rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Titelschutz für Fortbildungsveranstaltungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die regelmäßige Veranstaltung von Fortbildungsveranstaltungen kann ein titelschutzfähiges Werk im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG darstellen, wenn sie durch eine thematische Idee geprägt wird, die - etwas durch das Programm und Teilnehmerverzeichnis, das begleitende Programm, die Auswahl der Referenten und die Außendarstellung etc. - visuell, organisatorisch und inhaltlich aufbereitet wird und sich so den angesprochenen Verkehrskreisen als organisatorische Einheit präsentiert.
2. Inhaber des Titelschutzrechts ist nicht derjenige, der nach außen als Veranstalter auftritt, sondern derjenige, der tatsächlich über den Werkinhalt - und -titel bestimmt.
3. Der Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen aus einem Titelschutzrecht kann § 242 BGB entgegenstehen, wenn das Titelschutzrecht in Erfüllung eines Vertrages mit demjenigen entstanden ist, der nunmehr auf Unterlassung in Anspruch genommen wird.
Normenkette
BGB §§ 242, 667; MarkenG § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 25.03.2020; Aktenzeichen 2-6 O 85/20) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 25.03.2020 dahingehend abgeändert, dass der Antragsgegnerin auch untersagt wird,
es - bei Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall von bis zu zwei Jahren - zu unterlassen,
Veranstaltungen unter folgender Bezeichnung zu bewerben, anzubieten und oder durchzuführen:
"X Lehrgang 1",
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Verfügungsverfahrens haben die Antragstellerin 1/3 und der Antragsgegner 2/3, von den Kosten des Beschwerdeverfahrens die Antragstellerin 2/3 und der Antragsgegner 1/3 zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren über Werktitelrechte an Veranstaltungen.
Der Antragsgegner ist eine Interessenvertretung für Juristinnen und Juristen in Rechtsabteilungen von Unternehmen. Die Antragstellerin bietet Fachpublikationen, Fortbildungen und Kongresse für Unternehmensjuristen an. Diese Leistungen erbrachte sie zunächst im Rahmen eines bis zum 31.12.2019 geltenden Servicevertrages für den Antragsgegner. Im Rahmen des Vertrages oblag der Antragstellerin unter anderem die eigenverantwortliche Organisation und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen sowie Workshops und Kongressen unter der Bezeichnung "X", die die Abkürzung des Unternehmenskennzeichens der Antragsgegnerin darstellt. Die Antragstellerin war dabei jedoch zur Abstimmung mit der Antragsgegnerin verpflichtet. Der Antragsgegner wirkte bei der Konzeption der Veranstaltungen in einem zwischen den Parteien streitigen Umfang mit. Die Antragstellerin plante und veranstaltete in der Vergangenheit die Veranstaltungen "Lehrgang 1", "Lehrgang 2" sowie "Veranstaltung 1", wobei diese nach außen hin als Veranstaltungen des Antragsgegners dargestellt wurden.
Nach Beendigung des Servicevertrages bietet der Antragsgegner Veranstaltungen in Kooperation mit einem Dritten an. Die Antragstellerin bietet Fortbildungsveranstaltungen nunmehr in eigener Verantwortung an.
Der Antragsgegner bewarb in seiner Broschüre "B" (Anlage AST 3) die Veranstaltungen "X Lehrgang 1", "Lehrgang 2", "Veranstaltung 1" sowie "X Veranstaltung 1". Die Veranstaltungen "Veranstaltung 1" und "C" wurden darüber hinaus auch auf der Internetseite des Antragsgegners angeboten (Anlagenkonvolut ASt 15).
Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihr stünden insoweit Titelrechte zu, da sie die Veranstaltungskonzepte initiiert, geplant, konzipiert und etabliert habe. Sie habe das Programm entwickelt, die Referenten akquiriert, unter Vertrag genommen sowie das Management übernommen. Das Format "C" sei zudem außerhalb des Vertrags mit dem Antragsgegner entwickelt worden.
Das Landgericht hat im Hinblick auf andere - im Beschwerdeverfahren nicht mehr anhängige - Anträge die beantragte einstweilige Verfügung erlassen, die auf Unterlassung der Titelbenutzung gerichteten Anträge hingegen zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, es seien auf Grundlage des Vortrags der Antragstellerin keine besonderen Umstände erkennbar, die den Veranstaltungen der Antragstellerin eine Individualität verliehen, die eine Gleichstellung mit Druckschriften nach § 5 MarkenG rechtfertigten.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde hat das Landgericht nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Der Antragsteller ist der Auffassung, das Landgericht habe zu Unrecht das Vorliegen von Werktiteln im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG abgelehnt. Die streitgegenständlichen Titel kennzeichneten für den angesprochenen Verkehr konkrete Veranstaltungsformate, die sich an Unternehmensjuris...