Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckungsschutz gegen Beitreibung eines Ordnungsgeldes
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Gewährung von Vollstreckungsschutz gegen die Beitreibung eines Ordnungsgeldes wegen Verstoßes gegen eine Anordnung nach § 1 GewSchG ist das Amtsgericht als Vollstreckungsgericht und nicht das Familiengericht zuständig.
2. Die Gewährung einer Zahlungserleichterung setzt voraus, dass der Schuldner willens und in der Lage ist, das Ordnungsgeld in Beträgen in angemessener Höhe und in einem angemessenen Zeitraum zu zahlen, und darf den Zweck der Anordnung und deren Vollstreckung nicht vereiteln.
Verfahrensgang
AG Bensheim (Beschluss vom 09.02.2022; Aktenzeichen 72 F 152/20 OV2) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Das Amtsgericht hat zur Erzwingung einer Unterlassungsanordnung nach § 1 GewSchG gegen die Beschwerdeführerin
mit Beschluss vom 3. Februar 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 Euro,
mit Beschluss vom 10. März 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 Euro,
mit Beschluss vom 21. Juni 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000,00 Euro,
mit Beschluss vom 9. August 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000,00 Euro und
mit weiterem Beschluss vom 8. November 2021 ein Ordnungsgeld in Höhe von 3.000,00 Euro angeordnet.
Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 hat die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zahlungserleichterung in Form von Ratenzahlung gestellt, weil sie keine Einnahmen habe. Mit Beschluss vom 9. Februar 2022 hat das Amtsgericht - Familiengericht - durch die Rechtspflegerin einen Antrag auf Bewilligung einer monatlichen Ratenzahlung zurückgewiesen. Bei der von der Beschwerdeführerin angeführten Ratenhöhe von 50,00 Euro sei mit einer alsbaldigen Begleichung nicht zu rechnen zumal die Beschwerdeführerin selbst angebe, nicht über Einkommen zu verfügen. Darüber hinaus habe das Ordnungsmittel Sanktionscharakter, der nicht konterkariert werden dürfe.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2022 hat die Beschwerdeführerin erneut einen Antrag auf Ratenzahlung gestellt. Sie habe einen Minijob und werde bald eine Vollzeittätigkeit beginnen, so dass eine realistische Ratenzahlung anzunehmen und es ihr möglich sei, monatlich 100,00 Euro zu zahlen. Das Amtsgericht hat das Schreiben als sofortige Beschwerde ausgelegt und dieser nicht abgeholfen. Die Beschwerdeführerin habe ihre Angaben über eine Erwerbstätigkeit nicht nachgewiesen. Außerdem zeige sie sich weiter nicht einsichtig, weil sie weiter gegen die Unterlassungsverpflichtungen verstoße.
II. Die sofortige Beschwerde nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG i.V.m. § 793 ZPO, §§ 567 ff. ZPO ist zulässig, insbesondere statthaft und fristgerecht erhoben. Das Oberlandesgericht ist auch zu einer Entscheidung berufen. Zuständig für den vorliegenden Antrag auf Vollstreckungsschutz nach § 765a ZPO, auf den § 95 Abs. 1 FamFG und § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG verweisen, wäre nach dem Wortlaut der Vorschrift zwar das Vollstreckungsgericht und nicht das Familiengericht gewesen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Februar 2013 - 4 WF 48/13 - Rn. 3), was in der Rechtsmittelinstanz aber ohne Auswirkungen bleibt, § 17a Abs. 5 und 6 GVG analog (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 22. Februar 2013 - 4 WF 48/13 - Rn. 5).
Die sofortige Beschwerde ist unbegründet. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 JBeitrG i.V.m. § 765a ZPO i.V.m. Art. 7 Abs. 1 EGBGB kann zwar, wenn es dem Betroffenen nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, das Ordnungsgeld sofort zu zahlen, eine Zahlungsfrist oder Zahlung in Teilbeträgen zu gestatten sein. Eine Zahlungserleichterung setzt aber zum einen Voraus, dass der Schuldner willens und in der Lage ist, das Ordnungsgeld in Beträgen in angemessener Höhe und in einem angemessenen Zeitraum zu zahlen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 16. Januar 1984 - 11 W 57/83 - Leitsatz zitiert nach juris). Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Ordnungsmittel nach § 890 ZPO zugleich dem Vollstreckungsgläubiger dient, so dass über die Grundsätze und Erwägungen, welche das strafrechtliche Sanktionensystem bestimmen, hinaus die Belange des Vollstreckungsgläubigers zu berücksichtigen sind (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 25. Januar 2017 - 2 W 74/16 -, Rn. 62, juris) und § 765a Abs. 1 Satz 1 ZPO als Ausnahmevorschrift eng auszulegen ist. Anwendbar ist die Bestimmung nur dann, wenn im Einzelfall das Vorgehen des Gläubigers nach Abwägung der beiderseitigen Belange zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führt (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2009 - I ZB 36/09 -, Rn. 12, juris).
Danach hat das Amtsgericht die Anordnung von Vollstreckungsschutz zutreffend abgelehnt. Es ist nicht erkennbar, dass die Durchführung der Vollstreckung unter voller Würdigung der Schutzbedürfnisse der Begünstigten der Gewaltschutzanordnung für die Beschwerdeführerin wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten unvereinbar ist. Die Beschwerdeführerin hat sel...