Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbraucherdarlehensvertrag: Ordnungsgemäßheit einer Widerrufsbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Pflichtangaben können durch den Darlehensgeber auch in das Formular "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" aufgenommen werden. (Rn. 6)

2. Eine Widerrufsinformation genießt den Schutz der Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB, wenn sie vollständig dem Muster in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB entspricht. (Rn. 16)

3. Die nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 2 EGBGB mitzuteilende Angabe eines zu zahlenden Zinsbetrages in der Information über die Widerrufsfolgen ist auch dann klar und verständlich, wenn sie mit 0,00 EUR angegeben wird. (Rn. 29)

4. Eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsinformation wird nicht dadurch undeutlich dass die Vertragsunterlagen an anderer Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 5. November 2019, XI ZR 650/18). (Rn. 35)

 

Normenkette

BGB §§ 145, 147 Abs. 2, §§ 148, 355 Abs. 2 S. 1, § 361 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 2 O 272/19)

 

Tenor

In dem Rechtsstreit ... weist der Senat den Kläger darauf hin, dass seine Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Der Senat beabsichtigt, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO die Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Der Kläger erhält Gelegenheit, binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses hierzu Stellung zu nehmen.

 

Gründe

Der Senat ist nach derzeitigem Sachstand davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Gemäß § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung, die angegriffen wird, auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Zur Überzeugung des Senats liegen solche Berufungsgründe nicht vor.

Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger keine Ansprüche aus dem von ihm mit Schreiben vom 31.07.2019 (Anlage K 3, Anlagenband) erklärten Widerruf seiner auf Abschluss des streitgegenständlichen Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärung zustehen. Die Widerrufsfrist von 14 Tagen (gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) war zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen. Die Voraussetzungen für die Ingangsetzung dieser Frist waren erfüllt. Auf die zutreffenden Erwägungen in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils (Bl. 215f. der Akte) wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Die Ausführungen im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 04.06.2020 (Bl. 257f. der Akten) geben keinen Anlass zur Abänderung des angegriffenen Urteils. Der Senat folgt bei seinen Ausführungen der Gliederung der Berufungsbegründung (ab Abschnitt B. Begründung, Bl. 259f. der Akten):

1. Zu B.II.1.: Einbeziehung der Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite

Entgegen der Auffassung des Klägers können Pflichtangaben durch den Darlehensgeber auch in das Formular "Europäische Standardinformationen für Verbraucherkredite" aufgenommen werden.

Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass Pflichtangaben nicht in einer einheitlichen Vertragsurkunde enthalten sein müssen, sofern sich die Einheit der einzelnen Unterlagen aus fortlaufender Paginierung, fortlaufender Nummerierung der einzelnen Bestimmungen, einheitlicher graphischer Gestaltung, inhaltlichem Zusammenhang des Textes oder vergleichbaren Merkmalen zweifelsfrei ergibt (BGH, Urteil vom 17.09.2019 - XI ZR 662/18, NJW 2020, 334f., Rn. 19; BGH, Urteil vom 05.11.2019 - XI ZR 650/18, NJW 2020, 461f., Rn. 51 und BGH, Beschluss vom 11.02.2020 - XI ZR 648/18, BeckRS 2020, 2755, Rn. 33f., beck-online). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kopf des Formulars "Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite" weist die Antrags-Nummer, die sogenannte "Request-ID", die Anfrage-Nummer und das Datum (einschließlich Uhrzeit) des streitgegenständlichen Darlehensvertrages aus, so dass ein inhaltlicher Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag zweifelsfrei gegeben ist. Der Kläger hat mit seiner Unterschrift unter dem Darlehensvertrag bestätigt, die "Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite (SECCI)" erhalten zu haben.

Der Senat folgt nicht der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Karlsruhe in seinem Urteil vom 28.03.2017 (Az. 17 U 58/16, juris, Rn. 32), sondern der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die überzeugt.

2. Zu B.II.2.: Keine Prüfung der Pflichtangaben von Amts wegen

Der Senat bleibt bei seiner ständigen Rechtsprechung, dass die Prüfung von Pflichtangaben in der Berufungsinstanz Ausführunge...

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