG Anhörungsberechtigten in ihren Stellungnahmen eine künftige Personalverstärkung für erforderlich halten und die künftige Entwicklung der Computerbranche, in deren Bereich die Antragsgegnerin in Zukunft schwerpunktmäßig tätig sein wird, positiv zu beurteilen ist, stellt sich die Prognose der Antragsteller letztlich als Mutmaßung dar. Mutmaßungen und Erwartungen reichen aber nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, die Antragsgegnerin beschäftige in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer (vgl. dazu Rittner AG 1983, 99 ff., 103; Raiser, MitbestG, 2. Aufl., § 1 Rn. 17). Der Senat vermag auch nicht zu erkennen, daß das Landgericht gegen seine Pflicht, von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeigneten Beweise zu erheben, verstoßen hat. Die Beschwerde, die eine Verletzung des § 12 FGG rügt, behauptet selbst nicht, daß weitere Ermittlungen hinsichtlich der Beschäftigtenzahlen per 1. Januar 1984 und 31. März 1984 zu nennenswert anderen als den vom Landgericht getroffenen Feststellungen geführt oder sich ihre Erwartungen über die künftige Entwicklung der Beschäftigtenzahlen bestätigt hätten.
Soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, daß das Landgericht dem übereinstimmenden Begehren der Verfahrensbeteiligten nach einer mündlichen Verhandlung hätte nachkommen müssen, geht ihre Rüge fehl. Für das Verfahren nach den §§ 98, 99 AktG ist eine mündliche Verhandlung nicht vorgesehen, so daß ihre Durchführung im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts liegt. Ein Ermessensfehler des Landgerichts ist aber weder er...