Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Ehewohnungsverfahren nach § 1361b BGB die Frage, welcher Ehegatte die gemeinsamen Kinder künftig betreut weder einvernehmlich noch durch eine familiengerichtliche Entscheidung geklärt, kann die Entscheidung, welchem Ehegatten die Wohnung zu überlassen ist, nicht auf die Belange der Kinder im Sinne des § 1361b Abs. 1 S. 2 BGB gestützt werden, weil im Ehewohnungsverfahren trotz der Anhörung des Jugendamts keine dem Verfahren nach §§ 151 ff. FamFG vergleichbare Entscheidungsgrundlage für die Frage der Aufteilung der Kinderbetreuungszeiten geschaffen werden kann.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Wohnungsüberlassung bei Getrenntleben.
Die Beteiligten sind seit 2011 verheiratet und leben seit spätestens Anfang Mai 2024 getrennt. Sie haben eine derzeit sechzehnjährige Tochter, einen derzeit dreizehnjährigen Sohn und einen derzeit zehnjährigen Sohn.
Das verfahrensgegenständliche Haus in Stadt1 steht im Miteigentum der Ehegatten. Derzeit wird es von dem Antragsgegner bewohnt und der ältere Sohn lebt im Haushalt des Antragsgegners. Die Antragstellerin lebt derzeit bei ihrer Mutter in Stadt2-Ortsteil1. Die Tochter der Beteiligten und der jüngere Sohn leben derzeit mit der Mutter im Haushalt ihrer Großmutter mütterlicherseits. Vorher lebten für vier Wochen die Kinder dauerhaft in der Ehewohnung und die Eltern jeweils abwechselnd wöchentlich zur Betreuung der Kinder in der Ehewohnung. Entsprechend - mit längeren Zeitabschnitten - wurde wohl in den Sommerferien 2024 verfahren, die Antragstellerin hat den Antrag im vorliegenden Verfahren in der zweiten Ferienwoche gestellt. Die Beteiligten üben die elterliche Sorge für ihre Kinder gemeinsam aus. Soweit ersichtlich hat keiner der Ehegatten ein sorgerechtliches Verfahren eingeleitet.
Die Antragstellerin ist als Erzieherin berufstätig in Teilzeit. Der Antragsgegner ist bei der Berufsfeuerwehr in Stadt4 in Vollzeit berufstätig. Die Tochter geht in Stadt3 zur Schule, die Söhne in Stadt1.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz geltend gemacht, dass ein dauerhafter Aufenthalt bei ihrer Mutter aus Platzgründen nicht in Betracht komme. Sie hat in erster Instanz vorgetragen, dass es im Juli 2024 während Betreuungszeit des Antragsgegners zu einer Auseinandersetzung und einem körperlichen Übergriff des Antragsgegners ihr gegenüber gekommen sei, als sie etwas aus der ehelichen Wohnung holen wollte. In dem Zuge habe der Antragsgegner die Antragstellerin zu Boden gedrückt. Die Tochter habe die Polizei gerufen. Außerdem hat die Antragstellerin vorgetragen, der Antragsgegner sei psychisch labil und habe sich mehrfach suizidal geäußert. Der Antragsgegner unterbinde den Kontakt der zum Zeitpunkt der Antragstellung vom Antragsgegner betreuten Söhne mit der Mutter, die Tochter leide unter der Situation. Ziel sei, dass die Kinder nicht getrennt leben müssten. Sie habe bisher die Kinder überwiegend betreut, sei für Arztbesuche und schulische Angelegenheiten zuständig gewesen.
Die Antragstellerin hat beantragt,
1. das in der Straße1 in Stadt1 gelegene Haus der Beteiligten der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zuzuweisen und den Antragsgegner zu verpflichten, der Antragstellerin das vorgenannte eheliche Haus zur alleinigen Nutzung zu überlassen;
2. den Antragsgegner zu verpflichten, dass in der Straße1 in Stadt1 gelegene eheliche Haus bis zum 31. August 2024 zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben; bei der Vollstreckung ist § 85 Abs. 2 bis 4 ZPO nicht anzuwenden;
3. den Antragsgegner zu verpflichten, bis zum Ablauf der Räumungsfrist folgende Schlüssel an die Antragstellerin herauszugeben: 1 Hausschlüssel, 1 Hofschlüssel;
4. die Zulässigkeit der Vollstreckung vor der Zustellung an den Antragsgegner anzuordnen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
das Haus Straße1 in Stadt1 dem Antragsgegner zur alleinigen Nutzung zuzuweisen und die Antragstellerin zu verpflichten, dem Antragsgegner das Haus zur alleinigen Nutzung zu überlassen; die Antragstellerin zu verpflichten, das Haus Straße1 in Stadt1 bis zum 31. August 2024 zu räumen und nebst sämtlicher Haustür-, Hof- und Briefkastenschlüssel an den Antragsgegner herauszugeben; die sofortige Vollstreckung anzuordnen.
Der Antragsgegner war und ist der Auffassung, dass ihm das eheliche Haus zuzuweisen ist, weil eine besondere Härte vorliegt. Dazu hat er vorgetragen, dass er keine andere Unterkunft zur Verfügung hat - die während der wechselnden Betreuung der Kinder angemietete Wohnung sei gekündigt. Zudem hat er - von der Antragstellerin unbestritten - vorgetragen, dass er ein Nebengewerbe als Bautischler hat und die Werkstatt auf dem Grundstück liegt. Zu dem Vorfall im Juli 2024 hat er vorgetragen, dass es zu einer Auseinandersetzung der Beteiligten kam, weil die Antragstellerin außerhalb ihrer Zeit...