Normenkette
BGB § 1836 Abs. 1 u. 2, § 1908i Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.10.2002; Aktenzeichen 2/28 T 146/02) |
AG Bad Homburg (Beschluss vom 09.08.2002; Aktenzeichen 42 XVII K 29/99) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Bad Homburg v.d. Höhe vom 9.8.2002, soweit mit ihm eine Vergütung für die Tätigkeit vom 8.3.2000 bis zum 12.9.2000 versagt wurde, werden aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung – auch über die Frage der Nachholung der Feststellung der Berufsmäßigkeit der Führung der Betreuung – an das AG Bad Homburg v.d. Höhe zurückverwiesen.
Gründe
Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss gem. § 56g Abs. 5 S. 2 FGG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde führt in der Sache in dem aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Umfang zum Erfolg, weil die Entscheidungen der Vorinstanzen auf einer Verletzung des Rechts beruhen (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).
Bereits das AG hätte über den Vergütungsantrag des Betreuers nicht entscheiden dürfen, ohne zuvor eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob die Feststellung über die berufsmäßige Führung der Betreuung nachzuholen war.
Nach der durch das BtÄndG zum 1.1.1999 in Kraft getretenen Neuregelung des § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 1908i Abs. 1 BGB hat das VormG schon bei der Bestellung des Betreuers festzustellen, ob dieser die Betreuung berufsmäßig führt. Hiermit soll bezüglich der Vergütungsfrage bereits zu Beginn der Betreuung Rechtsklarheit und Kalkulierbarkeit geschaffen werden (vgl. BT-Drucks. 13/10331 S. 27; Wagenitz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1836 Rz. 7; BayObLGZ 1999, 294).
Die Feststellung der Berufsmäßigkeit erfolgt durch gerichtlichen Beschluss oder Verfügung gem. § 19 FGG (vgl. Wagenitz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1836 Rz. 7; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1836 Rz. 10). Die Möglichkeit einer nur konkludenten Feststellung durch Bewilligung der Vergütung (Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 Rz. 11) ist jedenfalls für nach dem 1.1.1999 vorgenommene Betreuerbestellungen abzulehnen, da sie der durch die gesetzliche Neuregelung angestrebten Klarstellungsfunktion zuwider läuft.
Die Feststellung der Berufsmäßigkeit steht weder im Ermessen des Gerichts noch unterliegt sie der Disposition des Betreuers; sind die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben, so hat das Gericht die Berufsmäßigkeit festzustellen (vgl. HK-BUR Bauer/Deinert, § 1836 BGB Rz. 51; Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl., § 1836 Rz. 9; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 Rz. 10). Insbesondere steht einem Berufsbetreuer kein Wahlrecht zu, ob er eine konkrete Betreuung berufsmäßig führen oder wie ein ehrenamtlicher Betreuer abrechnen und etwa eine Aufwandspauschale nach § 1835a BGB bzw. eine Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 3 BGB beanspruchen will (vgl. Wagenitz in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1836 Rz. 9; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 Rz. 8).
In materieller Hinsicht ist die Feststellung über die berufsmäßige Führung der Betreuung gem. § 1836 Abs. 1 S. 3 BGB zu treffen, wenn die in S. 4 der Vorschrift genannten Regelfallvoraussetzungen erfüllt sind. Darüber hinaus kommt eine berufliche Führung der Betreuung auch dann in Betracht, wenn zwar die qualitativen Anforderungen des § 1836 Abs. 1 S. 4 BGB nicht erfüllt sind, für die Übertragung der Betreuung aber die berufliche Qualifikation des Betreuers maßgeblich ist und deren Übernahme nicht zur Erfüllung einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht als Ehrenamt oder auf Grund einer persönlichen Beziehung zum Betreuten, sondern im Rahmen einer neben- oder zweitberuflichen Tätigkeit erfolgt, wie dies insb. bei Rechtsanwälten häufig der Fall ist (vgl. BVerfG v. 1.7.1980 – 1 BvR 349/75, 1 BvR 378/76, MDR 1980, 995 = BVerfGE 54, 251; BayObLG FamRZ 1998, 187 und 1999, 462; OLG Köln FamRZ 1998, 1536; OLG Zweibrücken v. 19.11.1999 – 3 W 232/99, OLGReport Zweibrücken 2000, 86 = FamRZ 2000, 556; OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.1.2001 – 20 W 243/00, FamRZ 2001, 762; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1836 Rz. 5 sowie Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836 Rz. 18 jew. m.w.N.),
Die hier gegebenen Umstände, die zur Bestellung des Betreuers führten, deuten auf dessen Bestellung zur berufsmäßigen Führung der Betreuung hin. Er wurde von der Betreuungsstelle ersichtlich im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt vorgeschlagen, der auch bereits andere Betreuungen geführt hatte, nachdem die Betroffene einen neutralen Betreuer wünschte und ein ehrenamtlicher Betreuer nicht in Betracht kam.
Eine Feststellung über die berufsmäßige Führung der Betreuung wurde bisher jedoch noch nicht getroffen. Sie ist insb. wegen des fehlenden Einzelfallbezuges und mangels Bekanntgabe an die Verfahrensbeteiligten nicht dem auf entsprechende Anfrage der Rechtspflegerin niedergelegten Vermerk der Richterin vom 25.7.2002 (Bl. 203Rs d.A.) zu entnehmen und wurde auch im Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom...