Leitsatz (amtlich)
Erreicht ein bereits vor dem 1.1.1999 bestellter Berufsbetreuer auf Dauer nicht den in § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB vorgesehenen Tätigkeitsumfang, so kann ihm der Vergütungsanspruch für die Dauer seiner Bestellung in den bereits übertragenen Betreuungen nicht dadurch genommen werden, dass das VormG die Feststellung trifft, die Betreuung werde ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr berufsmäßig geführt.
Verfahrensgang
LG Gießen (Beschluss vom 23.02.2004; Aktenzeichen 7 T 489/03) |
AG Gießen (Beschluss vom 08.10.2003; Aktenzeichen 23-XVII 5793/92) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Gießen vom 8.10.2003 werden aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Beschwerdewert - auch für das Verfahren der Erstbeschwerde -: 3.000 Euro.
Gründe
I. Mit Beschluss vom 18.3.1997 wurde die Beschwerdeführerin für die Betroffene zur Betreuerin bestellt. Des Weiteren wurden ihr im März 1997 die Führung von zwei weiteren Betreuungen für andere Betroffene übertragen. Die Betreuerin, die über einen Berufsabschluss als Kinderkrankenschwester und einen Hochschulabschluss als Diplom-Juristin in der früheren DDR verfügt und früher als Vereinsbetreuerin tätig war, führt seitdem diese drei Betreuungen mit einem Zeitaufwand von wöchentlich insgesamt ca. 14 Stunden.
In der Vergangenheit wurde der Betreuerin in sämtlichen drei Betreuungen jeweils regelmäßig eine Vergütung als Berufsbetreuerin auf der Grundlage eines Stundensatzes von zuletzt 31 Euro bewilligt.
In dem Betreuungsverfahren 23-XVII 226/97 hatte das LG Gießen mit Beschluss vom 5.7.1999 festgestellt, dass die Betreuerin die Betreuung berufsmäßig führt und zur Begründung ausgeführt, da die bis vor kurzem hauptberuflich für einen Betreuungsverein tätig gewesene Betreuerin sich bereit erklärt habe, weitere Betreuungen in dem in § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB vorausgesetzten Umfang zu übernehmen und hierfür nach Aufgabe der anderweitigen Berufstätigkeit auch über genügend Zeit verfüge, sei die berufsmäßige Führung der Betreuung festzustellen, auch wenn sie derzeit für die drei von ihr geführten Betreuungen weniger als 20 Wochenstunden aufwende.
Nachdem es im Rahmen der Vergütungsfestsetzungsverfahren zu Streitigkeiten insb. bezüglich der Notwendigkeit und Häufigkeit der persönlichen Besuche der Betreuerin bei den Betroffenen gekommen war, stellte das AG Gießen in der vorliegenden Betreuung mit Beschluss vom 8.10.2003 mit Wirkung vom 1.11.2003 fest, dass die Betreuung nicht mehr berufsmäßig geführt werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, die in dem landgerichtlichen Beschluss aufgestellte Prognose, dass der Betreuerin in absehbarer Zeit weitere Betreuungen übertragen würden, habe sich nicht erfüllt. Da genügend ortsansässige qualifizierte Berufsbetreuer zur Verfügung stünden, werde sich hieran in naher Zukunft auch nichts ändern.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betreuerin wies das LG mit dem angefochtenen Beschluss zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, es liege kein Regelfall gem. § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB vor, des Weiteren lasse sich in keinem der drei Betreuungsverfahren, in dem die Betreuerin tätig sei, feststellen, dass sie gerade im Hinblick auf ihre berufliche Qualifikation als Kinderkrankenschwester und Diplom-Juristin bestellt worden sei.
II. Die hiergegen gerichtete weitere Beschwerde der Betreuerin ist zulässig. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die mit dem BtÄndG zum 1.1.1999 in § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB neu eingeführte und bereits bei der Bestellung des Betreuers zu treffende Feststellung über die berufsmäßige Führung der Betreuung und ihre Ablehnung für den Betreuer bzw. den Betroffenen mit einfacher und weiterer Beschwerde anfechtbar sind (vgl. OLG Hamm v. 28.8.2000 - 15 W 57/00, OLGReport Hamm 2001, 78 = FamRZ 2001, 1482; BayObLG v. 3.5.2001 - 3Z BR 85/01, FamRZ 2001, 1484; OLG Frankfurt v. 8.1.2001 - 20 W 243/00, MDR 2001, 756 = OLGReport Frankfurt 2001, 80 = FamRZ 2001, 790; FGPrax 2004, 122; Palandt/Diedrichsen, BGB, 63. Aufl., § 1836 Rz. 4). Gleiches muss für eine Entscheidung gelten, durch die eine negative Feststellung bezüglich der berufsmäßigen Führung einer Betreuung getroffen wird.
Das zulässige Rechtsmittel der Betreuerin führt auch in der Sache zum Erfolg, da die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht.
Das LG hat lediglich festgestellt, dass die Betreuerin im Hinblick auf die von ihr selbst angegebene regelmäßige Tätigkeitsdauer in den drei ihr übertragenen Betreuungen von ca. 14 Wochenstunden die Regelvoraussetzungen des § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB nicht erfüllt und ist des Weiteren der Auffassung, dass sich in den drei Betreuungen eine Beauftragung gerade im Hinblick auf die berufliche Qualifikation nicht feststellen lasse. Diese Umstände lassen es zwar gerechtfertigt erscheinen, in einer neu übertragenen Betreuung die nach §§ 1908i Abs. 1 S. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 BGB seit dem 1.1.1999 konstitutiv für die Vergütu...