Leitsatz (amtlich)

Der begleitete Umgang mit einem minderjährigen Kind kann vorübergehend auch in der Wohnung des Obhutselternteils stattfinden, um diesem die Akzeptanz der künftigen Kontakte zwischen umgangsberechtigtem Elternteil und Kind zu erleichtern. Voraussetzung dafür ist, dass keine Kindeswohlgesichtspunkte entgegenstehen und dass sich zur Zeit der Umgänge weder der Obhutselternteil selbst, noch dritte Personen dort aufhalten.

Es ist Sache des Obhutselternteils, etwaige Überschneidungen zwischen seinen - von ihm auch auf Nachfrage nicht näher eingegrenzten - unregelmäßigen Arbeitszeiten und der gerichtlichen Umgangsregelung durch entsprechende Dispositionen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit oder - vor allem - durch Absprachen mit dem anderen Elternteil zu vermeiden (Anschluss an OLG Karlsruhe FamRZ 2018, 182).

 

Normenkette

BGB § 1626 Abs. 3 S. 1, § 1684 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 400 F 157/21)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird mit ihrem Beschlusstenor teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Kindesvater hat das Recht und die Pflicht, zu folgenden Zeiten Umgang mit seiner Tochter X, geb. am ..., zu haben:

- jeweils ... in der Zeit von ... Uhr, beginnend mit ..., dem ....

Umgangskontakte finden nicht statt (und werden auch nicht nachgeholt) in der Zeit zwischen dem ... und dem ... sowie an gesetzlichen arbeitsfreien Feiertagen im Bundesland Hessen.

In dem Zeitraum vom ... bis zum ... wird der Umgang des Kindesvaters mit X begleitet durch einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin des Jugendhilfeträgers "Y", ....

Durchgeführt wird der Umgang abwechselnd in den Räumen des Jugendhilfeträgers "Y", ... - dort erstmals am ... - und in der Wohnung der Kindesmutter - dort erstmals am ... Wenn der Umgang in den Räumen des Jugendhilfeträgers stattfindet, wird ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Jugendhilfeeinrichtung "Y" X um ... Uhr vor der Wohnung der Kindesmutter abholen, sie zu den Räumen der Jugendhilfeeinrichtung bringen und sie nach Beendigung der Umgangskontakte bis spätestens ... Uhr wieder zur Wohnung der Kindesmutter zurückbringen. Entsprechend ist die Kindesmutter verpflichtet, X zu den genannten Zeiten entweder persönlich oder durch eine von ihr beauftragte dritte Person an den zuständigen Mitarbeiter / Mitarbeiterin der Jugendhilfeeinrichtung "Y" herauszugeben und nach Beendigung des Umgangs wieder in Empfang zu nehmen. Findet der Umgang in der Wohnung der Kindesmutter statt, dürfen sich dort weder die Kindesmutter noch eine andere Person mit Ausnahme des Kindesvaters und der Begleitperson aufhalten.

Mit Ablauf des ... - nach Beendigung des begleiteten Umgangs - holt der Kindesvater X jeweils mittwochs um ... Uhr vor der Wohnung der Kindesmutter ab und bringt sie um ... wieder dorthin zurück. Die Umgangszeit mit X verbringt der Kindesvater ab dem ... in seiner eigenen Wohnung oder an einem anderen Ort seiner Wahl.

Eine gesonderte Ferien- und Feiertagsregelung erfolgt nicht.

Die Kindesmutter und der Kindesvater haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu dem jeweils anderen Elternteil beeinträchtigen könnte.

Im Übrigen bleibt es, auch im Kostenausspruch, bei der angefochtenen Entscheidung.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die sich aus der abgeänderten Entscheidung über die Durchführung des Umgangs ergebenden Pflichten wird den beteiligten Eltern die Verhängung eines Ordnungsgelds von bis zu 25.000 EUR, oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder seine Festsetzung keinen Erfolg verspricht, von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten Dauer angedroht.

Die durch die Beschwerde verursachten Gerichtskosten tragen die beteiligten Eltern je hälftig. Ihre durch die Beschwerde verursachten Aufwendungen tragen die Beteiligten selbst.

Der Verfahrenswert für den zweiten Rechtszug wird auf 4.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit der Beschwerde wendet sich die Kindesmutter gegen eine Entscheidung des Familiengerichts vom ...2021, mit der der Umgang des Kindesvaters mit der gemeinsamen fast dreijährigen Tochter X geregelt wird.

Das im Haushalt der allein sorgeberechtigten Kindesmutter in Z lebende Kind ist aus der nichtehelichen Beziehung der Beschwerdeführerin mit dem Kindesvater hervorgegangen. X hat ältere Geschwister aus anderen Beziehungen der Mutter, die ihren Lebensmittelpunkt ebenfalls bei dieser haben. Die Kindeseltern haben sich im Januar 2020 voneinander getrennt. Trotz des vom Vater geäußerten Wunschs nach Umgang mit seiner Tochter ist dieser auch nach Einschaltung des Jugendamts bislang aus unterschiedlichen, von den Eltern zu verantwortenden Gründen nicht zustande gekommen. Im August 2020 leitete der Kindesvater daher das vorliegende Verfahren mit der Anregung einer gerichtlichen Umgangsregelung ein.

Nach Bestellung einer Verfahrensbeiständin und mehrfacher persönlicher Anhörung der Beteiligten regelte das Familiengericht den Umgang schließlich mit der angefochtenen Entscheidung vom 16.11.2021, mit der dem Vat...

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