Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Bewilligung eines Vorschusses auf eine Pauschgebühr
Leitsatz (amtlich)
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. OLG Frankfurt am Main, 14. Dezember 2005, 2 ARs 154/05, NJW 2006, 457) ist der Anwendungsbereich der Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG gegenüber § 99 BRAGO erheblich eingeschränkt. Eine Pauschgebühr ist in Abweichung von der früheren Rechtslage nur noch zu bewilligen, wenn die im Vergütungsverzeichnis bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind (Rn.2)(Rn.3)(Rn.4).
Normenkette
RVG § 47 Abs. 1 S. 1, § 51 Abs. 1 S. 5; BRAGO § 99
Tenor
Der Antrag vom 25. Mai 2009 auf Bewilligung eines Vorschusses nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG wird zurückgewiesen:
Gründe
Die Bewilligung eines Vorschusses nach § 51 Abs. 1 Satz 5 RVG setzt voraus, dass die spätere Festsetzung einer Pauschgebühr mit Sicherheit zu erwarten ist. Weiterhin ist erforderlich, dass es dem bestellten Verteidiger nicht zugemutet werden kann, die endgültige Festsetzung der Pauschgebühr abzuwarten (vgl. BVerfG NJW 2005, 3699; KG AGS 2006, 26; Hartmann, Kostengesetze 39. Aufl. § 51 RVG Rn. 37; Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG 18. Aufl. § 51 Rn. 68, Houben in: BaumgärtellHergenröder/Houben, RVG 14. Aufl. § 51 Rn. 11). Der Gesetzgeber hat die mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz neu eingeführte Möglichkeit der Vorschussgewährung nur für besonders langwierige Verfahren gedacht, in denen die Rechtskraft häufig erst nach mehreren Jahren eintritt, der Pflichtverteidiger erst dann die Festsetzung einer Pauschvergütung beantragen könnte und es daher unbillig wäre, ihn hierauf zu verweisen (vgl. BT-Drucks. 15/1971 S. 202).
Der Antrag scheitert hier schon daran, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung eines Vorschusses in zeitlicher Hinsicht nicht vorliegen. Der Beschuldigte wurde aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof vom 18. März 2008 in Untersuchungshaft genommen. Er mandatierte die Antragstellerin am 15. Januar 2009, die mit Verfügung des Vorsitzenden des 5. Strafsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 9. April 2009 als Verteidigerin bestellt wurde. Bei dieser Sachlage ist es der Antragstellerin zuzumuten, für ihre bislang als Pflichtverteidigerin in einem Zeitraum von weniger als drei Monaten entfaltete Tätigkeit auf die Möglichkeit eines Vorschusses gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 RVG zu verweisen. Dies gilt zumal, da weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich ist, dass die Gewährung eines über die bislang angefallenen gesetzlichen Gebühren und Auslagen hinausgehenden Vorschusses, etwa zur Vermeidung einer wirtschaftlichen Notlage der Antragstellerin, oder aus anderen Gründen der Billigkeit unbedingt notwendig wäre (vgl. BVerfG, a.a.O.; OLG Hamm AGS 2000, 202 - zit. nach [...]; Hartmann a.a.O.,).
Hinzu kommt, dass in dem frühen Stadium, in dem sich das vorliegende Verfahren befindet, keineswegs mit der nötigen Sicherheit feststeht, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung vorliegen werden (vgl. dazu KG a.a.O.,; Houben a.a.O., Rn. 12}, mag dies im Hinblick auf den Tatvorwurf und die damit verbundenen Besonderheiten des Verfahrens bei vorläufiger Bewertung aus jetziger Sicht auch wahrscheinlich sein. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. OLG Frankfurt am Main NJW 2006, 457) ist nämlich der Anwendungsbereich der Bewilligung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG gegenüber § 99 BRAGO erheblich eingeschränkt. Eine Pauschgebühr ist in Abweichung von der früheren Rechtslage nur noch zu bewilligen, wenn die im Vergütungsverzeichnis bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache nicht zumutbar sind. Damit soll verhindert werden, dass der Pflichtverteidiger aufgrund seiner staatlichen Zwecken dienenden Bestellung ein Sonderopfer erbringt (vgl. BVerfGE 68, 237, 253 f; NJW 2005, 1264). Diese Einschränkung ist nach der amtlichen Begründung (vgl. BT-Dr. 1511971 S.203) gerechtfertigt, weil in das Gebührenverzeichnis zum RVG neue Gebührentatbestände aufgenommen worden sind, bei denen die zugrunde liegenden Tätigkeiten in der Vergangenheit häufig bei der Bewilligung einer Pauschgebühr berücksichtigt worden sind. Das gilt zum Beispiel für die Teilnahme an Vernehmungen im Ermittlungsverfahren oder die Teilnahme an Haftprüfungsterminen. Gleiches gilt für die Dauer der Hauptverhandlung, da das Vergütungsverzeichnis für den Pflichtverteidiger für mehr als 5 bzw. 8 Stunden dauernde Hauptverhandlungstermine Zuschläge zu den Hauptverhandlungsgebühren vorsieht. Die bisherigen Grundsätze für die Bewilligung einer Pauschgebühr sind damit nur noch sehr eingeschränkt anwendbar. Die Bewilligung einer Pauschgebühr kommt nach alledem nur nach in Ausnahmefällen in Betracht (vgl. Senat a.a.O.,; OLG Frankfurt, Beschluss vom 'I . Dezember 2006 - 2 ARs 105/06 und dazu BVerfG NStZ-RR 2007, 359 = RPfleger 2007, 680).
Der Senat verkennt nicht, dass sich die...