Leitsatz (amtlich)
Die ablehnende Haltung eines Angehörigen zu lebensverlängernden Maßnahmen (hier: Legen einer Magensonde) führt nicht notwendig zur Ungeeignetheit als Betreuer.
Normenkette
BGB § 1897 Abs. 1, 5
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 12.01.2006; Aktenzeichen 5 T 704/05) |
AG Darmstadt (Aktenzeichen 50 XVII 448/05) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 Abs. 3 KostO).
Gründe
Nachdem dem AG auf Mitteilung des behandelnden Arztes bzw. der Tochter der Betroffenen bekannt wurde, dass die Betroffene einer Betreuung bedürfe, leitete das AG Darmstadt ein Betreuungsverfahren ein. Hintergrund für das Betreuungsverfahren war insb., dass es Meinungsverschiedenheiten zwischen den die Betroffene behandelnden Personen und der Tochter der Betroffenen, Frau A, gab, da diese es ablehnte, dass der Betroffenen eine Magensonde gelegt wird.
Mit Beschluss vom 14.9.2005 wurde im Wege einstweiliger Anordnung Herr Dr. B zum Betreuer für die Betroffene bestellt (Bl. 37 ff. d.A.). Hinsichtlich der Auswahl des Betreuers führte das AG aus, dass ein Berufsbetreuer bestellt werden müsse, da kein geeigneter ehrenamtlicher Betreuer habe vorgeschlagen werden können. Die Tochter der Betroffenen sei als Betreuerin ungeeignet, da sie die Betroffene verhungern lassen wolle und das Legen einer Magensonde ablehne. Das AG hatte zuvor die Betroffene im Beisein ihrer Tochter sowie die Tochter angehört (Bl. 41 f. d.A.), ein Sachverständigengutachten zur Frage der Betreuungsbedürftigkeit (Bl. 14 ff. d.A.) eingeholt und darüber hinaus für die Betroffene einen Verfahrenspfleger bestellt.
Mit Beschluss vom 13.10.2005 bestellte das AG Darmstadt (Bl. 60 ff. d.A.) nunmehr im Hauptsacheverfahren einen Betreuer für die Betroffene und bestimmte wiederum Herrn Dr. B zum Betreuer mit der gleichen Begründung wie im einstweiligen Anordnungsverfahren.
Gegen diese Entscheidung legte die Tochter der Betroffenen Beschwerde ein, mit der Begründung, dass sie selbst die Betreuung ihrer Mutter übernehmen wolle. Zur Begründung verwies sie auf ein Attest von Dr. C (Bl. 64 ff. d.A.), aus dem sich ergebe, dass - was sie bereits vorher gewusst habe - ihre Mutter ganz eindeutig eine Magensonde ablehne. Es sei daher mitnichten so, dass sie ihre Mutter verhungern lassen wolle: es sei ihr einzig wichtig, dem erklärten Willen ihrer Mutter gemäß zu handeln. Da sie in einer sehr engen Beziehung zu ihrer Mutter stehe, wolle sie deren Betreuung ausüben.
Nach Einholung der Stellungnahme des wiederum bestellten Verfahrenspflegers (Bl. 78 ff. d.A.) hob das LG mit dem hier angegriffenen Beschluss (Bl. 94 ff. d.A.; 106 f. d.A.) den Beschluss des AG auf, entließ den vom AG bestellten Berufsbetreuer und bestimmte statt dessen die Tochter der Betroffenen zur Betreuerin.
Unter Berücksichtigung des sog. Verwandtenvorzugs sei die Tochter der Betroffenen zur Betreuerin zu bestellen. Im Gegensatz zur Auffassung des AG sei die Äußerung der Tochter in der Anhörung durch das AG sowie im Beschwerdeverfahren, der Betroffenen entsprechend ihrem Wunsch keine Magensonde legen lassen zu wollen, kein Grund, von einer Ungeeignetheit als Betreuerin auszugehen. Unabhängig davon, dass sich zwischenzeitlich herausgestellt habe, dass das Legen einer Magensonde derzeit nicht erforderlich sei, ergebe sich aus der generellen Weigerung der Tochter der Betroffenen keine grundsätzliche Ungeeignetheit zum Führen eines oder gar aller der angeordneten Aufgabenkreise, denn der Betreuer unterliege der Aufsicht des Vormundschaftsgerichtes. Dies bedeute für den Fall, dass der Betreuer einer von den jeweiligen Ärzten befürworteten lebenserhaltenden Maßnahme - bei der entsprechenden medizinischen Indikation - nicht zustimme, die jeweilige lebensverlängernde oder-erhaltende medizinische Maßnahme grundsätzlich bis zu einer anderslautenden Entscheidung des dann angerufenen Vormundschaftsgerichtes fortzusetzen sei. Die Einstellung der Beteiligten zu 1) könne sich jedenfalls dann, wenn die behandelnden Ärzte lebenserhaltende Maßnahmen befürworteten, nicht zu Lasten der Betroffenen auswirken, ohne dass diese sich strafbar mache.
Gegen den Beschluss des LG legte der Verfahrenspfleger mit Schriftsatz vom 14.2.2006 (Bl. 112 ff. d.A.) weitere Beschwerde ein mit dem Ziel, dass die Tochter der Betroffenen wiederum als Betreuerin entlassen werde und statt dessen der ursprünglich bestellte Betreuer Dr. B bzw. ein anderer Berufsbetreuer mit den Aufgaben der Betreuung betraut werde. Er ist der Auffassung, dass die Tochter der Betroffenen ungeeignet sei, das Amt des Betreuers für die Betroffene zu übernehmen, da sich gezeigt habe, dass sie in Krisensituationen nicht in der Lage sei adäquat zu handeln, was sich insb. im Rahmen der Auseinandersetzung um das Legen einer Magensonde gezeigt habe.
Der ehemalige Betreuer erklärte sich mit der Bestellung der Tochter zur Betreuerin einverstanden (Bl. 127 d.A.).
Die weitere Beschwerde ist zulässig; der im landgerichtlichen Verfahren bestellte...