Leitsatz (amtlich)
Hat die Wohnungseigentümerversammlung in einem bestandskräftigen Mehrheitsbeschluss bereits den Umfang von Sanierungsarbeiten festgelegt, können in einem gesonderten Beschluss mehrheitlich die Modalitäten der Auftragsvergabe geregelt werden.
Normenkette
WEG § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Aktenzeichen 4 T 175/05) |
Gründe
Die Antragsteller und die Antragsgegner bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft A-Straße ... in O1. Sie streiten um die Sanierung der Fassade, die Dämmung der Kellerdecke und des Dachbodens sowie der Gaupen und damit zusammenhängende Arbeiten in dieser Liegenschaft. Zu Tagesordnungspunkt 8 der Eigentümerversammlung vom 23.4.2003 beschlossen die Eigentümer einstimmig, dass ein Gutachter bestellt wird, der sich die Feuchtigkeit sowohl an der Giebelseite als auch in der Wohnung B ansieht (Bl. 14 d.A.). Der von der Hausverwaltung beauftragte Dipl.-lng. SV1 führte am 11.6.2003 eine Ortsbesichtigung durch und erstellte darüber am 2.7.2003 ein Protokoll. (Bl. 114, 115 d.A.) Er kam zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeitsschäden auf mangelhafte Gebäudeisolierung zurückzuführen seien und empfahl, das gesamte Außenmauerwerk mit einer atmungsaktiven Dämmung aus Steinwolle zu versehen und mit einem mineralischen Putz zu verputzen. Der fehlende Dachüberstand solle mindestens um die Dämmdecke erweitert werden, zudem sollten Kellerdecke und Dachboden gedämmt werden. In einer außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 26.8.2003 erläuterte Herr SV1, dass er nach dem an diesem Tag zu fassenden Beschluss über den Umfang der Arbeiten beabsichtige eine Ausschreibung mit einheitlichem Leistungsverzeichnis durchzuführen. Nach Angebotsabgabe werde er die Angebote auswerten und Verhandlungen mit den günstigsten Bietern führen. Danach erfolge die Auftragsvergabe nach Absprache mit den Eigentümern. Daraufhin beschlossen die Eigentümer zu TOP 1a) mehrheitlich, die Fassadensanierung mit Dämmung auch vom Keller und Dachboden durchführen zu lassen, zu TOP 1b) die Finanzierung der Maßnahme nach Miteigentumsanteilen sowie zu TOP 1c) die Beauftragung des Architekten SV1 mit der Ausschreibung und Überwachung der Arbeiten (Bl. 16 d.A.). Die Antragsteller zu 1. und 2. baten auch im Namen weiterer Wohnungseigentümer die Hausverwaltung mit Schreiben vom 3.9.2003, über die Beschlussfassung zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 26.8.2003 erneut abstimmen zu lassen und dabei die von ihnen eingeschalteten Architekten C und D hinzuzuziehen, die nach einer für den 4.9.2003 beabsichtigten Ortsbesichtigung eine gutachterliche Stellungnahme abgeben würden (Bl. 18-21 d.A.). Diese Stellungnahme gab der Dipl.-lng. und Architekt C am 17.10.2003 ab (Bl. 22-25 d.A.). Nach seiner Auffassung waren die Feuchtigkeitsschäden in der Wohnung B auf fehlerhaftes Lüften zurückzuführen und war nur eine Schadensbeseitigung innerhalb der Wohnung geboten. Allerdings sei unabhängig von dem begutachteten Schaden ein "Nachrüsten" der Baukonstruktion mittels eines Wärmeverbundsystems (WDVS) ratsam. Die Hausverwaltung lud mit Schreiben vom 26.11.2003 (Bl. 28, 29 d.A.) zur Eigentümerversammlung vom 8.12.2003 ein. Nach dem Einladungsschreiben betraf TOP 1 die Aufhebung des Beschlusses zu TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 23.4.2003 und TOP 2 die Fassadensanierung auf der Grundlage des Schadensprotokolls C vom 17.10.2003 und SV1 vom 2.7.2003. Zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 8.12.2003 wurde zu TOP 1 der Beschluss vom 23.4.2003, TOP 8, - also der Beschluss über die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Schadensfeststellung, der bereits vollzogen war, - einstimmig aufgehoben. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen darüber, dass damit der Beschluss zu TOP 1 der Eigentümerversammlung vom 26.8.2003 gemeint war. Nachdem die Architekten C und SV1 ihre Vorstellungen referiert und die gestellten Fragen der Eigentümer beantwortet hatten, kam es zu TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 8.12.2003 zu folgender Beschlussfassung (Bl. 30, 31 d.A.): "a) Fassadensanierung ja oder nein? Die Fassadensanierung wurde mit 8 Ja-Stimmen (8.801/10.000stel) bei einer Gegenstimme (1.199/10.000stel) beschlossen. b) Bei der Beschlussfassung für die Vergabe an einen der beiden Architekten wurde wie folgt abgestimmt: 1. für Herrn Architekt C 2 Ja-Stimmen (2.707/10.000stel) 2. für Herrn Architekt SV1 5 Ja-Stimmen (5.104/10.000stel) 3. Enthaltung: 2 Ja-Stimmen (2.189/10.000stel). Anschließend wurde einstimmig beschlossen, Herr SV1 wird beauftragt, eine Ausschreibung zu machen. Diese Ausschreibung beinhaltet die Isolierung der Fassade, der Kellerdecke, des Dachbodens und der Gauben. Die Eigentümer entscheiden nach der erfolgten Ausschreibung über die Vergabe in einer weiteren Eigentümerversammlung. Zwecks Ausschreibung können die Eigentümer Adressen von Wunschfirmen an die Hausverwaltung geben, die dann von Herrn SV1 berücksichtigt werden, um ein gleichlautendes Leistungsverzeichnis zu haben. c) Finanzierung: Hierzu wurde einstimmig beschlossen, dass jed...