rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Irreführung durch die Aussage "Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich!" in Facharztmagazin für Präparat zur Behandlung von Psoriasis

 

Leitsatz (amtlich)

Die an Fachkreise gerichtete Werbung "Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich!" für ein Psoriasis-Präparat als blickfangmäßig herausgestellte Überschrift wird nicht als Tatsachenangabe, sondern als wertende Anpreisung wahrgenommen, die in diesem Zusammenhang nicht irreführend ist.

 

Normenkette

HWG § 3 S. 1 Nr. 1; UWG § 5 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.06.2021; Aktenzeichen 2-3 O 108/21)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Beschwerdewert: 200.000,- EUR

 

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich im Wegen des Eilverfahrens gegen eine angeblich irreführende Arzneimittelwerbung der Antragsgegnerin.

Die Parteien sind forschende Pharmaunternehmen. Sie sind Wettbewerber im Bereich der Herstellung und des Vertriebs von Fertigarzneimitteln zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Plaque-Psoriasis.

Die Antragsgegnerin vertreibt in Deutschland das Fertigarzneimittel A*, das zur Behandlung mittelschwerer und schwerer Plaque-Psoriasis zugelassen ist. Sie bewarb das Präparat mit einer Anzeige in dem vorwiegend von Ärzten und Dermatologen abonnierten Newsletter "C" in der Ausgabe 9/21 vom 5.3.2021 (Anlage Ast6). Die hervorgehobene Überschrift der Anzeige lautet wie folgt: "Plaque-Psoriasis: Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich".

Die Antragstellerin hält diese Aussage für irreführend. Sie suggeriere fälschlich, es seien Daten zu emotionalen Gefühlszuständen von Patienten mit Plaque-Psoriasis erhoben worden.

Das Landgericht hat den Eilantrag mit Beschluss vom 28.4.2021 zurückgewiesen. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Antragstellerin vom 12.5.2021 hat es mit Beschluss vom 26.5.2021 nicht abgeholfen.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss abzuändern und der Antragsgegnerin bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, für ihr verschreibungspflichtiges Fertigarzneimittel A* (Wirkstoff: B) zu werben und/ oder werben zu lassen mit der Aussage "Plaque-Psoriasis: Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich", wenn dies geschieht wie in dem als Anlage Ast6 beigefügten Advertorial zu A* in der Ausgabe 9/21 vom 5.3.2021 des Newsletters "C".

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragstellerin steht im Hinblick auf die angegriffene Werbung kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, 3a UWG i.V.m. § 3 S. 1 Nr. 1 HWG bzw. § 5 I UWG zu. Die angegriffene Angabe ist nicht irreführend.

1. Eine Werbung für Arzneimittel ist nach § 3 S. 2 Nr. 1 HWG irreführend, wenn dem Arzneimittel eine Wirksamkeit beigelegt wird, die es nicht hat. Eine Werbung ist außerdem nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware wie z.B. ihre Zwecktauglichkeit beinhaltet. Von beiden Bestimmungen werden nur inhaltlich nachprüfbare Aussagen tatsächlicher Art erfasst. Reine Werturteile fallen hingegen nicht darunter.

2. Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Aussage "Machen Sie Ihre Patienten langzeitglücklich" im Kontext der Werbung nicht als Tatsachenangabe, sondern als wertende Anpreisung wahrgenommen wird.

a) Die Werbung richtet sich an Fachkreise, zu denen nach dem Vortrag der Antragstellerin vor allem Ärzte gehören. Der Senat, der ständig mit Wettbewerbssachen und häufig mit Heilmittelwerbung befasst ist, verfügt aufgrund seiner Erfahrung über die erforderliche Sachkunde, um eigenständig beurteilen zu können, wie die vorliegende Werbeaussage von den Fachkreisen verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2004, 244 - Marktführerschaft; BGH GRUR 2014, 1211Rn. 19 - Runes of Magic II). Demgegenüber reicht zur Glaubhaftmachung des von der Antragstellerin behaupteten Verkehrsverständnisses nicht die eidesstattliche Versicherung ihres Senior Medical Managers Herrn D aus (Anlage Ast10).

b) Die Angabe "langzeitglücklich!" ist Bestandteil einer Aufforderung an die Ärzte. Sie sollen ihre Patienten mit dem Arzneimittel glücklich machen. Die Diktion der Aufforderung und ihre Positionierung als blickfangmäßig herausgestellte Überschrift sprechen für eine typische reklamehafte Übertreibung. Die angesprochenen Fachkreise erkennen, dass die Überschrift Aufmerksamkeit erregen soll und nicht der Informationsvermittlung dient. Die angesprochenen Ärzte werden nicht annehmen, das beworbene Mittel führe dazu, dass Patienten für einen langen Zeitraum einen emotionalen Glückszustand erreichen. Gegen eine entsprechende Wirkungsaussage spricht schon, dass das Präparat der Behandlung einer Hautkrankheit dient und - soweit ersichtlich - nicht etwa für Depressionen oder andere psychische Erkrankungen indiziert ist. Mit der Angabe wird auch nicht suggeriert, bei der in der Werbung zitierten Studie seien Daten zu...

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